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Werbevoodoo

Titel: Werbevoodoo
Autoren: Ono Mothwurf
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er ihn nun für besonders gefährdet hielt, obwohl er gar nicht genau sagen konnte, aus welcher Richtung er die Gefahr vermutete.
    Für einen Beratungsgeschäftsführer war Doktor Haslsteiner recht einsilbig, fand Wondrak. Berater, das waren doch diese Kundenflüsterer, deren Mundwerk man separat erschlagen musste, hatte ihm Timo erklärt. Haslsteiner hatte offensichtlich Angst. Wondrak wollte ihn nicht noch weiter beunruhigen und wechselte erst mal das Thema von Voodoo zu TOPLITZ BRAIN TRUST. Doch Haslsteiner beruhigte sich nicht. Im Gegenteil. Sein Blick ging zwischen Sophie und Wondrak hin und her. Und dann sagte er rundheraus: »Ich war ja heute dort, in Hannover, aber das wissen Sie vermutlich bereits.«
    »Bei TBT«, präzisierte Wondrak.
    Haslsteiner nickte.
    Und Wondrak dachte Folgendes: Hat nicht Schneidervater gesagt, dass Haslsteiner in Hannover bei der TUI war? Also hat er gelogen und Haslsteiner die Wahrheit gesagt, wahrscheinlich, weil er vermutete, dass der Personenschutz ihn in Hannover auch schon beobachtet hatte und eine Lüge sofort aufgeflogen wäre. Wenn Haslsteiner gewusst hätte, dass seine Beschützer ihn erst geortet hatten, als er in der Maschine saß, hätte er vielleicht anders geantwortet.
    So aber erzählte er das, was Wondrak bereits wusste. Das, was in jeder Pressemeldung über TOPLITZ BRAIN TRUST steht. Haslsteiner hielt die Beschreibung seines Besuchs bei TBT so allgemein wie nur möglich. Auf Wondraks Frage, welchen Gegenwert denn die Agentur für die horrenden monatlichen Kosten erhalte, antwortete er großzügig, Forschung lasse sich nun mal nicht immer mit einer Kosten-Nutzen-Rechnung betrachten. Da müsse man auch mal in Vorleistung treten, um Neuland zu erobern.
    »Haben Sie so eine Elektroden-Badekappe da, die würde ich gern mal anprobieren«, unterbrach Sophie unvermittelt Haslsteiners Vortrag.
    »Sie meinen die EEG-Kappe? Unsere Agentur beteiligt sich an einer Studie zur Messung der Hirnströme bei Kreativen. Mit der Elektroenzephalografie-Kappe zeichnen wir Aktivität und Funktionsfähigkeit auf. Natürlich auf vollkommen freiwilliger Basis.«
    »Natürlich«, sagte Sophie. »Haben Sie eine Kappe da?«
    Haslsteiner hatte sich offenbar zur Kooperation entschieden, sagte: »Kleinen Moment«, und ging nach hinten in sein Arbeitszimmer.
    Haslsteiners Handy klingelte. Wondrak warf einen Blick drauf. ›Miriam‹, verriet das Display. Wondrak drückte auf die Taste. »Hallo, Miriam, wie geht es Ihnen?«
    Miriam erkannte Wondrak nicht. Obwohl sie mit ihm so manches Schwätzchen über die Espressozubereitung im Allgemeinen und die Fähigkeiten von Andreas Hofer im Besonderen gehalten hatte, merkte die Rezeptionistin von SCP nicht, dass sie statt Haslsteiner den Kommissar an der Leitung hatte. Die Stimme war ihr vertraut und das genügte ihr offenbar, um Wondrak für Haslsteiner zu halten. Seinen österreichischen Singsang hatte Wondrak so weit es ging unter Kontrolle gebracht.
    »Wie soll es mir schon gehen. Was glaubst du, wie man sich fühlt, wenn unter dir einer verreckt. Hast du den Koffer mitgebracht?«
    »Welchen Koffer?«, antwortete Wondrak wahrheitsgetreu.
    »Ich hab’ keine Lust auf diese Spielchen, ich will den Koffer und dann nur noch weg.«
    Doktor Haslsteiner kam mit einer verkabelten Gummikappe ins Zimmer. »Was machen Sie da? Geben Sie sofort …«
    Wondrak überreichte ihm den Hörer mit den Worten: »Miriam möchte gern den Koffer, den Sie aus Hannover mitgebracht haben.«
    Haslsteiner gelang es nicht, seine Gesichtsfarbe unter Kontrolle zu bringen. Sie war weg. Er blaffte in den Hörer: »Ich ruf dich zurück!«, und legte auf.
    »Das war aber nicht sehr freundlich von Ihnen«, beklagte Sophie. »Die junge Frau ist im Krankenstand, hat einen Todesfall zu verkraften und ihr Chef würgt sie ab.«
    Wondrak bestätigte: »Sie klang wirklich sehr verzweifelt. Stellen Sie sich vor, sie tut sich jetzt etwas an. Das könnten Sie sich bestimmt nie verzeihen!« Er konnte nicht anders, als etwas Ironie in seine Stimme zu legen. »Also beruhigen Sie sie bitte!«, befahl er ihm.
    Haslsteiner stand da und dachte angestrengt nach.
    »Jetzt«, drängte Wondrak. »Sagen Sie, dass Sie ihr den Koffer in einer Stunde bringen.«
    Und nun begriff Wondrak, warum man Doktor Haslsteiner den kleinen Chef nannte. Denn er tat, was man ihm befahl und rief Miriam an.
    »So, dann holen wir also den Koffer.« Sophie und Wondrak begleiteten ihn aus dem großen Wohnraum an der Küche vorbei
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