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Wer zuletzt lacht, küsst am besten: Roman (German Edition)

Wer zuletzt lacht, küsst am besten: Roman (German Edition)

Titel: Wer zuletzt lacht, küsst am besten: Roman (German Edition)
Autoren: Rachel Gibson
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gewesen und auch kein Versuch, sich selbst zu finden. Sondern ein verzweifelter Schrei nach Aufmerksamkeit von dem einzigen Menschen auf der Welt, der ihr zwar Abend für Abend am Esstisch gegenübersaß, sie aber trotzdem nie zu bemerken schien.
    Die schreckliche Frisur hatte nichts bewirkt, genauso wenig wie die zweifelhaften Freunde, die sie reihenweise anschleppte. Die meiste Zeit über hatte ihr Vater sie schlicht und ergreifend ignoriert.
    Es war jetzt fünfzehn Jahre her, seit sie ihre Siebensachen ins Auto gepackt und ihre Heimatstadt Lovett weit hinter sich gelassen hatte. Sie war zurückgekommen, sooft sie konnte. Gelegentlich an Weihnachten. Ein paar Mal zu Thanksgiving und einmal zur Beerdigung ihrer Tante Ginger. Das war nun fünf Jahre her.
    Sie drückte wieder auf den Knopf, und das Fenster glitt ganz nach unten. Schuldgefühle lasteten schwer auf ihr, und der Wind peitschte ihre Haare, während sie sich an die letzte Begegnung mit ihrem Vater erinnerte. Das war etwa vor drei Jahren gewesen, als sie noch in Denver gewohnt hatte. Damals hatte er sie anlässlich der National-Western-Viehschau besucht.
    Erneut betätigte sie den Knopf, und das Fenster glitt wieder nach oben. So lange kam ihr das gar nicht vor, aber das musste daran liegen, dass sie schon kurz nach seinem Besuch nach Phoenix gezogen war.
    Auf Außenstehende mochte sie sehr unstet wirken. In den letzten fünfzehn Jahren hatte sie in sieben verschiedenen Städten gelebt. Ihr Vater behauptete immer, sie bliebe nie lange am selben Ort, weil sie versuchte, auf harter Erde Wurzeln zu schlagen. Er wusste eben nicht, dass sie gar nicht versuchte, irgendwo Wurzeln zu schlagen. Es gefiel ihr ausnehmend gut, keine zu haben. Sie genoss die Freiheit, jederzeit ihre Sachen packen zu können und weiterzuziehen, und ihr gegenwärtiger Job ermöglichte ihr das. Nachdem sie jahrelang an ihrer Hochschulbildung gebastelt hatte, dafür von einer Uni zur anderen gezogen war, jedoch nie einen Abschluss gemacht hatte, war sie rein zufällig ins Immobiliengeschäft gerutscht. Inzwischen besaß sie die Zulassung für drei Staaten und liebte jede Minute, in der sie Wohnhäuser verkaufte. Nun ja, vielleicht nicht ganz. Sich mit Kreditvergabeinstituten herumzuärgern, trieb sie manchmal in den Wahnsinn.
    Die Schilder am Straßenrand zählten die verbleibenden Meilen bis Lovett herunter, und sie drückte erneut auf den Fensterknopf. Irgendetwas daran, wieder zu Hause zu sein, machte sie ruhelos und kribbelig und löste in ihr den Wunsch aus, wieder wegzufahren, bevor sie überhaupt angekommen war. Aber das lag nicht an ihrem Vater. Mit ihrem schlechten Verhältnis zu ihm hatte sie sich schon vor Jahren abgefunden. Er würde nie den Daddy abgeben, den sie brauchte, und sie nie den Sohn, den er sich immer gewünscht hatte.
    Es lag auch nicht unbedingt an der Kleinstadt selbst, dass sie kribbelig wurde, doch das letzte Mal, als sie nach Hause gekommen war, hatte sie sich schon wenige Minuten nach ihrer Ankunft in Lovett wie eine Versagerin gefühlt. Sie hatte beim Gas and Go gehalten, um zu tanken und sich eine Cola light zu kaufen. Die Besitzerin hinter dem Ladentisch, Mrs Luraleen Jinks, hatte nur einen Blick auf ihren nackten Ringfinger geworfen und nach Luft gerungen, was man für Entsetzen hätte halten können, wenn man nicht wusste, dass Luraleens Keuchen auf ihre fünfzigjährige Raucherkarriere mit einer Schachtel Zigaretten pro Tag zurückzuführen war.
    »Bist du nicht verheiratet, Liebes?«
    Sie hatte gelächelt. »Noch nicht, Mrs Jinks.«
    Das Gas and Go gehörte Luraleen schon, solange Sadie denken konnte. Billiger Fusel und Nikotin hatten ihre runzelige Haut gegerbt wie einen alten Ledermantel. »Du findest schon noch jemanden. Du hast ja noch Zeit.«
    Was im Grunde hieß, dass sie sich lieber sputen sollte. »Ich bin achtundzwanzig.« Mit achtundzwanzig war man immer noch jung. Sie würde ihr Leben schon noch auf die Reihe kriegen.
    Luraleen hatte über den Tresen gegriffen und Sadies ringlose Hand getätschelt. »Ach, du Arme.«
    In letzter Zeit hatte sie alles besser im Griff gehabt. Sie war gelassener gewesen, bis sie vor ein paar Monaten einen Anruf von ihrer Tante Bess mütterlicherseits erhalten hatte, die sie darüber informierte, dass sie an der Hochzeit ihrer jungen Cousine Tally Lynn teilnehmen sollte. Das war so kurzfristig gewesen, dass sich ihr die Frage geradezu aufgedrängt hatte, ob jemand anders abgesprungen war und sie als kurzfristiger
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