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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht
Autoren: Rebecca Ryman
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sie einmal, manchmal zweimal in der Woche und an den Wochenenden noch öfter eingeladen gewesen. »Außerdem brauche ich kein neues Kleid. Ich habe mehr, als ich tragen kann. Danke.«
    »Estelle hat schon zwei grüne. Olivia, ich finde, du solltest das Georgettekleid haben«, sagte Lady Bridget entschieden. Sie war entschlossen, keinen Unterschied zwischen den Mädchen zu machen. »Weißt du, grün steht dir gut.«
    »Oh, Estelle steht grün besser«, erwiderte Olivia augenzwinkernd, »wie der schneidige Hauptmann Sturges zweifellos bereits festgestellt hat.«
    Estelle warf spielerisch mit der Serviette nach ihrer Cousine. »Wen interessiert das schon? Aber der arme Freddie Birkhurst verdreht wie ein Mondkalb die Augen nach dir. Hab ich recht, Mama?«
    »Wenn Olivia Mr.Birkhursts Interesse geweckt hat«, sagte ihre Mutter zufrieden lächelnd, »finde ich nichts Falsches daran. Deine Cousine ist eine sehr gut aussehende, sehr akzeptable junge Dame aus sehr guter Familie …«, beinahe hätte sie ›mütterlicherseits‹ gesagt, überlegte es sich aber anders. »Ich hätte es dir schon früher sagen sollen, Olivia, aber ich habe es vergessen – Freddie Birkhurst hat geschrieben und gefragt, ob er dich nächste Woche zu den Pennyworthys begleiten darf. Natürlich habe ich sein Angebot dankend angenommen. Es ist dir doch recht?«
    Olivia konnte es nur mit großer Mühe unterlassen, ihre Tante davon in Kenntnis zu setzen, daß es ihr keineswegs recht war! Freddies unübersehbare Vernarrtheit in sie war ihr peinlich und ärgerte sie ebenso wie die Annahme seiner blödsinnigen Einladung durch ihre Tante. »Muß ich überhaupt gehen?« fragte Olivia unverblümt und umging damit das eigentliche Thema.
    »Ich dachte, junge Mädchen lieben Gesellschaften!« Innerlich schlug Lady Bridget die Hände über dem Kopf zusammen. Was war mit Olivia nur los? Hatte ihr unvernünftiger irischer Vater dem Kind überhaupt kein Gefühl für das gesellschaftliche Leben mitgegeben? »Man kann doch den armen Mr.Birkhurst jetzt nicht enttäuschen – oder?«
    »Olivia möchte gerade wegen Freddie nicht gehen«, erklärte Estelle ungefragt. »Sie sagt, er starrt sie dauernd an, und seine Augen erinnern sie an eingemachte Stachelbeeren.« Sie kicherte und lutschte geräuschvoll an einem Hühnerschenkel. »Du mußt zugeben, Mama, das stimmt.«
    Olivia murmelte leise einen streng verbotenen Fluch, und ihre Tante sagte aufgebracht: »Wenn Olivia Mr.Birkhursts freundliche und überaus höfliche Gefälligkeiten nicht passen, steht es ihr frei, mir das selbst zu sagen.« Sie wartete, aber von ihrer verschüchterten Nichte kam keine Reaktion. »Siehst du? Olivia hat keine solchen Vorbehalte. Und ich finde es ungezogen von dir, Estelle, grundlos über die tapferen jungen Männer zu spotten, die so opferbereit die Vorposten unseres Reiches sichern!«
    Diese Rüge galt ihnen beiden, aber als Olivia den Blick ihrer Cousine auffing, hätte sie beinahe ebenfalls angefangen zu kichern. Jeder in Kalkutta wußte, Freddie Birkhurst besaß nur in einer Hinsicht ›Opferbereitschaft‹, und zwar in seiner Neigung zu Wein, Weib und Gesang. Das Reich, so fand Freddie, kam sehr gut ohne ihn als Vorposten aus – oder, wie manch anderer dachte, sogar sehr viel besser.
    »Ach, Mama, hör auf, dir Sorgen zu machen! Du mußt keine gute Partie für Olivia finden«, sagte Estelle ungefragt. »Sie wird sich mühelos selbst einen Ehemann angeln. Freddie ist nicht der einzige in der Stadt, der bereit, willens und in der Lage wäre, sie zu erobern. Das sind sie alle.«
    Olivia hüllte sich wütend in schockiertes Schweigen, und auch ihre Tante fand nicht sofort die Sprache wieder. Olivia juckte es in den Händen (die sie entschlossen unter dem Tisch hielt), ihrer Cousine eine runterzuhauen. »Ich werde mich sehr freuen, Mr.Birkhursts Angebot anzunehmen«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen, und irgendwie gelang ihr ein Lächeln. »Es ist sehr nett von ihm.« Sie durchbohrte ihre Cousine mit einem Blick, stand mit einer Entschuldigung vom Tisch auf und floh zur rückwärtigen Veranda.
    Endlich brach das Gewitter los.
    Die Stille des Abends wich einem Toben von Donnern, Blitzen und peitschenden Windböen. Sie fegten über die Baumwipfel hinweg, die wie Derwische zu Rhythmen tanzten, die eine geheimnisvolle Musik diktierte. Zuckende weiße Lichtpfeile zerrissen den Himmel und verwandelten die Nacht in einen gespenstisch grünen Tag. Hinter den plötzlich um sich
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