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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht
Autoren: Rebecca Ryman
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er sich befand. Ransome dagegen war ruhig, ausgleichend, untersetzt, anspruchslos und damit zufrieden, im Hintergrund zu bleiben. Sir Joshua hatte gelegentlich etwas Großspuriges an sich und ließ eine gewisse Skrupellosigkeit erkennen. Ransome dagegen war die verkörperte Vorsicht – vielleicht weil er als Buchhalter Genauigkeit und Richtigkeit schätzte.
    »Wir können nicht die Hände in den Schoß legen und zulassen, daß man uns auf unserem eigenen Feld schlägt. Diese Herausforderung muß angenommen werden!« Sir Joshua erhob sich und stand in voller Größe vor seinem sitzenden Partner.
    »Andere werden sie annehmen!« gab Ransome zu bedenken.
    »Vielleicht. Aber was andere tun, interessiert mich einen Dreck. Da sind große Gewinne zu machen, größere als in London möglich wären. Ich finde, wir müssen jetzt versuchen, unseren Anteil an dem Geschäft zu sichern. Stimmt das nicht, Olivia?« Er drehte sich plötzlich um und durchbohrte sie mit seinem Blick.
    »Stimmt was nicht?« Sie sammelte rasch ihre Gedanken.
    »Würdest du nicht sagen, daß unsere Aussichten gut sind, auf euren amerikanischen Märkten Anteile zu erobern, nachdem die furchtbaren ›Tea Parties‹ ein dreiviertel Jahrhundert zurückliegen?«
    Olivia dachte nach. Die Gewohnheit des Onkels, sie bei Dingen, von denen sie wenig wußte, nach ihrer Ansicht zu fragen, gefiel ihr, denn zu Hause hatte ihr Vater sie schon als gleichwertig betrachtet, als sie noch sehr viel jünger war. Diesmal wußte sie, wovon ihr Onkel sprach – von der Verordnung, die jedes aus England nach Amerika exportierte Pfund Tee mit drei Pennys Zoll belegt hatte. Es hatte erbitterten Widerstand gegen den Zoll gegeben, und die ersten Ladungen, die 1773 in Boston, Greenwich, Charleston, Philadelphia, New York, Annapolis und Edenton eintrafen, waren ohne weitere Umstände ins Meer geworden worden. Diese Vorfälle wurden unter dem scherzhaften Namen ›Tea Parties‹ bekannt. Die Empörung über diese Steuern war der Auftakt zum amerikanischen Unabhängigkeitskrieg gewesen und hatte den Amerikanern verständlicherweise den Geschmack am Tee weitgehend verdorben.
    Olivia rief sich diese Vorfälle ins Gedächtnis, ehe sie Sir Joshuas Frage beantwortete. »Nun, ich weiß, daß manche Leute zu Hause immer noch nichts kaufen, was aus England kommt. Außerdem trinken beinahe alle, die wir kennen, Kaaf …« Sie erinnerte sich an den erhobenen Zeigefinger ihrer Tante, die diese ›schlechte‹ amerikanische Aussprache getadelt hatte, und berichtigte hastig den langen Vokal. »Kaffee. Die geringe Nachfrage, die nach Tee besteht, wird doch sicher durch amerikanische Importeure gedeckt, die auch die chinesische Küste anlaufen.«
    »Siehst du, Arthur?« Sir Joshua schlug sich auf die Schenkel und wirkte sehr zufrieden. »Olivia hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Weil Nachfrage besteht, machen Astor, Griswold, Howland und der ganze Haufen ein Vermögen. Ich würde weiß Gott liebend gerne einen neuen Vorstoß in Boston unternehmen!«
    Ransome zog unbeeindruckt weiter an seiner Pfeife. »Nicht jetzt, Josh. Vielleicht später. Wir verdienen in Mincing Lane und am heimischen Markt sehr gut. Warum sollen wir nach dem Mond greifen, wenn wir es nicht nötig haben?«
    »Weil er nur noch eine schmale Sichel sein wird, wenn wir es nötig haben!« Sir Joshua war gereizt und hatte Mühe, sich zu beherrschen. »Hör zu, Arthur, die Amerikaner sind uns im Augenblick überlegen – und weißt du warum? Nicht weil sie besser sind, nein, ganz und gar nicht, sondern weil sie schneller sind.«
    »Richtig. Aber wir können uns zur Zeit keinen dieser Baltimore-Klipper leisten. Wir müsen uns mit dem begnügen, was wir haben – mit unseren häßlichen kleinen Teepötten –, und das Beste daraus machen. Und das ist nicht schlecht.«
    »Gut, alter Junge! Aber wenn wir die Teepötte modernisieren, können sie es leicht mit den Klippern aufnehmen.«
    Ransomes rundes, pausbäckiges Gesicht nahm einen vorsichtigen Ausdruck an. »Wie das?«
    »Indem wir Dampfmaschinen einbauen.«
    Ransome lachte. »Dampfmaschinen! Mein lieber Freund, das sind Pfeifenträume, goldene Berge. Es wird Jahre dauern, ehe maschinengetriebene Schiffe allgemein im Einsatz sind und privaten Kaufleuten zur Verfügung stehen.«
    »Da irrst du dich, Arthur.« Sir Joshua hatte die Arme auf dem Rükken verschränkt und trat vor die Glasvitrine, in der die Erinnerungsstücke an die Zeit lagen, als er noch selbst zur See gefahren
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