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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht
Autoren: Rebecca Ryman
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für waghalsige Abenteuer in einer anderen Hemisphäre weder gerüstet, noch sind wir darauf vorbereitet. Und diese Herausforderung …«, er ließ die Schultern sinken. »Vor zehn Jahren, als wir jünger, gesünder und auch noch leichtsinniger waren, ja, da hätte ich mich auf das Spiel eingelassen. Aber heute nicht. Vergessen wir die Kohle in Kirtinagar, Josh. Wir wissen beide, daß wir sie niemals bekommen werden.«
    Sir Joshua, der ohnehin leicht zu Temperamentsausbrüchen neigte, gab sich größte Mühe, nicht zu explodieren. »Wir können sie bekommen, Arthur, wir müssen sie bekommen! Wenn wir unsere Karten richtig ausspielen, können wir an ihm vorbei!« Er ging mit großen Schritten zu seinem Schreibtisch und schlug mit der Faust auf die Platte.
    »An Kala Kanta vorbei?« wiederholte Ransome. »In Kirtinagar?« Mein lieber Josh, bist du von allen guten Geistern verlassen? Es wäre Selbstmord, das auch nur zu versuchen!« Er hielt die Hand hoch und zählte an den Fingern ab: »Ein Lagerhaus durch einen mysteriösen Brand verloren. Unbekannte Seeräuber entern auf hoher See die Sea Siren und rauben wertvolles Frachtgut – keineswegs der erste Fall von Freibeuterei bei unseren Opiumsendungen. Mincing Lane erhält von unserer Niederlassung in Kanton immer wieder verdorbenen Tee. Und dabei verschickt Marshall besten Suchong und Peko, mysteriöserweise kommen jedoch Schlehen- und Eschenblätter an, die mit Molasse und Quitte gefärbt sind. Von unserem guten Ruf, den wir verlieren, einmal abgesehen, könnten wir nach den neuen Gesetzen schwer bestraft werden – sogar mit Gefängnis. Plötzlich erinnert sich niemand mehr an unsere wunderbare erste und zweite Pflückung der besten Tees der Welt – an die Tees, für die wir berühmt waren. Inzwischen fängt sogar unsere Versicherung an, verdammt peinliche Fragen zu stellen.« Für einen wortkargen Mann wie Ransome war das eine lange Rede. Er lehnte sich in den Sessel zurück und wischte mit dem Taschentuch den Schweiß von der Stirn.
    »Aber ich muß dich nicht an all diese unerquicklichen Vorfälle erinnern, Josh. Sie stehen klar und deutlich in unseren Geschäftsbüchern.«
    Sir Joshua blickte aus dem Fenster und nickte geistesabwesend, als habe er nichts gehört. »Wir müssen die Besten bleiben, Arthur«, sagte er leise, »die Besten. Wir haben unser Leben lang danach gestrebt, das zu sein. Wenn wir nur in zweiter Reihe stehen, dann kann es nie hinter ihm sein …, niemals hinter ihm. Und ansonsten, Kala Kanta ist nicht unbesiegbar. Er kann und er wird geschlagen werden!«
    »Aber ja, Josh, er ist nicht unbesiegbar«, sagte Ransome mit einem müden Seufzer, »er ist nur verrückt. Und er ist ein Hitzkopf, aber das macht ihn doppelt gefährlich. Gott weiß, wir haben zu unserer Zeit mit schmutzigen Tricks gekämpft. Auch unsere Hände sind nicht ganz sauber – aber ich habe heute weder die Kraft noch die Lust zurückzuschlagen. Wir können uns gegen diesen tollwütigen Hund nur verteidigen, indem wir ihm nicht in die Quere kommen.«
    »Und was haben wir bisher damit erreicht?« fragte Sir Joshua lauernd und mit verächtlichem Blick. »Sollen sich die Vorfälle wiederholen, die du gerade aufgezählt hast?«
    »Ich habe keine Lust, noch mehr Schwierigkeiten heraufzubeschwören.« Ransome schob hartnäckig den Unterkiefer vor. »Meinetwegen soll der Schweinehund das Schlimmste tun! Und wir müssen zugeben, es hätte schlimmer sein können, als es bisher war. Wenn man ihm lange genug freien Lauf läßt, tut er uns vielleicht eines Tages den Gefallen und bringt sich selbst an den Galgen. Aber im Augenblick laß die Finger davon, Josh. Laß die Finger davon, das rate ich dir als Freund.«
    Sir Joshua unterließ die hitzige Erwiderung, die ihm sichtlich auf der Zunge lag. Statt dessen starrte er finster auf einen Nachtfalter, der gegen einen der maronenfarbigen Vorhänge aus Shantungseide flatterte, als wollte er ihn zerquetschen. Der Nachtfalter ahnte nicht, daß er mit seinem Leben spielte. Er fand einen Spalt und flog in den Garten hinaus. Olivia saß in einem Ohrensessel, der sie zum großen Teil vor den Männern verbarg, und rührte sich nicht. Die Stille schien so vollkommen und doch so aufgewühlt, daß sie sich schließlich nicht länger zurückhalten konnte. Sie rutschte zum Sesselrand und fragte erregt: »Wer ist dieser … dieser Kala Kanta, von dem ihr gesprochen habt?«
    Beide Männer fuhren zusammen. Offenbar hatten sie Olivias Anwesenheit völlig
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