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Wer hustet da im Weihnachtsbaum? (German Edition)

Wer hustet da im Weihnachtsbaum? (German Edition)

Titel: Wer hustet da im Weihnachtsbaum? (German Edition)
Autoren: Sabine Ludwig
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bloß Luzie, die hilft mir beim Gießen, ja, und Husten hat sie auch. Ich hab sie nämlich angesteckt. Auf Wiedersehen, Herr Dobelmann!»
    Ich schlug ihm ziemlich unfreundlich die Tür vor der Nase zu. In was hatte ich mich da bloß reingeritten? Das Blöde am Lügen ist nämlich, wenn man einmal damit angefangen hat, kann man nicht wieder aufhören.
    Ich musste versuchen, meiner Mutter Bübchen so schnell wie möglich schmackhaft zu machen – auch ohne Schinkenmantel.

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    4. Kapitel
    Leise rieseln die Nadeln
    I n den nächsten Tagen versuchte ich ständig, einen günstigen Zeitpunkt zu erwischen, um zu Bubi zu gehen; wenn Mama unter der Dusche stand und Papa vor dem Computer saß zum Beispiel, aber es gelang mir nicht immer.
    Als ich an diesem Morgen aus der Wohnung von Frau Moll kam, packten Mama und Luzie in der Küche gerade die Einkäufe aus.
    «Sag mal, Hannes, wie oft gehst du da eigentlich rüber?», fragte Mama. «Man darf im Winter die Pflanzen nicht so oft gießen, die verschimmeln sonst.»
    «Frau Moll hat gemeint, ich soll sie nicht nur gießen, sondern auch mit ihnen sprechen», behauptete ich.
    «Hat sie etwa schon wieder angerufen?»
    Ich nickte und spürte, wie ich rot wurde.
    «Hab ich nicht immer gesagt, die hat einen Knall?», rief Papa aus dem Wohnzimmer.
    «Es ist aber wissenschaftlich erwiesen, dass Pflanzen besser wachsen, wenn man mit ihnen spricht.» Das war zur Abwechslung mal keine Lüge, das hatte ich irgendwo gelesen.
    «Dann sprech ich jetzt mit dem Weihnachtsbaum, der verliert nämlich schon seine Blätter!», sagte Luzie.
    «Das heißt Nadeln, du Dummi», sagte ich.
    Mama stürzte ins Wohnzimmer und tippte an die Zweige. Es rieselte.

    «Das ist doch nie im Leben eine Nordmanntanne!» Sie sah Papa, der auf dem Sofa Zeitung las, vorwurfsvoll an. «Martin! Was hast du dir da bloß wieder andrehen lassen?»
    Papa ließ die Zeitung sinken. «Ich? Du hast doch gesagt, sie darf nicht mehr als 30 Euro kosten. Dafür kriegt man nichts Besseres.»
    «Mama, darf ich das Eis aufessen?», rief Luzie aus der Küche. «Das schmilzt schon.»
    «Herrje, die Einkäufe!» Mama lief zurück in die Küche, und ich ließ mich neben Papa aufs Sofa fallen.
    «Nächstes Jahr kaufen wir den Baum nicht erst einen Tag vor Heiligabend», sagte er. «Das verspreche ich dir.»
    «Was? Ach so, der Baum ist doch nicht so wichtig.»
    Papa sah mich prüfend an. «Warum siehst du dann so traurig aus?»
    Weil ich drüben meinen Wellensittich versteckt habe und nicht weiß, wie ich ihn Mama unterjubeln soll , hätte ich am liebsten gesagt. Aber ich traute mich nicht. Auch wenn meine Eltern oft stritten, wenn es um was Ernstes ging, war mein Vater immer auf der Seite meiner Mutter. So auch jetzt.
    «Es ist wegen Tom», fing ich an. «Du weißt schon, Tom aus meiner Klasse. Sein Opa ist im Altersheim und konnte seinen Wellensittich nicht mitnehmen, aber Tom kann ihn auch nicht behalten, weil seine Mutter Angst vor Vögeln hat.»
    «Eine Vogelphobie», sagte Papa und nickte. «Gibt’s öfter, als man denkt.»
    «Na, und jetzt soll Bubi eingeschläfert werden und …»
    «Wellensittiche werden doch nicht eingeschläfert», sagte Papa und kratzte sich am Kinn. «Die werden mit Gas getötet. Wenn dich das interessiert, kann ich ja mal im Internet –»
    «Nein!», rief ich. «Das interessiert mich nicht, mich interessiert, ob wir den Vogel nicht nehmen können.»
    Jetzt war’s raus.
    Papa schüttelte den Kopf. «Auf keinen Fall, Hannes, du weißt doch, wie deine Mutter darüber denkt. Da muss deinem Freund Tom schon was anderes einfallen.»
    Dann versteckte er sich wieder hinter seiner Zeitung.
    Luzie lief mit eisverschmiertem Gesicht um den Baum herum und sang laut und falsch: «O Tannenbaum, o Tannenbaum, wie braun sind deine Blätter …»
    Mama rückte mit dem Staubsauger an.
    «Nicht die Nadeln wegsaugen, Mama!», rief Luzie. «Die brauche ich als Heu für mein Barbiepferd.»
    Mama stemmte die Arme in die Seite. Das tut sie immer, wenn sie einen Entschluss gefasst hat. «Der Baum muss raus, und zwar sofort! Nachher brennt uns noch die ganze Bude ab.»
    «Und was ist mit Tante Traudl?», fragte Papa. «Hattest du der nicht versprochen, dass der Baum stehen bleibt, bis sie uns besuchen kommt?»
    «Genau!», musste nun auch Luzie ihren Senf dazugeben. «Ich hab gehört, wie du am Telefon zu ihr gesagt hast: ‹Wenn du wieder gesund bist, feiern wir mit Gans und Baum wie jedes Jahr,
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