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Wer hustet da im Weihnachtsbaum? (German Edition)

Wer hustet da im Weihnachtsbaum? (German Edition)

Titel: Wer hustet da im Weihnachtsbaum? (German Edition)
Autoren: Sabine Ludwig
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endlich zu deiner Biedermeierkommode, und wir müssten nicht jedes Jahr diesen Zauber hier veranstalten.»
    «Martin!», rief Mama mit einem Blick auf uns. «Was redest du denn da? Gib mir mal lieber die Backpflaumen. Hast du die etwa noch nicht eingeweicht?»
    Papa schlug sich an die Stirn. «Das hab ich total vergessen. Dann nehmen wir Äpfel für die Füllung, ist doch egal.»
    «Das ist eben nicht egal! Du weißt doch, dass Tante Traudl die Gans am liebsten so mag wie früher bei ihr daheim. Mit einer Füllung aus Speck und Backpflaumen und zum Schluss mit Bier bepinselt.»
    «Schade um das schöne Bier», sagte Papa und seufzte.
    «Schade um die Gans», sagte ich. «Die hätte bestimmt lieber gelebt, als jetzt hier tot auf unserem Tisch zu liegen.»
    Luzie fingerte immer noch an der Gans herum. Sie hob sie hoch und zeigte auf das Hinterteil. «Was hat die für ein Ding am Po?»
    «Das ist der Bürzel», sagte Papa. «Den hat jeder Vogel. Da ist eine Drüse drin, die sogenannte Bürzeldrüse, damit produziert der Vogel ein Sekret, mit dem er …»
    Mama hielt sich die Hand vor den Mund. «Sekret! Ich glaub, mir wird schlecht.»
    Aber Papa war nicht zu stoppen. Das ist er nie, wenn es um Sachen geht, die außer ihm niemand wissen will.
    «Mit diesem Sekret bestreicht der Vogel sein Gefieder, und durch das Fett darin wird es wasserabweisend.»
    Ich überlegte, ob Bubi auch so einen Bürzel hatte.
    «Aber schmecken tut er nicht besonders», redete Papa weiter, nahm ein Messer und schnitt den Zipfel einfach ab.
    «Kann man jeden Vogel essen?», fragte Luzie.
    «Im Prinzip schon», sagte Papa. «Die Italiener essen ja sogar Singvögel. Da ist natürlich nicht viel dran.»
    Luzie warf mir einen Blick zu, und ich wusste, was gleich kommen würde.
    «Und was ist mit Wellenvögeln? Kann man die auch essen?»
    «Wellensittiche meinst du?»
    Luzie nickte.
    «So eine bescheuerte Frage kannst auch nur du stellen!», rief ich wütend.
    «Hannes!», mischte sich Mama ein. «Es gibt keine bescheuerten Fragen.»
    «Genau, das ist sogar eine sehr interessante Frage», meinte Papa. «Wellensittiche kommen aus Australien, und ich könnte mir denken, dass die dort von den Ureinwohnern gegessen werden. Ich kann ja mal im Internet nachschauen.»
    Mir stiegen Tränen in die Augen. Ich hätte sie alle drei erwürgen können. «Ihr seid widerlich! Einfach nur widerlich.»
    «Was ist denn los mit dir, Hannes?», fragte Mama erstaunt.
    War jetzt der Zeitpunkt, um alles zu sagen? Um zu erzählen, dass ich so reagierte, weil ich mir gerade Bubi vorstellte, wie er nackt und gerupft auf dem Tisch lag? Ich machte schon den Mund auf, aber Luzie kam mir zuvor. «Hannes ist ja nur so komisch, weil er nämlich selber einen …»
    Sie konnte nicht weiterreden, weil ich ihr mit der Wasserpistole direkt ins Gesicht spritzte. Luzie schrie, Mama schimpfte, und Papa kam mit einem Computerausdruck in die Küche.
    «Ich hab sogar ein Rezept gefunden für ‹Wellensittich im Schinkenmantel›», sagte Papa vergnügt. «Soll ich euch mal vorlesen?»
    «Au ja!», schrie Luzie.
    «Nein!», rief ich.
    «Hört mal her: Pro Person rechnet man mit zwei Wellensittichen. Man rupft sie, umwickelt sie mit Schinken, brät sie von allen Seiten gut an und …»
    Er konnte glücklicherweise nicht weitersprechen, denn das Telefon klingelte.
    «Wenn das schon wieder Frau Moll ist, werde ich sie fragen, ob sie schon mal was von Feiertagsruhe gehört hat», sagte Mama und ging zum Telefon. Ich machte den Kühlschrank auf und holte etwas Petersilie aus dem Gemüsefach. Die war zwar ziemlich schlapp, aber Bubi würde sie schon schmecken.
    Mama kam zurück in die Küche, und ich stopfte schnell die Petersilie in meine Hosentasche.
    «Tante Traudl kommt nicht», verkündete Mama.
    «Wie? Kommt nicht?», fragte Papa.
    «Sie liegt mit Grippe im Bett.»
    «Na, Gott sei Dank!», sagte Papa.
    «Wie kannst du so was sagen?», rief Mama empört.
    «Ich meine doch nur … Gott sei Dank, dass wir die Gans noch nicht in den Ofen geschoben haben.»
    «Und was machen wir jetzt mit dem Vieh?», fragte ich.
    «Wir frieren sie ein, was sonst?», sagte Mama. «Wenn ich einen Gefrierbeutel finde, der groß genug ist.»
    «Nimm doch einen Müllsack», sagte Papa. Aber Mama fand das überhaupt nicht lustig.
    Luzie verzog das Gesicht und maulte: «Und was ist mit den Geschenken? Ich hab keinen Äther mehr. Ich kann doch keine Herzaustauschung ohne Äther machen.»
    «Du kannst ein
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