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Wer hat Alice umgebracht?

Wer hat Alice umgebracht?

Titel: Wer hat Alice umgebracht?
Autoren: S Hogan
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Stunden Ruhe und mit einer großen Portion Irish Stew im Bauch sah die Welt schon wesentlich erfreulicher aus. Trotzdem: Als wir um Viertel vor zehn an der Haltestelle Garscadden Road aus dem Bus stiegen, war ich schon wieder ziemlich beklommen. Von hier aus waren es nur noch wenige Hundert Meter bis zu dem Punkt, wo ich auf den Professor warten sollte: Drumchapel Road.
    Man konnte die Straße unter den Schuhsohlen spüren. Überall lagen Glassplitter herum, und niemand hatte Lust, sie zusammenzufegen. Wahrscheinlich wäre das auch sinnlos, weil wenig später der nächste Betrunkene eine Bierflasche zerbricht. Ich rümpfte die Nase, denn in dieser Gegend riecht es stets und ständig nach Whisky und Urin. Das nahm ich jedenfalls an, denn allzu oft bin ich in diesem Teil von Glasgow noch nicht gewesen. Es mag Leute geben, die Elendsviertel spannend und abenteuerlich finden. Mich machen sie nur traurig, vor allem wegen der Kinder. Ich hätte nicht zwischen Schnapsleichen und ausgebrannten Autos aufwachsen mögen.
    Cameron und ich blieben an der Ecke stehen. Schräg gegenüber befand sich ein Tabakladen, der mit Stahlgittern und Überwachungskameras gesichert war. Ansonsten gab es in der näheren Umgebung noch eine schmierige Fish-and-Chips-Bude, in der ich niemals etwas gegessen hätte. Es waren kaum Passanten auf der Straße, und auch der Autoverkehr hielt sich um kurz vor 22 Uhr in Grenzen.
    Ich fröstelte, obwohl es ein lauer Abend war. Zweifellos lag das eher an dieser tristen Umgebung als an den Temperaturen.
    „Das ist nicht gerade der schönste Teil Glasgows, Cameron. Ich frage mich, warum MacLaren mich ausgerechnet hierher bestellt hat.“
    „Wer kann schon sagen, was im Kopf eines Mörders vor sich geht?“
    „Ja, du hast recht. – Hier wird es langsam ungemütlich.“
    Ich wusste, dass Cameron nicht nur den kühlen Nachtwind meinte. Im fahlen Schein der wenigen Straßenlaternen, die noch funktionierten, näherten sich uns üble Gestalten. MacLaren gehörte nicht zu ihnen. Ich wusste ja, wie er aussah, denn ich hatte den Professor an der Uni gelegentlich von Weitem gesehen.
    Die Typen, die jetzt auf uns zukamen, waren ganz sicher keine Studenten. Sie sahen eher so aus, als ob sie die Lektionen des Lebens auf der Straße gelernt hätten. Keiner von ihnen konnte älter als siebzehn sein. Sie trugen weite stylishe Sportklamotten und teure Sneakers, die man sich gewiss nicht von der Sozialhilfe leisten kann. Als sie näher kamen, bemerkte ich, dass sie alle bis zum Hals tätowiert waren. Eigentlich finde ich Tattoos ja cool, aber nur in Maßen. Ich habe ja selber eins, nämlich ein vierblättriges Kleeblatt auf der linken Schulter. Aber diese Kerle wirkten auf mich nicht, als ob sie auf Glückssymbole abfahren würden. Eher auf Totenköpfe oder Monsterschädel. Und dann erkannte ich das unverkennbare Symbol der Bloody Priests auf dem Hals eines hochgewachsenen Rothaarigen. Meine Knie wurden weich wie Butter.
    „Das riecht nach Ärger“, sagte Cameron halblaut zu mir. „Wenn ich losrenne, läufst du in die entgegengesetzte Richtung, verstanden? Wenn wir uns trennen, haben wir größere Chancen. Es sind einfach zu viele, um gegen sie zu kämpfen. Aber wenn wir flitzen, sieht es für uns besser aus. Diese Gangtypen qualmen meistens wie die Schlote, die hängen wir ab.“
    Ich antwortete nicht, weil jetzt keine Zeit für lange Diskussionen war. Der Gedanke, mich von Cameron trennen zu müssen, gefiel mir gar nicht. Aber vermutlich hatte mein Freund recht. Dem Ärger würden wir auf keinen Fall aus dem Weg gehen können. Es mussten mindestens acht oder neun Gestalten sein, die da auf uns zusteuerten. Und es gab nun keinen Zweifel mehr daran, dass sie es auf uns abgesehen hatten.
    Ich dachte gar nicht mehr an MacLaren, nicht in diesem Augenblick. Wenn der Mörder jetzt mit seinem Auto angefahren kam und die Gangtypen bemerkte, würde er wahrscheinlich nicht anhalten. Und das war das Beste, was er tun konnte. Und die Polizei?
    Cameron hatte mir schon sein Handy gegeben, damit ich das Geständnis des Professors aufnehmen konnte. Ich hätte es auch benutzen können, um den Notruf zu wählen. Es war immer noch besser, wieder zurück ins Gefängnis zu gehen, als diesen Brutalos in die Hände zu fallen. Ich hatte schon schlimme Dinge über die Bloody Priests gehört. Wenn auch nur die Hälfte davon stimmte, konnten wir unser Testament machen.
    Inzwischen hatten uns die Kerle erreicht. Einer von ihnen trat vor, die
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