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Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche

Titel: Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche
Autoren: Dee Davis
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doch verletzt. Jemand muss sich um Sie kümmern.«
    »Ich sorge schon seit langem für mich allein. Ehrlich. Ich komme zurecht.«
    »Dann werde ich Sie wenigstens nach Hause begleiten.« Er bot mir seinen Arm, den ich dankbar nahm, da sich die Welt erneut zu drehen begonnen hatte.
    »Danke«, sagte ich und rang mir ein Lächeln ab. »Ich weiß nicht, was ich ohne Sie getan hätte.«
    »Oh, ich nehme an, Sie wären sehr gut klargekommen.«
    Ich nickte, allerdings hatte ich Mühe, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Vorsichtig wagte ich ein paar Schritte, ehe sich meine Knie ohne Vorwarnung in Wackelpudding verwandelten.
    Im nächsten Moment spürte ich seine Arme, die sich um mich legten, und öffnete den Mund, um mich zu entschuldigen, doch auch meine Zunge zeigte sich alles andere als kooperationsbereit. Stattdessen sackte ich mit meinem gesamten Körpergewicht gegen ihn und vergrub die Nase an seinem Hemd aus ägyptischer Baumwolle, während sich ein samtiger, blauschwarzer Schleier über die Welt um mich herum legte.
    Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich in der Notaufnahme, zwischen einem Schreihals im Behandlungsraum links von mir und einer Frau hinter dem Vorhang zu meiner Rechten, die allem Anschein nach seit 1966 keine Freude mehr im Leben gehabt hatte.
    Vage erinnerte ich mich an einen Krankenwagen und mehrere Ärzte und Schwestern, doch seltsamerweise war die Erinnerung an meinen fremden Wohltäter am klarsten. Der meine Hand gehalten hatte, wenn mich mein Gedächtnis nicht trog. Aber wahrscheinlich hatte ich ihm keine andere Wahl gelassen.
    Jedenfalls war ich nun offenbar allein. Nicht einmal ein Arzt war zu sehen. Meine Handtasche war verschwunden, ebenso wie mein Kleid und sein Jackett. Vorsichtig betastete ich meinen Haaransatz und erkundete den Verband über meinem rechten Auge.
    »Du musstest genäht werden.« Eingehüllt in eine Wolke Opium schwebte meine Tante herein, und ich ertappte mich bei dem Wunsch, es wäre nicht nur das Parfum, sondern die echte Substanz. »Sieben Stiche am Haaransatz und fünf unterhalb der Rippe. Du kannst von Glück sagen, dass du dir nichts gebrochen hast. Aber offenbar hast du sehr viel Blut verloren.«
    »Das würde die Ohnmacht erklären.«
    »Ja, aber sonst nicht allzu viel.« Althea setzte sich auf die Bettkante und musterte mich mit sorgenvoller Miene.
    »Woher weißt du, dass ich hier bin?«, fragte ich.
    »Ein fremder Mann hat mich angerufen.« Aus ihrem Mund hörte es sich an, als wäre dies die schlimmste Sünde der Menschheit. »Er hat dein Handy an sich genommen, und offenbar hattest du meine Nummer ganz oben abgespeichert.«
    Ein schwerer Fehler.
    »Tut mir leid. Ließ sich wohl nicht vermeiden. Ich war bewusstlos.« Ich versuchte mich an einem ärgerlichen Stirnrunzeln, brachte jedoch nur eine schmerzverzerrte Grimasse zustande. »Ist er noch hier?« Ich wollte ihn unbedingt sehen – um ihm zu danken, natürlich.
    »Nein. Er musste weg. Er meinte, du sollst dir wegen des Jacketts keine Gedanken machen – was auch immer damit gemeint sein mag.«
    »Ach, nichts. Hat er dir seinen Namen gesagt?« Mit einem Mal erschien mir die Antwort schrecklich wichtig, und ich wartete mit angehaltenem Atem.
    »Ivan, Aaron oder so was«, erwiderte Althea. »Ach, was weiß ich. Er war nicht wichtig. Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht.«
    »Oh.« Ein Gefühl der Enttäuschung durchströmte mich, das jedoch augenblicklich in Gewissensbisse umschlug. Bestimmt waren die Umstände schuld daran. Oder es handelte sich um irgendeine merkwürdige Reaktion auf ein traumatisches Erlebnis. War es das Gleiche wie damals bei Patty Hearst? Das Stockholm-Syndrom? Na gut, die Situation war wohl etwas anders, aber Sie wissen schon, was ich meine. Jedenfalls musste es eine Art Illusion sein. Ich hatte gerade Dillon verloren. Und konnte mich folglich wohl kaum für einen anderen Mann interessieren.
    Ich schüttelte den Kopf, bereute es jedoch augenblicklich. Schnell schloss ich die Augen und wartete geduldig, bis die Welt wieder zum Stillstand gekommen war.
    »Geht es dir gut?«, erkundigte sich Althea, deren verschwommenes Gesicht vor meinen Augen erschien. »Der Arzt meinte, du hättest vielleicht eine Gehirnerschütterung.«
    »Mir ist nur ein bisschen schwindlig, das ist alles.«
    »Und willst du mir erzählen, was passiert ist?« Sie nahm meine Hand.
    Natürlich nicht, aber bei der Beschaffung von Informationen konnte Althea eine erstaunliche Hartnäckigkeit an den Tag
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