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Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures

Titel: Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures
Autoren: Colette Livermore
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welchen Beitrag ich zu leisten vermochte.
    Meine Schulfreundinnen, Evelyn aus Laos und Peggy und Agnes aus Neuguinea, erzählten uns Geschichten aus ihren Heimatländern, wo die Menschen litten, weil Armut und Krieg herrschten.
    Wir saßen in Grüppchen zusammen, lauschten den Songs von Leonard Cohen und Bob Dylan und diskutierten angeregt, was wir nach der Highschool anfangen würden. Meine Wand hing voller Friedensposter. Ich las über einen Arzt, Tom Dooley, der in Vietnam mit verletzten und verwaisten Kindern gearbeitet hatte, doch als junger Mann an Krebs gestorben war. Ich bewunderte ihn und wollte eine ähnliche Arbeit leisten.
    Als wir bei Schwester Frederick Hitler und den Holocaust durchnahmen, erfuhren wir von den Gaskammern und sahen drastische Bilder von Massengräbern. Am meisten erschreckte mich die Geschichte von den Nazis, die aus menschlicher Haut Lampenschirme machten.
    »Schwester, warum erlaubt Gott den Menschen, derart grausame Dinge zu tun?«, fragte ich.
    »Gott gab uns den freien Willen, und einige Menschen entscheiden sich dafür, Böses zu tun.«
    »Aber wieso lehrt man uns, die andere Wange hinzuhalten?
Etwas derart Böses müssen wir doch bekämpfen? Und was ist mit den Kindern, die in Vietnam vom Napalm verbrannt werden, und dem Hunger in Afrika. Streikt Gott?«
    »Das Böse kam mit der Ursünde in die Welt und damit auch Gewalt und Unordnung. Wir tun, was wir können. Unser Glaube gibt uns die Hoffnung, dass am Ende alles gut werden wird; das Gute wird sich durchsetzen. Im Reich Gottes wird alles zum Rechten gewendet, das Leid wird vorübergehen, aber die Liebe wird für immer bestehen.«
    Obwohl ich viel über das Leid in der Welt nachgedacht habe, war ich bis zum letzten Jahr auf der Highschool nicht sehr religiös. Im Zeugnis wurde ich gerügt: »Colette scheint weltliche Fächer wichtiger zu finden als christliche Lehre.« Das war ein fairer Kommentar. Ich genoss die Schule und machte viel Sport. Ich war der Mittelpunkt des Netball-Teams unserer Schule, und an Wochenenden traten wir gegen die anderen Schulen an. Unsere Schule verfügte über drei Sportteams oder Häuser, und ich war Vizekapitän des Sienese oder grünen Teams. Wenn die Internatsschülerinnen an den Wochenenden ihren Ausgehtag hatten, ging ich mit ihnen in Bernie’s Café, um dort einen Becher seiner berühmten Eiscreme aus Malzmilch zu genießen. Zu Jungs hatte ich nicht viel Kontakt, und die Tatsache, dass ich eine reine Mädchenschule besuchte, isolierte mich von den anderen Teenagern in der Stadt.
    Als ich siebzehn war, musste Mama wegen eines kleinen gynäkologischen Eingriffs ins Bowral Hospital, bekam dort aber unerwartet eine heftige Blutung. Großmama und wir vier Kinder warteten darauf, dass sie aus dem Operationssaal kam, doch die Ärzte riefen mich allein in einen weißen
keimfreien Raum, um mir mitzuteilen, dass ihr Herzschlag während der Operation ausgesetzt habe und sie noch nicht außer Gefahr sei. Da Mama mich als ihre nächste Angehörige angegeben hatte, sagten sie mir, sie wüssten nicht, in welcher Verfassung sie sein werde, wenn sie aufwache, weil ihr Gehirn eine Zeit lang ohne Sauerstoff gewesen war. Weinend kam ich aus dem Zimmer.
    »Keine Sorge, sie wird schon wieder«, tröstete Großmama mich. Aber ich war wütend und lief weg, weil ich dachte, sie wolle mir falsche Hoffnungen machen.
    Als wir endlich zu ihr ins Zimmer durften, war Mamas Gesicht aschfahl und ihre Lippen trocken. Doch obwohl sie an vielen Maschinen und Schläuchen angeschlossen war, konnte sie nach Wasser verlangen.
    Sie konnte sprechen! Wir waren sehr erleichtert.
    Am nächsten Tag starb unser kleines schwarz-weißes, von Hand aufgezogenes Kälbchen an Durchfall. Tony und ich schaufelten sein Grab aus und hofften dabei die ganze Zeit, dass Mama nicht auch sterben musste. Es waren Ferien, aber ich lief durch die Schule in der Hoffnung, eine der Schwestern zu sehen, die mir nahestanden. Ich wollte mit ihnen über Mama und meine Ängste reden, dass es womöglich keinen Gott und kein Leben nach dem Tod gab. Ich dachte, Mama würde sterben und für immer von uns gehen und uns allein zurücklassen. Aber obwohl die Nonnen während der Ferien der Schülerinnen im Kloster lebten, öffnete niemand auf mein Klingeln. Meine Freundin Liz war nicht in der Stadt, und sämtliche Internatsschülerinnen waren nach Hause gefahren. Die anderen Kinder wollte ich mit meinen Ängsten nicht beunruhigen. Ich hatte
niemanden zum Reden und fühlte
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