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Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Ritter Blaubart

Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Ritter Blaubart

Titel: Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Ritter Blaubart
Autoren: Sarah Schwartz
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hineindrücken konnte, um das Geheimfach des Schlüssels zu öffnen.
    Ob es hier auch ein Geheimfach gibt? Ihre Neugier war geweckt. Sie tastete die Wand ab – blassgrüne Seidentapete – und fand eine Vertiefung. Aufgeregt drückte sie darauf. Sie musste sich mit ihrem ganzen Körpergewicht dagegen lehnen, ehe sich etwas regte. Ein Geräusch ließ sie herumfahren. Der gesamte Kleiderschrank fuhr zur Seite, als stände er auf Schienen. Hinter ihm war die tapezierte Wand zurückgeglitten.
    Dahinter zeigte sich eine dunkle Öffnung, so groß wie eine kleinere Tür. Eine Treppe führte hinunter in die Dunkelheit. Einen Lichtschalter suchte sie vergeblich.
    Amelie holte ihr Handy hervor und hielt das schwache Licht des Displays in die Dunkelheit. Stufe um Stufe kletterte sie hinab. Die Finsternis schien dichter zu werden, nach ihr zu greifen. Was würde sie in der Tiefe erwarten?
    Es wurde mit jeder Stufe hinab kälter. Amelie zitterte. Sie kam in einen kleinen Raum. Er war winzig. Sie erkannte im schwachen Licht des Displays zwei Pfosten. Ihr Zittern wurde stärker. Das konnte, das durfte nicht sein!
    Sie hob das Handy, sah in das schreckverzerrte Gesicht einer Frau. Ihr Kopf war auf dem Pfahl aufgespießt wie auf einer Lanze. Das Fleisch sah aus, als würde die Frau noch leben.
    Sie schrie. Das Handy entglitt ihr. Dunkelheit umschlang sie.
    „Oh bitte, Gott, bitte.“ Sie sank auf die Knie und tastete nach dem Handy.
    Die Köpfe zweier Frauen. Er war es! Alain war der „Blaubart“. Tränen liefen über ihre Wangen. Die Kälte war ganz in sie gedrungen. Es gelang ihr kaum, das Telefon zu fassen. Endlich hatte sie es. Sie presste es an sich und kroch die Treppe hinauf. Sie musste Hilfe holen. Bevor es zu spät war. Was würde Alain tun, wenn er wusste, dass sie sein grausiges Geheimnis kannte?
    Sie suchte die Vertiefung in der Wand und ließ den Schrank vor den Zugang zu der Eiskammer fahren. Zusätzlich hörte sie ein Geräusch in der Wand, als sie sich an ihren alten Platz schob.
    Mit zitternden Fingern wählte sie ihre Telefonnummer.
    Lara hob sofort ab. „Hallo?“
    Amelie konnte nicht sprechen. Noch immer liefen Tränen über ihre Wangen.
    „Amelie?“ Die Schwester klang beunruhigt. „Ich sehe deine Nummer im Display. Sag doch was!“
    „Lara ... Hol mich hier raus, bitte, er ... Er ist es, Lara! Er ist es ... Der Blaubart! Du musst sofort kommen! Hörst du?“
    „Mein Gott ... Du musst sofort da raus!“
    „Ich werde versuchen, zum Tor ...“
    Sie verstummte, als sie Geräusche auf dem Flur hörte. Hastig legte sie auf. War das Alain? War er schon zurückgekommen? Sie eilte zur Tür. Alles war wieder still. Eilig schlüpfte sie hinaus in Richtung Bankettsaal. Da war jemand! Sie versuchte, sich zu sammeln, sich den Schrecken nicht anmerken zu lassen. Aber das war unmöglich. Ihr war übel. Der Anblick der abgetrennten Köpfe hatte sich tief in ihre Erinnerung gebrannt. Irenas Gesicht. Und das von Marie.
    Ich muss hier raus!
    Sie stürmte die Treppe hinunter. Unten in der Eingangshalle stand Alain. Warum hatte sie keinen anderen Weg gewählt? Warum war sie nicht doch über den Bankettsaal geflohen, die Tür zum Garten hinaus? Jetzt war es zu spät. Sie umklammerte den Stoffbeutel mit dem Handy.
    Eben war Alain noch im Flur gewesen, oder war das Pierre gewesen? Sie hatte gehofft, der Weg hinaus sei frei. Ein Fehler. Alain hatte sie bereits gesehen.
    „Amelie.“ Er trat ihr lächelnd entgegen. Sie wollte nur an ihm vorbei. Rannte blind zum Ausgang.
    Er hielt sie fest. „Was ist passiert?“
    Panik überkam sie. „Lass mich! Ich muss ...“
    „Du bist ja ganz verstört.“ Sein Griff wurde fester. Schmerzhaft fest.
    Sie wimmerte. Sie wollte ihn schlagen, ihn treten. Wie hatte er das tun können? Zwei so blutjunge Frauen, die mitten im Leben standen. Er hatte sie ermordet! Er war ein Monster!
    „Lass mich los!“
    Seine Finger krallten sich in ihre Schultern. „Du warst in meinem privaten Raum. Du hast es herausgefunden“, stellte er fest, als habe er ihre Gedanken gelesen. „Hast du es deiner Schwester gesagt?“
    Sie konnte nicht antworten. Die Angst machte sie sprachlos.
    Er weiß es! Mein Gott, er weiß es! Er wird mich auch töten!
    Sie riss sich los.
    „Amelie, warte! Lass es mich erklären!“
    Sie stolperte tränenblind zur Ausgangstür. In einem Zimmer seines Hauses hingen zwei Frauenköpfe. Vermutlich war der Rest der Leichen dort auch irgendwo verborgen. Was, zur Hölle, sollte es da zu
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