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Wenn du mich brauchst

Wenn du mich brauchst

Titel: Wenn du mich brauchst
Autoren: Jana Frey
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dennoch. Und: »Wir machen uns Sorgen um sie. Immer dieses Haschischgerauche und diese Destruktivität.«
    Erst ganz zum Schluss kam sie zum eigentlichen Grund ihres hartnäckigen Anrufs.
    »Wir kommen nämlich zu Besuch, Sky«, sagte sie und es klang in meinen Ohren wie eine Drohung. Was es wahrscheinlich auch war.
    Rosie würde durchdrehen. Mir graute bei dem Gedanken, diese Hiobsbotschaft zu überbringen. Ich würde Moon zwingen, es zu tun. Moon war Rosies Darling. Vielleicht würde sie nicht völlig zusammenbrechen, wenn Moon mit ihr sprach.
    »Warum?«, fragte ich dennoch.
    »Warum nicht?«, fragte Oma Dorothea ärgerlich zurück. »Es ist Jahre her, dass wir gekommen sind.«
Das stimmte und wir waren alle froh darüber.
    »Wann wollt ihr – kommen?«, fragte ich und warf Kendra, die mit der einen Hand steuerte, mit der anderen fragende Bewegungen machte, einen entschuldigenden Blick zu. »Gleich! Ich erzähl dir gleich alles«, flüsterte ich auf Englisch.
    Kendra lächelte mir zu. »Schlimm?«, flüsterte sie besorgt.
    Ich nickte.
    »Puh«, murmelte Kendra und überholte einen Truck. Kendra fuhr immer sehr rasant.
    »Dienstag in zwei Wochen«, sagte meine Großmutter.
    Ich zuckte zusammen.
    »Schon?«
    »Und wir werden uns, bitte entschuldige das, nicht bei euch einquartieren. Himmel, dieses Zimmer, das ihr das Schimmelzimmer nennt! Nein, da bringen euren Großvater keine zehn Pferde mehr hinein. Wir haben uns stattdessen in einer netten, kleinen Pension eingemietet. Nah an der Küste. Die Bilder im Internet sind bezaubernd.«
    »Okay …«, murmelte ich matt.
    Das Schimmelzimmer, von dem meine Großmutter gesprochen hatte, war eine kleine Kammer unter dem Dach. Sie war der einzige Raum in unserem altersschwachen Haus, der nicht ständig bewohnt wurde. Dafür war sie vollgestopft mit allem, was sonst keinen vernünftigen Platz hatte.
    An der Tapete neben dem Fenster waren ein paar sprenkelige graue Schimmelflecken, die sich nicht vertreiben ließen und dem Zimmer seinen Namen gegeben hatten.
    Dann fiel mir noch etwas ein. »Wie lange – werdet ihr denn bleiben?«
    »Kurz. Nur drei Wochen, mein Mädchen«, antwortete meine Großmutter und lachte in Hamburg.
    Nur? Drei ganze Wochen? Einundzwanzig lange Tage? Rosie würde sich jeden Abend den Kopf mit Cannabis zudröhnen, um das auszuhalten, darauf konnte ich wetten!
    Was für ein Mist.
    Nachdem ich aufgelegt hatte, berichtete ich Kendra von dem Schlamassel. Sie hatte Mitleid mit uns allen und rief schließlich ihre Mutter an, um ihr mitzuteilen, dass sie heute über Nacht bei mir bleiben würde.
    »Nein, ihre Mutter findet mich nicht aufdringlich!«, hörte ich sie ärgerlich in ihr eigenes Handy sagen, mit zusammengerissener Stimme und viel Beherrschung.
    »Nein, Brenda, sie sind nicht alle pausenlos auf Drogen! Hallo? Du sprichst von der Familie meiner besten Freundin!«
    Kendra machte ein Gesicht, als müsse sie sich übergeben.
    »Ich nenne sie seit Neuestem immer Brenda . Ich habe nämlich herausgefunden, dass sie das hasst. Sie steht auf Mom oder – noch besser – Mommy! Aber den Gefallen werde ich ihr nicht mehr tun«, flüsterte sie mir zu und bedeckte, während sie mit mir sprach, das untere Teil ihres Handys mit der Hand.
    Gleich darauf fuhr sie an der Abfahrt vom Highway ab, die zu unserem Viertel führte.
    »Mach’s gut, Brenda«, sagte sie gespielt sanft, drückte den Ausschaltknopf und feuerte ihr mobiles Telefon auf die Ablage. »Der totale Aggressor, ich sage es ja immer. Senil und reaktionär!«, murmelte sie.
    »Bist du sicher, dass du bei uns übernachten willst? Es könnte schon sein, dass Rosie was geraucht hat und fertig mit den Nerven und ganz und gar idiotisch ist«, erklärte ich warnend und eine Spur bedrückt, während wir die Lombard Road entlangfuhren. Schließlich konnte es sein, dass meine Hamburger Großeltern in der Zwischenzeit auf die Idee gekommen waren, Rosie doch selbst anzurufen und von ihrem geplanten Blitzbesuch zu berichten. »Sie ist nämlich wirklich äußerst labil, leider.«
    »Das macht mir nix, Sky«, sagte Kendra tröstend und parkte vor unserem Haus.
    Ich rechnete mit dem Schlimmsten, aber als wir das Haus betraten, lief fröhliche Musik und an allen möglichen und unmöglichen Stellen standen brennende Kerzen herum.
    »Was ist denn hier los?«, fragte ich misstrauisch.
    »Skydarling!«, rief meine Mom und drehte sich zu uns um.
    »Und Kendradarling! Ihr kommt genau zur rechten Zeit. Ich bin dabei, im
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