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Wenn die Wahrheit nicht ruht

Wenn die Wahrheit nicht ruht

Titel: Wenn die Wahrheit nicht ruht
Autoren: Anja Berger
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wir nicht auf die Dienste der schönsten Igluhüterin der Welt verzichten.“
    Obwohl sie genau wusste, dass diese Art Schmeicheleien zu Sörens Standardprogramm im Umgang mit dem weiblichen Geschlecht gehörten, verfehlte das Kompliment seine Wirkung nicht. Seufzend wandte sich Leonie von der Weite des in den letzten Sonnenstrahlen glitzernden Bergpanoramas ab und den künstlichen, im Rhythmus der dröhnenden Boxen tanzenden Lichtkegel n der Schneebar zu. Sören hatte Recht, das Iglu war gerammelt voll mit Menschen, deren Skischuhe, Helme, Jacken und Brillen auch die letzten Millimeter Platz einnahmen. Dreimal atmete sie tief durch und wappnete sich mit ihrem strahlendsten Lächeln gegen das nach Après-Ski verrückte Volk. Tapfer schob sie sich hinter die Theke und liess sich von der Leichtigkeit des oberflächlichen Geplänkels treiben, unter dem die Barbesuc her ihren Alltag zu begraben suchten, bis sie sich vollends darin verloren hatte.
    Nachdem der letzte Gast den Weg aus der Bar gefunden hatte, kümmerte sich Sören um den Abfall und die restlichen Betrunkenen, während Leonie die Bar putzte und für den nächsten Tag vorbereitete. Wie nach jeder erfolgreichen Après -S ki -N acht trennten sich die Wege der beiden auch dann nicht, als die Lichter gelöscht und die Bar abgeschlossen war. Die Entscheidung , wer zu wem ging , erübrigte sich, da sie sowieso zusammen lebten. Um ihre Einkünfte etwas aufzubessern, vermietete Leonie jeweils ein Zimmer ihrer Wohnung an Saisonarbeiter. In diesem Jahr traf es Sören. Eigentlich studierte er in Zürich, wo s ie ihn auch kennengelernt hatte. A ber als er aufgrund seiner nicht mehr vorhandenen finanziellen Mittel das Studium über die Wintermonate aussetzte, war es Leonie, die ihm bereitwillig das Gästezimmer anbot. Sören schlief aber nicht lange im Gästezimmer.
    Auch in dieser Nacht schafften es beide nur knapp bis zur Haustür, ohne sich nicht gegenseitig die Kleider vom Leib zu reissen. Praktischerweise begann ihr R itual sowieso immer unter der Dusche, weshalb Bekleidung ein überflüssiges Gut darstellte. Wo ihre körperliche Vereinigung endete, war aber jeweils offen. Diesmal liess sich Sören erst auf dem Wohnzimmerteppich von Leonie hinuntergleiten. „Mensch , Mädchen, du machst mich noch ganz verrückt.“ Ein zufriedenes Lächeln umspielte seine Mundwinkel, während er sich aufraffte, um in seinen Sachen nach den Zigaretten zu suchen.
    „Wolltest du nicht aufhören?“
    „Habe ich. Aber wenn ich mit dir geschlafen habe, muss ich einfach eine rauchen. Das gehört genauso dazu, wie der Akt selbst.“
    „Wenn es denn sein muss. Wann reist du morgen ab?“ Der abrupte Themenwechsel schien Sören nicht weiter zur irritieren .
    „Ich weiss es noch nicht. Aber ich denke, gegen Abend.“ Sören stiess den Rauch in kleinen Kreisen in die Luft. Dann drehte er sich zu Leonie. Auf einen Arm gestützt liess er den Blick über sie gleiten. „Komm mit mir.“
    „Ach Sören, das hatten wir doch schon. Du wei ss t, dass du das nicht wirklich möchtest. Der Sex ist toll, aber mehr ist da nicht. Und du empfindest genauso. Dafür gebe ich meine Pläne nicht auf.“
    „Komm schon, ob Grächen oder Schweden, ist doch alles dasselbe!“
    „Ja, ungefähr sosehr dasselbe wie ein Haifisch und eine Kuh!“ Leonie warf Sören kurzerhand ein Sofakissen ins Gesicht. „Du dummer Junge, werd’ doch erst einmal erwachsen. Du hast keine Pläne, keine festen Ziele. Du hast ein teures Studium in der Schweiz begonnen und schmeisst nach ein paar Monaten in den Bergen alles wieder hin. Jetzt willst du w ieder zurück nach Schweden, weiss t aber nicht, welche Abenteuer dich von der Ankunft in der Heimat abhalten werden. Das mach ’ ich nicht mit, tut mir leid.“
    „Du wirst mir fehlen.“
    „Es werden andere kommen, die genauso gerne mit dir spielen.“ Leonies verführerisches Lächeln und ihr Finger, den sie sanft über seine Bauchdecke kreisen liess, brachte n ihn fast um den Verstand. Mit einem Ruck lag er wieder auf ihr und blickte ihr tief in die Augen. „Dann bleibt wohl nichts anderes, als mich gebührend von dir zu verabschieden.“

1986
     
    Endlich waren sie in ihrem Chalet angekommen. Die Sonnenstube des Wallis machte auch heute ihrem Namen alle Ehre, was für die aufgewühlten Gemüter nach der regen- und ereignisreichen Fahrt eine wahre Wohltat war. Um ihre Tochter nicht eine Sekunde aus den Augen lassen zu müssen, scheuchte Verena Marc von ihrem Platz auf dem
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