Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn die Nacht dich kuesst...

Wenn die Nacht dich kuesst...

Titel: Wenn die Nacht dich kuesst...
Autoren: Teresa Medeiros
Vom Netzwerk:
Tisch Versammelten, bis er fand, wonach er suchte.
    »Miss Vivienne«, sagte er, und sein Ton wurde weicher, als er Carolines Schwester zunickte.
    »Konstabler Larkin«, erwiderte sie leise und rührte mit ihrem Löffel ihre Hummercremesuppe um, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
    Caroline zuckte zusammen, als Portia ihr einen unmissverständlichen Blick zuwarf. Keine von ihnen hatte je gesehen, dass ihre herzensgute Schwester jemals jemanden so offen geschnitten hatte.
    Der Blickkontakt entging auch ihrem Gastgeber nicht. In seiner Stimme schwang leise Belustigung mit, während er eine schwungvolle Handbewegung zu den Damen rechts und links von sich machte. »Ich glaube, Sie haben noch nicht die Bekanntschaft von Miss Viviennes Schwestern gemacht — Miss Cabot und Miss Portia. Meine übrigen Gäste sollten Sie kennen. Ich bin sicher, Sie haben sie zu irgendeinem Zeitpunkt schon einmal mit Ihren Fragen belästigt.«
    Die Gäste des Viscounts starrten den Eindringling weiter an, manche neugierig, andere feindselig. Julian Kanes wohlgeformte Lippen waren verächtlich verzogen, und dieses eine Mal fehlten sogar Tante Marietta die Worte.
    Unbeeindruckt von ihrem Willkommen oder besser dessen Fehlen ließ sich Larkin auf einem leeren Platz etwa in der Mitte des Tisches nieder und warf dem Lakaien über seine Schulter einen auffordernden Blick zu.
    Der Lakai machte mit verbissener Miene einen Schritt nach vorne, doch dann seufzte der Viscount laut. »Biete dem Konstabler etwas von unserem Dinner an, Timothy. Wenn wir dem Mann nichts zu essen geben, fürchte ich, werden wir ihn nie los. Das Einzige, was er mehr liebt, als uneingeladen irgendwo hineinzuplatzen, ist Essen.«
    Unter dem finsteren Blick des Lakaien bewies Larkin die Richtigkeit von Kanes Behauptung, indem er sich großzügig von der gebratenen Wachtel und dem Gemüsepudding bediente. Caroline dachte unwillkürlich, dass er mehr als eine solche Mahlzeit bräuchte, damit sich seine hageren Wangen füllten oder seine schmalen Schultern breiter würden. Sie konnte nicht anders, als sich zu fragen, was einen Oxford-Absolventen dazu bewegen konnte, eine Karriere bei den Ordnungshütern zu wählen statt einer einträglicheren Beschäftigung in der Kirche oder beim Militär nachzugehen.
    Larkin verzehrte seine Portion Wachtel mit einem halben Dutzend Bissen, spülte den letzten mit einem großen Schluck Wein herunter und seufzte zufrieden. »Was auch immer deine Fehler sind, Trevelyan, ich muss zugeben, dass du eine der besten Tafeln in ganz London hast. Ich nehme an, dass mich das nicht wundern sollte, da man dir nachsagt, dass du ein Mann von solch vielen und vielfältigen ... Gelüsten bist.«
    Bei dem Wort lief Caroline ein Schauer über den Rücken.
    »Führt Sie heute Nacht dieser Grund hierher?«, erkundigte sich Kane. »Um mich zu beleidigen und meinen Koch mit Lob zu überschütten?«
    Der Konstabler lehnte sich zurück und wischte sich mit seiner Serviette den Mund. »Ich bin heute Nacht hier, weil ich dachte, du seiest daran interessiert zu erfahren, dass es einen weiteren merkwürdigen Vermisstenfall in Charing Cross gibt.«
    Adrian Kane zuckte mit keiner Wimper. Wenn überhaupt, dann wurde sein Blick nur noch schläfriger und unbeteiligter. »Und warum sollte mich diese Nachricht interessieren? Bedenkt man die unglückselige Armut der Gegend, verschwinden sicher Schuldner, die ihren Gläubigern tunlichst aus dem Weg gehen, jeden Tag. Und jede Nacht. «
    Larkin hielt sein Glas auffordernd hoch, damit der Lakai ihm nachfüllte, was er auch widerwillig tat. »Das mag schon wahr sein, aber wie du vielleicht weißt, hat es mehr als ein halbes Dutzend Fälle von mysteriösem Verschwinden gegeben, seit du und dein Bruder von euren Reisen in Übersee heimgekehrt seid.« Er warf Kane einen unverkennbar bedeutungsvollen Blick zu. »In den meisten dieser Fälle gibt es passenderweise keine Zeugen. Aber gestern, in den frühen Morgenstunden, kam eine junge Frau mit einer außergewöhnlichen Geschichte zu uns.«
    »Sicherlich geboren aus Hysterie und billigem Gin«, bemerkte Julian und legte seinen langen, elegant gekleideten Arm über Viviennes Rückenlehne.
    Larkin zuckte mit den Achseln. »Vielleicht. Ich müsste lügen, wenn ich sagte, das Mädchen sei moralisch über jeden Zweifel erhaben. Aber ich kann versichern, dass sowohl ihre Geschichte als auch ihre Furcht sehr überzeugend waren.«
    »Sprechen Sie weiter«, verlangte Kane und unterdrückte ein Gähnen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher