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Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman

Titel: Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
Autoren: Susanne Reinker
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Typ in Messebauklamotten eine ganze Palette Beleuchtungsequipment bei uns ab. Geistesabwesend schüttele ich ihm die Hand. Gerettet!
    v v v
    »Sie sprechen aber wirklich sehr gut Französisch!«, sagt der Typ mit der Lichttechnik zu mir. Ich hatte ihn zwar nicht explizit zu dem Umtrunk eingeladen, den wir nach der Standabnahme immer für die Bautruppe geben, aber wo er jetzt schon mal da ist und mir den ersten netten Satz des Tages spendiert, schaue ich ihn mir etwas genauer an als vorhin.
    Groß, schlank, kurze dunkelblonde Haare, ein paar Lachfältchen um die graublauen Augen, gepflegte Hände. Wie einer von den typischen Messebau-Tattoo-Kerlen sieht er nicht aus.
    »Ich hab nur im Bautrupp vom Meidner angeheuert, um mir in den nächsten Wochen ein bisschen Überbrückungsgeld zu verdienen«, erzählt er, als ob er meine Gedanken gelesen hätte. »Ich sitze sozusagen auf gepackten Koffern. Sobald ich meine Zulassung von der französischen Architektenkammer habe, geh ich nach Frankreich. Mein Patenonkel hat da ein Architekturbüro, das ich weiterführe, wenn er jetzt in Rente geht.«
    »Kleine Klitsche in der tiefsten Provinz«, grinst er mit einem Gesichtsausdruck, der eigentlich eher zu einer unbefristeten Stelle bei Frank Gehry passen würde. »Aber dafür Frankreich. Außerdem hatte ich nach vier Jahren Galeerendienst bei einem von den Stararchitekten hier die Nase voll von diesem ganzen Gerangel um Aufträge für Bürotürme und Einkaufszentren. Ich meine, ich hab schließlich mal Architektur studiert, um Menschen ein Zuhause zu bauen, nicht um die Renditen von Immobilienfonds zu steigern. Ich heiße übrigens Benno. Benno Schmidt.«
    Versonnen schaue ich Benno Schmidt an. Nach Frankreich gehen, das war schon immer mein Traum. Am liebsten in eins von diesen kleinen Städtchen im Süden, mit einem platanenbestandenen Dorfplatz, wo vor dem Apéro eine Runde Boule gespielt wird. Mir irgendeinen Job suchen, den lieben langen Tag diese wunderbare Sprache sprechen. Und ansonsten zwischen rotem Bordeaux und Bœuf Bourguignon, zwischen Café Crème und Crème Caramel mein Leben genießen wie damals dieser Gott in Frankreich.
    Das war mein Plan.
    Leider brachte ich es dann nach dem Studium und einem längeren Frankreichurlaub nur zur Bodenstewardess von Air France. Und das nicht etwa in Frankreich, sondern in Frankfurt.
    »Echt, Sie gehen nach Frankreich? Wohin denn da?«, frage ich neiderfüllt. Wenn er jetzt »Provence« oder »Côte d’Azur« sagt, werde ich ihn bitten, mich zu adoptieren.
    »Na ja, die Provence ist es nicht«, sagt Benno. Enttäuscht nehme ich einen Schluck Rotwein. Gleichzeitig bin ich irgendwie erleichtert. Wenn er erzählt hätte, dass er nach Avignon zieht, hätte ich mir wieder nächtelang Vorwürfe gemacht, dass ich zu so was nie den Hintern hochbekommen habe.
    »… aber es ist ein bisschen wie die Provence. Weniger Lavendel, dafür aber auch weniger Touristen. Pyrénées-Orientales, schon mal gehört?«
    Ich verschlucke mich fast an meinem Wein. Pyrénées-Orientales. Klar weiß ich, wo das ist. Wenn man in Cannes am Strand steht und die Küste entlang immer nach Westen läuft bis kurz vor Spanien, dann ist man irgendwann da. Weinberge. Ginster. Pinienhaine. Jede Menge Burgen und Klöster. Pittoreske kleine Hafenstädtchen. Sonne satt. Traumblaues Meer.
    Das will ich auch. Und zwar sofort. Gleich falle ich vor Neid in Ohnmacht.
    »Mein Patenonkel wohnt in Céret, kennen Sie das? – Macht nichts, kennt hier kaum jemand. Ist aber trotzdem sehr hübsch. Natursteinhäuser, Platanenalleen, Bouleplätze, Terrassenbistrots, der kleine Bäcker nebenan und so …«
    »… Ja, ja, und da gehen Sie mit Ihrer Frau jeden Morgen frisches Baguette kaufen, nachdem Sie mit dem 2CV zu einem von diesen wildromantischen Stränden gefahren und eine Runde geschwommen sind …«, fabuliere ich mit nicht ganz waschechter Fröhlichkeit.
    Wahrscheinlich hat dieser Benno nicht nur einen Onkel und ein Jobangebot in Südfrankreich, sondern obendrein auch eine von diesen grazilen, hübschen, blonden, klugen Gattinnen, die fünf Fremdsprachen sprechen, herausragend gut kochen und ihrem Mann ein gemütliches Zuhause sowie zahlreiche süße blonde Kinderchen schenken.
    »Schön wär’s«, antwortet Benno. »Aber Céret liegt nicht am Meer, sondern im Hinterland. Und meine Freundin, oder besser gesagt Ex-Freundin, hat mir vor zwei Monaten per SMS mitgeteilt, dass sie keine Lust hat, hier ihre Karriere aufzugeben, um für
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