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Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch

Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch

Titel: Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch
Autoren: Mara Andeck
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zusammen los.
    Ja, und heute ist mein Nachmittag mal wieder râpée rissolée, gerieben und gebraten. Aber eigentlich fühlte ich mich vorher auch schon so. Was soll’s.
    Ich soll Rosalie gleich aus dem Kinderturnen abholen.
    Ups, schon vier, muss los.
    22.00 Uhr What a day!
    »Na, wie war’s im Turnen?«, begrüßte ich Rosalie, die in einer froschgrünen Leggings und einem dunkelgrünen T-Shirt aus der Turnhalle herausgehüpft kam und sich sichtlich freute, als sie mich mit meinem Fahrrad am Zaun lehnen sah. Sie hatte immer noch Locken.
    »Also«, sagte sie und schob ihre Brille hoch, die ihr mal wieder bis fast auf die Nasenspitze gerutscht war. Ihr rechtes Auge war passend zum Outfit mit einem grünen Frosch-Pflaster verklebt. Mama ist wirklich konsequent, das grenzt schon an Grausamkeit. Würde Rosalie wirklich bis ins hohe Alter schielen, wenn man während des Turnens mal auf das blöde Schielpflaster verzichtete? Wie soll die Rosine denn einen Ball fangen, wenn sie ihn nur mit einem Auge sieht?
    »Also«, sagte Rosalie noch mal und strahlte mich an. »Aus Versehen hat der Lukas der Mia einen Ball an den Kopf geworfen. Da hat die Mia geweint und ist rausgelaufen in die Umkleide. Wir sind ihr dann alle hinterhergelaufen, die Mädchen mein ich, die Jungen nicht. Da hat sich die Amelie beim Rauslaufen den Zeh an der Tür angehauen. Die hat dann auch geweint und sich im Klo eingeschlossen. Da ist Paula unter der Klotür durchgekrochen. Plötzlich hat Amelie die Tür aufgemacht und sie Paula an den Kopf gehauen. Da hat Paula geweint.« Rosalie zog schniefend die Nase hoch. »Ach ja, und der Niklas hat auch geweint, weil Emil ihn gehauen hat. Aber das war was Privates.«

    »Oh«, sagte ich. »Viele Tränen! Und dann?«
    »Alle, die geweint haben, durften sich an den Rand setzen. Die anderen haben Ball gespielt. Leider haben wir verloren, weil Jana den Ball immer runtergeschmissen hat. Da waren alle auf Jana sauer. Dann hat die auch geweint.«
    »Und Herr Fischer?« Ich hätte an der Stelle des Sportlehrers auch geweint.
    »Der war heute irgendwie genervt. Vielleicht lag’s am Wetter.«
    »Bestimmt. Und, wie war’s in der Schule? Warst du Dornröschen, mein Röschen?«
    »Heute haben wir das Lied von den Fröschen am See gesungen. Und weißt du, wer ein Frosch sein durfte?« Sie strahlte mich an. »Ich!«
    »Na, jetzt weiß ich doch wenigstens, wo der Frosch die Locken hat.«
    »Was?«
    »Ach, nichts. Willst du ein Eis?«
    »Jaaaaaaaaaa!« Rosalie ist immer so niedlich, wenn sie sich freut. Sie setzte den pinkfarbenen Radhelm auf, packte ihr lila Mountainbike und gurkte in wilden Schlangenlinien den Gehweg entlang. Ein alter Mann mit Gehhilfe entkam nur knapp ihren Reifen.
    Rosalies Eis war planschbeckenblau und roch nach Kaugummi. Ich hatte Himbeer. Wir setzten uns auf die Wiese im Park, weil das Rosinchen einhändig kein Fahrrad schieben kann. Eine Amsel hüpfte über das Gras, legte den Kopf schräg und sah uns an. Dann flatterte sie auf den nächsten Busch, weil ein braun-weiß gefleckter Hund heranwuselte. Rosinchen kraulte ihn hinter den Ohren, ihre Lippen waren inzwischen planschbeckenblau. Ich fühlte die Sonne an meinem Rücken und war glücklich.
    Bis ich die Stimmen hörte. Bis ich den Blick hob und durch die Zweige des Busches spähte. Bis ich dahinter auf der Wiese Tom sah. Und Maiken. Und Dana. Sie saßen im Gras, aßen Eis, und jetzt war der kleine, braun-weiße Hund bei ihnen, stand vor Dana, wedelte und bettelte sie um ein Stück Waffel an. Ich konnte nicht verstehen, was sie sagte, aber ich hörte ihr Lachen.
    Klavierstunde. Danach Volleyball. Von wegen.
    Als Nächstes kam ein Typ über die Wiese gelaufen, er ging auf die Gruppe zu und sein blaues T-Shirt kam mir bekannt vor. Dana winkte zur Begrüßung. Dann stand der Knabe vor ihr und sie plinkerte ihn entzückt an. Was für ein Augenaufschlag! Er richtete sich auf, fuhr sich mit der Hand durch die Haare und zog den Bauch ein, bevor er sich neben sie auf den Rasenfallen ließ. Sie kicherte übertrieben laut über einen Satz, den er gesagt hatte.
    Der Typ war – mein Bruder Florian! Er trug eine nagelneue Jeans, er war gekämmt, er lächelte und sah plötzlich ganz gut aus mit seinem kantigen Kinn, das er von Papa geerbt hat, und seinen lachenden blauen Augen. Aber das Erstaunlichste: Er beherrschte die Flirtregeln, als hätte er sie erfunden.
    »Komm, wir gehen«, sagte ich zu Rosalie, drehte der Gruppe den Rücken zu und erhob
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