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Weltraumpartisanen 20: Triton-Passage

Weltraumpartisanen 20: Triton-Passage

Titel: Weltraumpartisanen 20: Triton-Passage
Autoren: Mark Brandis
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Boden.
    Raketeneinschläge fühlen sich so an.
    Ich fuhr herum – und dann sah ich im trüben Licht der Lampe die schmutzigbraunen Fontänen, die aus dem Boden wuchsen und wieder in sich zusammenstürzten, Sand, Schutt, Geröll – alles war in Aufruhr. Von einer Sekunde auf die andere hatte sich die Wüstenei in ein wildbewegtes Schlachtfeld verwandelt.
    Ich ließ den Werkzeugkasten fallen, stieß Lieutenant Minulescu unter den Rumpf der Thor und warf mich selbst dazu. Ein gigantischer Schmiedehammer schlug dröhnend gegen das Metall – danach trat Stille ein. Auch der Boden bebte nicht mehr.
    »Entwarnung, Lieutenant!« sagte ich. »Um ein Haar hätte es uns erwischt.«
    Mit schmerzenden Knochen richtete ich mich auf und leuchtete die Gegend ab.
    Der Meteoritenschauer hatte frische Wunden in das Gelände gerissen.
    »Sir, sehen Sie …«
    Ich sah. Der Schmiedehammer war ein faustgroßer Erzklumpen. Dort, wo er das Eingeweide der Thor zerfetzt hatte, an der gleichen Stelle, hatte sich noch vor wenigen Minuten der Hauptsteuermodul befunden, der nun in meiner Brusttasche steckte.
    Eine Fügung, ein Fingerzeig – oder nichts als blinder Zufall?
    Der LI schluckte.
    »Da legt sich einer doch glatt hin …«
    Dann, plötzlich, machte er drei, vier rasche, hüpfende Känguruhschritte an mir vorüber, um gleich darauf wie erstarrt stehenzubleiben.
    »Sir, das Dingi!«
    Ich brauchte nicht näherzutreten. Der Lampenschein reichte aus, um die Trümmer unseres Dingis zu beleuchten. Das Dingi sah aus wie nach dem Einschlag einer Granate. Es mußte geschehen sein, unmittelbar nachdem wir in Deckung gegangen waren – denn als ich das Schlachtfeld abgeleuchtet hatte, war es unversehrt gewesen.
    Das Dingi war nur noch Schrott.
    Kosmisches Erz oder kosmisches Gestein, irgendwo in der unendlichen Weite des Raumes geboren, vor undenklicher Zeit, irgendwann freigesetzt und auf die Reise gezwungen, durch Millionen und vielleicht sogar Milliarden von Lichtjahren, unbeseelte Materie aus irgendeiner namenlosen Galaxis, hatte das Dingi in einen Trümmerhaufen verwandelt.
    Irgendwann später habe ich einem befreundeten Commander aus Barcelona von diesem Tag erzählt.
    Amigo, habe ich ihm gesagt, weißt du, woran ich dachte, als ich so dastand und auf diesen Trümmerhaufen blickte? Ich habe an Ruth O'Hara gedacht.
    So war es.
    Ich blickte auf das zerstörte Dingi und dachte an die Frau, die ich liebte und die auf mich wartete. Sie wartete auf mich mit der festen Gewißheit, daß es, sollte ich eines Tages von einer Reise nicht zurückkehren, ganz bestimmt nicht an mir liegen würde.
    Dann sprangen meine Gedanken plötzlich hinüber auf die Explorator – und ich stellte mir vor, wie auch dort, während die Atemluft knapper und knapper wurde, vertrauensvoll gewartet wurde: darauf, daß Lieutenant Minulescu und ich mit dem Modul zurückkehrten.
    Ruth O'Hara wartete. Die Männer auf der Explorator warteten. Tschang Li wartete.
    Und dann dachte ich an den Rückmarsch, der vor uns lag: an diesen Marsch über die fremdartige Oberfläche eines feindseligen Mondes, dessen Heimtücke wir soeben kennengelernt hatten, und an die Zeit, die uns dieser Rückmarsch kosten würde.
    Falls wir sofort aufbrachen, hatten wir vielleicht eine Chance. Der Werkzeugkasten mußte zurückbleiben.
    Ich legte Lieutenant Minulescu eine Hand auf die Schulter.
    »Also dann, Lieutenant – gehen wir. Das Wandern ist des Müllers Lust.«
    Ich bekam keine Antwort. Lieutenant Minulescu schüttelte meine Hand ab und kauerte sich nieder – und mir war klar, daß für ihn nunmehr die letzte Runde begonnen hatte: jene, in der er das Handtuch warf.
    Ich rüttelte ihn.
    »Wir kehren zurück, Lieutenant. Vorwärts, vorwärts!« 
    Er blickte langsam zu mir hoch.
    »Wie, Sir?«
    »Zu Fuß!« sagte ich. »Oder ziehen Sie es vor, auf ein Taxi zu warten?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Sir, Sie machen sich da etwas vor. Zu Fuß zur Explorator – unmöglich! Das schafft man nicht.«
    Er mochte recht haben. Vielleicht war er der Weisere von uns beiden. Vielleicht war es tatsächlich gnädiger, einfach aufzugeben. Etwas in mir rebellierte. Ich zerrte ihn auf die Beine.
    »Wir schaffen's!« sagte ich. »Verdammt nochmal, ich dachte immer, Sie sind ein zäher Hund. Warten Sie doch wenigstens den Schlußgong ab, bevor Sie auf die Bretter gehen!«
    Er erwiderte nichts, aber als ich losging, hielt er sich an meiner Seite.

16.
    Zu Lieutenant Minulescu hatte ich gesagt: Wir schaffen's. Alles
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