Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wellentraum

Wellentraum

Titel: Wellentraum
Autoren: Virginia Kantra
Vom Netzwerk:
es.
    »Das sind kämpferische Namen«, bemerkte sie höflich.
    »Kann schon sein.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich war in der Nationalgarde.«
    »Du warst Soldat?« Das würde die Narben erklären, dachte sie. Und den verwundeten, misstrauischen Ausdruck in seinen Augen.
    »Im Irak.«
    Sie nickte, als würde sie verstehen. »Willst du darüber reden?«
    Sein Mund wurde schmal. »Nein.«
    »Gut.« Sie wand sich unter ihm. »Ich auch nicht.«
    Ein Lachen hellte sein Gesicht auf und vertrieb die Schatten aus seinen Augen. »Wir müssen uns für die nächsten zwanzig Minuten eine Beschäftigung suchen, Maggie. Du hast mich fertiggemacht.«
    Das hatte sie nicht.
    Sie hätte es gekonnt. Sie konnte dafür sorgen, dass er auf sie einging, ihn zwingen, ihr zu dienen, wie eine Muschelschale leer für sie zu werden. Aber sein Humor gefiel ihr, genau wie seine ironische Selbstzerfleischung.
    Sie ließ ihn los, streckte sich und setzte sich auf. »Du hast etwas zu essen mitgebracht, hast du gesagt?«
    Er stand unbewegt da, noch immer die Hosen um die Knie, während sie sich das Haar mit den Fingern kämmte. Der Feuerschein glitt über seinen starken, männlichen Körper: die breite, behaarte Brust, den flachen, definierten Bauch und die schweren Genitalien. Ziemlich reizvoll, wirklich.
    »Sandwiches«, antwortete er. »Und eine Flasche Wein.«
    »Na dann.« Sie lächelte ihn an.
    Er lachte und schüttelte den Kopf, während er sich die Hose wieder über die Hüften zog. »Ich dachte, du hast keinen Hunger.«
    »Vielleicht hast du ja meinen Appetit angeregt.«
    Auf mehr als Essen.
    Sie suchte nicht die Gesellschaft von ihresgleichen. Sie und ihr Gefährte hatten getrennt voneinander gelebt. Die meisten Selkies waren Einzelgänger wie der Seehund, dem sie ähnelten. Selbst an Land, in menschlicher Gestalt, trafen sie sich selten, es sei denn zu Paarungszwecken. Als ihre Zahl zu schwinden begann und ihre ozeanischen Reviere größer wurden, gingen sie sich außerhalb von Sanctuary, wo der Sohn des Königs Hof hielt, meist aus dem Weg.
    Aber dieser Sterbliche –
»Mein Name ist Caleb«,
hatte er gesagt – zog sie wie ein Feuer am Strand an. Sie fühlte sich von der tiefen grünen See in seinen Augen hypnotisiert, durch die Klangfarbe seiner Stimme verführt zu bleiben.
    »Ich dachte, wir könnten uns etwas besser kennenlernen.«
    Unmöglich. Je weniger er wusste, desto glücklicher war er. Desto sicherer.
    Und doch …
    Er stocherte im Feuer und sandte Funken in die Dunkelheit aus. Dann legte er ein Holzscheit nach. Er hatte eine Decke dabei, die er über den Tisch breitete.
    »Das hätte ich schon vorhin tun sollen«, meinte er.
    »Warum?«
    »Hast du dir keine Holzsplitter eingezogen?«
    Sie lachte. »Mein … Rock hat mich davor bewahrt.«
    Er war ein umsichtiger Mann, dachte sie, während sie ihm dabei zusah, wie er die einzelnen Speisen auf der karierten Decke anrichtete, als wären es Opfergaben. Wohlüberlegt. Sorgfältig. Gute Eigenschaften für einen Liebhaber, obwohl sein Sinn für Details sich nachteilig auswirken konnte. Wenn er etwas ahnte … Wenn er Verdacht schöpfte …
    Aber das würde er nicht. Selbst die Legenden über ihresgleichen verblassten schon im Gedächtnis der Menschen. Vor Jahrhunderten hatte jedes Mädchen, das ein Kind erwartete, jeder Seemann, der sich nach einem Sturm an Land schleppte, die Selkies dafür verantwortlich gemacht – zu Recht oder auch nicht. Aber in dieser neuen Welt, in dieser neuen Zeit würde niemand mehr die alten Geschichten glauben.
    Caleb legte ein Sandwich vor sie hin. Sie biss hinein und kostete seine Beschaffenheit und seinen Geschmack mit der Zunge. Hummer, nun ja … Hummer konnte sie immer haben. Aber Brot war eine Delikatesse. »Das ist lecker. Hast du das für mich gemacht?«
    »Ich habe es gekauft. In
Antonias Ristorante.
« Er nahm den Deckel von einem Plastikbehälter und hielt ihn ihr hin. »Hast du dort schon mal gegessen?«
    Ihr Herz schlug etwas schneller. Er würde vermutlich die Wahrheit nicht akzeptieren, aber er suchte definitiv nach einer Erklärung. »Nein.«
    »Das solltest du aber. Wenn du vorhast zu bleiben.«
    Sie tat so, als hätte sie die Frage in seiner Stimme nicht gehört. »Was ist das? Krabben?«
    »Tortellinisalat.« Aber Caleb ließ sich nicht so leicht ablenken. »Wo lebst du, Maggie?«
    Sie holte eine Krabbe aus dem Behälter und leckte sich die Finger. Sein Blick richtete sich auf ihren Mund. Entweder schwelgte er gerade in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher