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Wellenbrecher

Titel: Wellenbrecher
Autoren: Minette Walters
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er.
    »Nein«, antwortete Paul mit Unbehagen.
    »War sie alt?«
    »Nein.«
    »Hübsch?«
    Paul zuckte die Achseln. »Ja, ganz hübsch.«
    »Also nicht dick?«
    »Nein. Sie war sehr klein und hatte blonde Haare.«
    Harding stellte das Glas scharf ein. »Diese Dinger sind wie Panzer«, murmelte er, während er seinen Blick über die Bucht wandern ließ. »Okay, das Gehäuse ist ein bißchen angekratzt, aber den Linsen fehlt nichts. Euer Dad wird nicht allzu böse werden.«
     
    Maggie Jenner wäre überhaupt nicht in die Sache hineingezogen worden, wenn Bertie auf ihren Pfiff reagiert hätte, aber wie alle Hunde gehorchte er nur dann, wenn er wollte. Sie war abgestiegen, als ihr Pferd, Sir Jasper, bei dem Rotorenlärm des Hubschraubers gescheut hatte, und aus Neugier weiter den Hang hinuntergestiegen. Sie ging um die Bootshäuser herum, und Bertie schoß schnurstracks auf Paul Spender zu, stieß dem Jungen seine Schnauze zwischen die Beine und schnupperte begeistert.
    Maggie pfiff abermals, wieder ohne Erfolg. »Bertie!« rief sie. »Komm her jetzt!«
    Der Hund war ein großes, grimmig aussehendes Tier, Sproß einer irischen Wolfshündin, und Speichel troff ihm in dicken weißen Fäden aus dem Maul. Er schüttelte einmal kurz den zottigen Kopf und bespritzte Pauls Shorts von oben bis unten mit Schleim. Der Junge erstarrte vor Schreck.
    »Bertie!«
    »Keine Angst«, sagte Harding und packte den Hund beim Halsband, um ihn wegzuziehen, »er will nur Freundschaft schließen.« Er kraulte den Hund am Kopf. »Stimmt’s, mein Alter?«
    Die beiden Jungen flüchteten sich dennoch hastig auf die andere Seite des Streifenwagens.
    »Sie haben heute morgen schon einiges mitgemacht«, erklärte Harding und führte Bertie zu seiner Herrin zurück. »Bleibt er bei Ihnen, wenn ich ihn loslasse?«
    »In dieser Stimmung nicht«, antwortete Maggie und zog eine Leine aus ihrer hinteren Hosentasche, um sie am Halsband des Hundes zu befestigen und das andere Ende am Steigbügel ihres Pferdes.
    »Die zwei Söhne meines Bruders sind ganz hingerissen von ihm, und er begreift nicht, wieso der Rest der Welt nicht ähnlich begeistert ist.«
    Sie lächelte. »Sie haben wohl selbst Hunde? Oder aber Sie sind sehr mutig. Die meisten Leute ergreifen bei seinem Anblick die Flucht.«
    »Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen.« Er tätschelte Sir Jaspers Kopf, während er Maggie mit unverhohlener Bewunderung musterte.
    Sie war gut zehn Jahre älter als er, groß und schlank, mit schulterlangem, dunklem Haar und tiefbraunen Augen, die sich unter seinem abschätzenden Blick argwöhnisch verengten. Ihr war sofort klar, mit welchem Typ Mann sie es zu tun hatte, als er einen demonstrativen Blick auf ihre linke Hand warf und vergeblich nach einem Ehering suchte.
    »Also dann, vielen Dank für Ihre Hilfe«, sagte sie ziemlich brüsk. »Ich komm jetzt allein zurecht.«
    Er trat augenblicklich zurück. »Dann viel Glück«, sagte er. »Es hat mich gefreut, Sie kennenzulernen.«
    Sie war sich nur zu deutlich bewußt, daß ihr Mißtrauen Männern gegenüber mittlerweile eine fast krankhafte Form angenommen hatte, und fragte sich schuldbewußt, ob sie nicht vielleicht doch vorschnell geurteilt hatte. »Ich hoffe, Bertie hat Ihre Jungen nicht zu sehr erschreckt«, sagte sie mit etwas mehr Wärme.
    Er lachte unbefangen. »Sie sind nicht meine«, erklärte er. »Ich kümmere mich nur um sie, bis die Polizei kommt. Sie haben am Strand eine Tote gefunden, da sind sie natürlich ziemlich geschockt, die armen Kerle. Es täte ihnen bestimmt gut, wenn Sie sie überzeugen könnten, daß Bertie in Wirklichkeit lammfromm ist. Erst eine Tote und dann auch noch ein sabbernder Höllenhund, das ist doch ein bißchen viel auf einmal.«
    Sie schaute unschlüssig zu dem Streifenwagen hinüber. Die Jungen sahen tatsächlich recht verängstigt aus, und sie wollte auf keinen Fall, daß sie nach dieser Begegnung mit Bertie womöglich eine lebenslängliche Angst vor Hunden zurückbehielten.
    »Rufen wir sie doch her«, schlug er vor, als sie zögerte, »dann können sie ihn mal streicheln, solange er an der Leine ist. Das dauert doch höchstens ein, zwei Minuten.«
    »Na schön«, stimmte sie halbherzig zu, »wenn Sie glauben, daß es hilft.« Aber sie erklärte sich wider besseres Wissen einverstanden. Sie hatte das Gefühl, daß sie wieder einmal im Begriff war, sich auf etwas einzulassen, womit sie nicht fertig werden würde.
     
    Es war nach Mittag, als Constable Ingram zu seinem
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