Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wellenbrecher

Titel: Wellenbrecher
Autoren: Minette Walters
Vom Netzwerk:
Ich kehr jetzt wieder um. Ich hatte keine Ahnung, wie weit der Weg ist.«
    Ingram fragte die Jungen nach ihren Namen und ihrem Wohnort und ließ sich kurz beschreiben, was geschehen war. Sie erklärten, sie hätten die Frau unten am Strand gesehen, als sie um zehn Uhr um Egmont Point herumgekommen seien.
    »Und dann?« fragte er. »Dann habt ihr nachgeschaut, was mit ihr los war, habt gesehen, daß sie tot war, und seid losgelaufen, um Hilfe zu holen?«
    Sie nickten.
    »Da habt ihr euch aber ganz schön viel Zeit gelassen.«
    »Sie sind gerannt wie der Teufel«, widersprach Harding. »Ich hab’s selbst gesehen.«
    »Wenn ich mich recht erinnere, kam Ihr Anruf um zehn Uhr dreiundvierzig, Sir, und zwei gesunde junge Burschen brauchen für den Weg um Chapman’s Pool normalerweise nicht einmal eine knappe Dreiviertelstunde.« Er starrte Harding an, bis dieser den Blick senkte. »Und da wir gerade beim Thema Fehlinformation sind - würden Sie mir freundlicherweise erklären, wieso ich die Meldung erhielt, zwei Jungen hätten gesehen, wie ihre Mutter von einer Felswand abstürzte, als sie gerade durch ein Fernglas schaute?«
    Maggie machte eine Bewegung, als wollte sie etwas zur Unterstützung der Jungen vorbringen, doch Ingram warf ihr einen so einschüchternden Blick zu, daß sie es sich anders überlegte.
    »Ach, das war ein Mißverständnis«, erwiderte Harding und warf mit einer Kopfbewegung sein dichtes dunkles Haar zurück. »Diese beiden hier« - er legte Paul freundschaftlich einen Arm um die Schultern - »kamen völlig aufgelöst den Hang raufgerannt und schrien etwas von einer Frau, die unten hinter der Landspitze am Strand läge, und von einem Feldstecher, der runtergefallen sei. Ich habe vorschnell zwei und zwei zusammengezählt und fünf rausbekommen. Ehrlich gesagt, wir waren alle ein bißchen geschockt und durcheinander. Die beiden hatten Angst um ihr Fernglas, und ich dachte, sie redeten von ihrer Mutter.« Er nahm Paul das Glas aus der Hand und gab es Ingram. »Es gehört ihrem Vater. Die Jungs haben es aus Versehen fallen lassen, als sie die Frau sahen. Jetzt fürchten sie sich davor, wie ihr Dad reagieren wird, wenn er den Schaden sieht, aber Maggie und ich haben ihnen schon gesagt, daß er sicher nicht böse sein wird, wenn er hört, wie vernünftig sie sich verhalten haben.«
    »Kennen Sie den Vater der beiden, Sir?« fragte Ingram, während er sich das Fernglas ansah.
    »Nein, natürlich nicht. Ich habe sie ja eben erst kennengelernt.«
    »Dann haben wir nur ihr Wort dafür, daß das Glas ihm gehört?«
    »Hm, ja, allerdings.« Harding sah Paul unsicher an, und sofort flackerte wieder die Angst in den Augen des Jungen auf. »Ach, was soll das?« sagte er abrupt. »Woher sollten sie das Ding denn sonst haben?«
    »Vom Strand. Ihr habt gesagt, daß ihr die Frau gesehen habt, als ihr um Egmont Point herumgekommen seid«, wandte er sich an Paul und Danny.
    Beide nickten ängstlich.
    »Wieso sieht das Fernglas dann so aus, als wäre es eine Felswand runtergefallen? Habt ihr es vielleicht neben der Frau gefunden und einfach mitgenommen?«
    Die Jungen wurden rot vor Verlegenheit darüber, daß sie sich wie zwei kleine Spanner benommen hatten, und auf ihren Gesichtern erschien ein schuldbewußter Ausdruck. Keiner von beiden sagte etwas.
    »Sehen Sie die Sache doch ein bißchen locker«, sagte Harding unbefangen. »Es war doch nichts weiter als ein kleiner Spaß. Die Frau war nackt, deshalb sind sie auf den Felsen geklettert, um sie besser sehen zu können. Daß sie tot war, haben sie erst gemerkt, als sie runterliefen, um das Fernglas zu holen, das ihnen runtergefallen war.«
    »Sie haben das alles beobachtet, Sir?«
    »Nein«, gab er zu. »Ich hab Ihnen doch schon gesagt, daß ich von St.-Alban’s-Kap gekommen bin.«
    Ingram sah zu der fernen Landzunge hinüber, auf deren Höhe die kleine, dem heiligen Alban geweihte Kapelle aus normannischer Zeit stand. »Von hier oben hat man einen hervorragenden Blick auf Egmont Bight«, bemerkte er beiläufig, »besonders an einem schönen Tag wie heute.«
    »Nur durch ein Fernglas«, versetzte Harding.
    Ingram maß den jungen Mann lächelnd von oben bis unten. »Das stimmt«, bestätigte er. »Also, wo sind Sie und die Jungen zusammengetroffen?«
    Harding wies zum Küstenwanderweg. »Sie haben angefangen, mir zu winken und zu rufen, als sie halbwegs den Emmetts Hill rauf waren, und da bin ich ihnen entgegengelaufen.«
    »Sie scheinen sich hier in der Gegend gut
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher