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Weites wildes Land

Titel: Weites wildes Land
Autoren: Shaw Patricia
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ich nicht.« »Nun, andere meinen, daß er zu nahe an einen Strand oder an ein Flußufer geraten ist. Überall wimmelt es von Krokodilspuren. Es heißt, ein Krokodil hätte ihn erwischt.« »O mein Gott, nein!« Hilda zuckte die Achseln. »Es steht in den Sternen. Entweder so oder so. Jedenfalls glaube ich nicht, daß ihr Mann wiederkommt.« »Haben Sie es ihr schon gesagt?« »Du meine Güte, nein. Lassen Sie’s im Augenblick auf sich beruhen. Sie muß mit ihrem Leben zurechtkommen wie alle anderen auch.«    
     
    * * *
     
    Anstatt Hildas Botschaft auszurichten, ging Sibell Josie aus dem Weg. Beim bloßen Gedanken, ihr gegenübertreten zu müssen, wurde ihr flau im Magen, aber andererseits fielen ihr genug Gründe ein, um sich zu rechtfertigen. Warum sollte sie sich eigentlich schuldig fühlen? Schließlich war sie für Logan Conal nicht verantwortlich. Er traf seine eigenen Entscheidungen. Aber was war, wenn er wirklich Selbstmord begangen hatte? Hatte ihm der Verlust der Minen einen solchen Schlag versetzt, daß sein Lebenswille erloschen war? Einige Eingeborenenfrauen, die Kleinkinder auf der Hüfte trugen, riefen ihr etwas zu: »Hey, Missus, habt ihr Kranke da drin?« Sie ging zu ihnen hinüber. »Ja.« »Warum?« fragten sie lachend und stießen einander an. Offenbar kam es ihnen sehr eigenartig vor, alle Kranken gemeinsam an einem Ort unterzubringen. Sie alle waren jung und fröhlich und kamen aus einem nahe gelegenen Lager. In ihren Augen war das Krankenhaus eine Sehenswürdigkeit. »Hier werden sie wieder gesund. Wenn ihr krank werdet, müßt ihr kommen und nach dem Arzt fragen.« Sie schüttelten den Kopf. »Platz für Weiße.« Sibell fiel ein, daß sie recht hatten. Schwarze waren im Krankenhaus nicht erlaubt. »Dann müßt ihr rufen, und der Arzt kommt heraus und macht eure Kranken gesund.« Die Frauen lächelten, doch in ihren Augen stand Zweifel, als sie wieder ihrer Wege gingen. Sibell dachte an Jimmy Moon und erinnerte sich, wie er stets fast herablassend gelächelt hatte, als wären seine weißen Freunde Kinder, deren Launen man nachgeben müsse. Jimmy war so klug gewesen, und beim Gedanken an sein schreckliches Schicksal stiegen Sibell die Tränen in die Augen. In diesem Augenblick schien er ihr so nah. Jimmy hätte Logan gefunden. Er hätte ihnen ganz genau sagen können, was mit ihm geschehen war, darauf hatte man sich verlassen können. Sibell betrachtete den üppigen, grünen Busch jenseits der Lichtung. Nun war er nicht mehr ausgedörrt, sondern war voller Leben und von den verschiedensten wilden Tieren bevölkert, die ihr Krächzen und Rufen erschallen ließen. Auf einmal wußte sie es! Logan hätte nie Selbstmord begangen. Er nicht! Und er wäre auch nie den Krokodilen zu nahe gekommen. Und Josie wußte das ebenfalls, ganz gleich, was sie auch sagte. Sibell war sonnenklar, daß es ihm nach dem Sturm irgendwie gelungen sein mußte, aus Palmerston zu verschwinden, und das, ohne sich im geringsten darum zu kümmern, ob seine Frau noch am Leben war. Das paßte zu Logan. Und was noch wichtiger war: er würde nicht zurückkommen. Sie lief durch das Hauptgebäude und den Krankensaal und blieb dann auf einmal wie angewurzelt stehen. Josie war verschwunden; ihr Feldbett war schon weggeräumt worden. »Wo ist Mrs. Conal?« »Entlassen. Heute morgen.«    
     
    * * *
     
    Am nächsten Nachmittag erkundigte Sibell sich im Polizeirevier nach dem Weg zur Shepherd Street. Josies Haus war nicht schwer zu finden. »Das, wo der große Baum draufliegt, genau in der Mitte.« Sie entdeckte Josie, die in den Trümmern herumwühlte. »Was tun Sie denn da?« rief Sibell ihr zu. »Ich wohne hier.« »Und wo haben Sie letzte Nacht geschlafen?« »Hier.« Josie zuckte die Achseln. »Ich habe mir ein Nest gebaut wie ein Hase.« »Sie können hier nicht bleiben.« »Doch«, entgegnete sie starrsinnig. »Die Chinesen werden mir helfen, das weiß ich ganz genau.« Sibell folgte ihr durch den Schutt. »Josie, wo ist Logan?« »Bei der Polizei heißt es, er sei vermißt, wahrscheinlich tot«, erwiderte sie ausdruckslos. »Schauen Sie, mein schöner Teppich! Der ist wohl hinüber.« »Aber er ist nicht tot, oder?« beharrte Sibell. Nachdenklich sah Josie sie an. »Lassen Sie die Sache auf sich beruhen.« »Gut. Was ich jetzt sage, ist nur für uns beide bestimmt. Er ist nicht tot, oder?« »Hören Sie auf, Sibell.« »Nein! Irgend etwas sagt mir, daß er Palmerston verlassen hat. Daß er einen Weg gefunden hat, sich
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