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Weisses Gold

Weisses Gold

Titel: Weisses Gold
Autoren: Giles Milton
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beschrieb, dass die Gefangenen gezwungen waren, praktisch in vollkommener Dunkelheit inmitten ihrer eigenen Exkremente dahinzuvegetieren. Ihre Ernährung war vollkommen unzureichend – »ein wenig trockenes Brot und Wasser« –, und als Unterkunft diente ihnen »ein Kerker unter der Erde«, in dem »etwa 150 oder 200 von [ihnen] lagen und nur durch ein winziges Loch in der Decke ein wenig Licht zu sehen bekamen«. Adams selbst befand sich in einem furchtbaren Zustand. Sein Haar und seine zerlumpte Kleidung waren »voll von Geschmeiß« – Läuse und Flöhe – »und da [er] keine Zeit hatte, sie zu fangen … fraßen sie [ihn] fast auf«. Noch schlimmer war, dass man ihn jeden Tag schlug, um ihn dazu zu bewegen, sich »in einen Türken zu verwandeln«.
    Im Sommer 1627 kehrte John Harrison mit den befreiten Sklaven nach England zurück. Die Berichte über ihre Erfahrungen in Marokko sind nicht erhalten geblieben; erst die nächste Generation englischer Gefangener hat das schreckliche Leben eines christlichen Sklaven in Nordafrika für die Nachwelt geschildert. Aber in Harrisons Schriften findet man einige Hinweise auf die täglichen Qualen, die diese Menschen erdulden mussten. In seinem Buch
The Tragicall Life and Death of Muley Abdala Melek
schrieb er, dass die Gefangenen regelmäßig brutal geschlagen wurden und dass die an den Sultan verkauften Sklaven noch schlimmer behandelt wurden als jene, die in Salé gefangen gehalten wurden. »Er ließ die Männer in seiner Gegenwart verprügeln oder fast totschlagen, und befahl, einige auf die Fußsohlen zu schlagen und sie anschließend über Steine und Dornen laufen zu lassen.« Einige Sklaven des Sultans wurden hinter Pferden geschleift, bis sie zerfetzt waren. Anderen trennte man bei lebendigem Leib Glieder ab, wobei man ihnen »Gelenk für Gelenk die Finger und Zehen, dann Arme und Beine und schließlich den Kopf abschnitt«.
    Wenn der Sultan schlechte Laune hatte, genoss er es, seine christlichen Sklaven zu foltern. »Er zwang einige englische Jungen, sich in Mauren zu verwandeln«, erinnerte sich Harrison, »und dann ließ er sie verschneiden, um
Capados
oder Eunuchen aus ihnen zu machen.« Andere wurden geprügelt und erniedrigt. Als sich ein englischer Sklave darüber beklagte, dass man ihm außer Gerste nichts zu essen gab, befahl der Sultan, den Futtersack seines Pferdes »mit Gerste gefüllt um den Hals desEngländers zu hängen … und so ließ er ihn die Gerste wie ein Pferd fressen«.
    Den Sklaven des Sultans, die Harrison bei seinen Missionen nicht hatte befreien können, gelang es schließlich, eine Petition an König Karl I. zu senden und ihn zu bitten, an die leidvolle Lage zu denken, in der sie, die armen Untertanen Seiner Majestät, sich als Sklaven des Königs von Marokko befänden. Sie erinnerten den König daran, dass sie mittlerweile derart lange Zeit in Gefangenschaft lebten, dass sie ihr Heimatland beinahe vergessen hätten – »…manche zwanzig Jahre, manche sechzehn, manche zwölf, und der, der als Letzter gekommen ist, sieben Jahre in der elendigsten Knechtschaft«. Der König las die Bittschrift, lehnte es jedoch ab zu handeln. Die Waffenruhe mit Sidi Mohammed war einigermaßen stabil, und die Angriffe auf die englische Küste hatten zeitweilig aufgehört. Da er mit anderen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, überließ Karl die englischen Sklaven des Sultans ihrem Schicksal.
    Doch dieser für beide Seiten unerfreuliche Frieden sollte nicht lange Bestand haben. Die Korsaren von Salé, die mit dem Sklavenhandel ihren Lebensunterhalt bestritten, flehten Sidi Mohammed an, den Waffenstillstand zu kündigen. Sie verwiesen darauf, dass König Karl seine Verpflichtungen nicht erfüllt, sondern statt der versprochenen 14 nur 4 Kanonen geschickt hatte. Und sie erinnerten den Marabut daran, dass der englische König sehr wenig Interesse an einem Angriff auf Spanien gezeigt hatte. Als Sidi Mohammed begriff, dass der militärische Beistand tatsächlich ausbleiben würde, befahl er weitere spektakuläre Raubzüge an der Südküste Englands. Innerhalb weniger Monate füllten sich die Kerker von Salé erneut mit verschleppten Engländern. Allein im Mai 1635 fielen den Korsaren 150 Menschen in die Hand, von denen »acht in Marokko unter Zwang beschnitten und gefoltert wurden, damit sie sich in Mauren verwandelten«.
    Nun war die Geduld des Königs erschöpft. Als er erfuhr, dass in Salé mittlerweile fast 1200 Engländer festgehalten wurden, »unter denen
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