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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
Autoren: Carola Herbst
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gebärdete sich wie wild und warf sich in Posen, die jedem Artgenossen unmissverständlich klarmachen sollten, wer hier der Chef sei.
    Einige Boxen vom Hengst entfernt stand ein fremdes Pferd. Sauber abgerieben kaute es zufrieden an seinem Hafer.
    Stein pfiff durch die Zähne und bewunderte das schöne Tier. Auf die Schiefertafel der Boxentür hatte der Großknecht mit eckigen Buchstaben den Pferdenamen „TIZIAN“ notiert.
    „Tizian, so ein schöner Name für so ein schönes Pferd, du bist aber auch ein Prachtbursche“, säuselte Stein. Er berührte sanft die weiche Haut der Nüstern und streichelte Tizian den Nasenrücken, dabei murmelte er ununterbrochen weitere Schmeicheleien, die das Pferd jedoch nicht davon abbringen konnten, genüsslich weiterzukauen.
    „Nicht wahr, man verliebt sich sofort in den Burschen“, sagte eine angenehme Stimme neben Stein. Der Verwalter fuhr herum und blickte in ein unbekanntes junges Gesicht. Dann glitt sein Blick über die Offiziersuniform, die der junge Mann trug. Stein merkte, wie ihm vor Verblüffung die Kinnlade herabsank, zumal er erwartet hatte, in der Stallung auf Johann von Klotz zu treffen.
    Verdammt, dachte er, wie hat Elsi sich nur so irren können, und zweimal verdammt, woher hat das Frauenzimmer wissen wollen, wer der nächtliche Besucher ist?
    Doch bevor Steins Misstrauen Gelegenheit erhielt, aus ihm einen reservierten Gastgeber zu machen, zerrte sich sein Gegenüber die Stulpenhandschuhe herunter, klopfte sich Schlammspritzer und Staub von den Ärmeln der Uniform und sagte unter einer höflichen Verbeugung: „Verzeihen Sie, ich habe mich gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Franz Friedrich von Klotz, ich bin der zweitgeborene Sohn des Grafen. Ich muss mich für die späte Ankunft entschuldigen, aber die Aussicht auf eine weitere Nacht in zweifelhaften Unterkünften haben Tizian und mich bewogen, eine saubere Box und ein weiches Bett vorzuziehen.“ Franz von Klotz zuckte abbittend die Achseln und tätschelte seinem Pferd liebevoll den Hals.
    Hermann Stein zog erstaunt die Brauen hoch, dann beeilte er sich, den jungen Herrn wissen zu lassen, wen man vor sich habe: „Stein, Hermann Stein, Verwalter von Hohen-Lützow, stets zu Diensten, gnädiger Herr.“ Er verneigte sich. Dann wurde ihm bewusst, sein Auftritt sei zu steif und förmlich gewesen und so fügte er einladend hinzu: „Ich freue mich, Euer Gnaden kennenzulernen! Wenn Euer Gnaden mit mir kommen wollen. Ich kann versichern, Ihr Pferd wird bestens versorgt, aber jetzt müssen wir uns erst einmal um Euer Gnaden kümmern. Die Köchin wartet bereits.“
     
    Elisabeth Schulz hatte sich angekleidet und anlässlich des hohen Besuchs eine frische Schürze umgebunden. Nicht nur Leibesumfang und Körpergröße ließen die Köchin imposant erscheinen, auch die Art und Weise ihrer Bewegungen waren faszinierend. Elsi, wie sie auf dem Gut liebevoll genannt wurde, vermittelte immer und überall den Eindruck, genau zu wissen, was sie gerade tue. Sogar der Verwalter konnte sich der Faszination nicht entziehen und behandelte sie mit Respekt, obwohl sie zu den Leibeigenen zählte.
    Die Küche des Herrenhauses war unangefochten ihr Reich.
    Mit flinken Fingern stellte sie das Nachtmahl zusammen. Die dicke Kartoffelsuppe, die eigentlich für das Kleine Mittag des folgenden Tages gedacht war, wurde rasch mit süßer Sahne verfeinert. Ein Sträußchen taufeuchter Petersilie aus dem Kräutergarten zerfiel unter dem Wiegemesser in winzige Bröckchen. Zur Suppe gesellten sich heiß gemachte Würstchen, die noch bis vor kurzem im Buchenrauch gehangen hatten und keinesfalls für die Beköstigung hungriger Landarbeitermägen gedacht waren. Der ärgerliche Verlust der jungen Sau, die vor der Zeit hatte geschlachtet werden müssen, wog plötzlich nicht mehr so schwer. Vorige Woche, da hatte Elsi den Knecht noch gescholten, als der mit dem abgestochenen Schwein in der Küche aufgetaucht war. Die Lieferantin der unverhofften Fleischration hatte ihren neugierigen Rüssel in eine verlockend duftende Ritze gesteckt, die ihr leider zur Todesfalle geworden war.
    Das würzige Raucharoma der Würstchen wird die einfache Suppe aufwerten, dachte Elsi. Sie kostete vorsichtig. Jedoch der Geschmack stellte sie nicht zufrieden, sie entschied, noch etwas Speck auszulassen und die Würfelchen unter die Suppe zu heben.
    Wie gut, dass erst gestern gebacken worden ist, dachte sie, altbackenes Brot ist nicht nach dem Geschmack des gnädigen Herrn.
    Mit
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