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Weiss wie der Tod

Weiss wie der Tod

Titel: Weiss wie der Tod
Autoren: Roman Rausch
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Unmut in seinem neuen Zuhause wuchs. Wieso er es nicht fertigbrächte, eine Arbeit zu finden, die ihren gemeinsamen Ansprüchen genügte. Sie habe es zumindest in das Vorzimmer des Agenturchefs gebracht, der ihr Hoffnungen auf eine Assistenz machte.
    Er wagte dieses eine Mal zu widersprechen und sollte es bitter bereuen. Ansprüche stelle wohl nur sie, sagte er gedankenlos. Er sei mit der Zweizimmerwohnung in der Nähe des Mains zufrieden. Und was sie zusammen verdienten, reiche, um bequem über die Runden zu kommen.
    Von der Gegenrede sichtlich überrascht, schwieg sie einen Moment, bis sie schließlich in zynisches Gelächter ausbrach. Die Hände in die Taille gestützt, baute sie sich vor ihm auf. Er habe keinen Willen, aus seinem Leben etwas zu machen, hänge die ganze Zeit bei sinnloser Arbeit herum, würde ihr nichts bieten und behindere sie in ihrem Bestreben, Karriere zu machen. Er sei ein Weichei, ein Waschlappen und Mamasöhnchen, der sie nur behindere. Selbst im Bett müsse sie die Führung übernehmen. Er besäße nicht genügend Phantasie, um eine Frau wie sie zu befriedigen.
    Und dann schmiss sie ihn raus.
    Zuerst kam er bei Arbeitskollegen unter, dann in einer Wohnung am Stadtrand. Die Alte, die ein Zimmer an Wochenendheimfahrer vermietete, mochte ihn und er sie. Doch Freitag- bis Sonntagabend kam ihr Mann, der in Kassel arbeitete. Da wollte sie ungestört sein. Auf Dauer fühlte er sich unter so viel unerwarteter Zuneigung erdrückt und ging schweren Herzens. Sie war nicht die, mit der er zusammen sein wollte.
    Unerwartet kam die Chance, um alles wieder ins Lot zu bringen.
    Wenn er eine Eigenschaft besaß, dann die, dass er zuhören konnte. Besser: Er konnte es überzeugend spielen. Denn im Grunde kümmerte er sich einen Dreck um die Sorgen und Ängste anderer. Es war eine Belastung für ihn, sich stundenlang den Klagen und dem Selbstmitleid auszusetzen. Aber das gehörte zu seiner Taktik. In einem seiner Jobs hatte er es fast geschafft, in den Betriebsrat gewählt zu werden, bevor er gekündigt wurde.
    Und jetzt suchte diese Versicherung Mitarbeiter für eine neue Filiale in Köln. Die Anforderungen waren wie für ihn maßgeschneidert – geduldig, einfühlsam und zielbewusst, um zuzuschlagen, wenn die Zeit gekommen war. Mit dem geforderten Biss tat er sich noch schwer, doch er würde daran arbeiten. Dafür winkten gute Erfolgsprovisionen und die Möglichkeit des ungehinderten Aufstiegs. Tanja würde stolz auf ihn sein.
    Die Konkurrenten in seinem neuen Job verwechselten Biss mit Aggressivität. Dabei führte der Weg zum Erfolg nur über Ausdauer und Vertrauen. Binnen eines Jahres war er eine feste Größe in der Kölner Filiale. Dienstwagen, kostspieliger Anzug und ein pralles Konto am Monatsende ließen ihn selbstbewusst nach Frankfurt reisen. Er beobachtete sie ein paar Tage lang. Sie wohnte noch immer in der alten Wohnung und arbeitete noch immer bei derselben Werbeagentur. Ihr Traum, das Sekretariat hinter sich zu lassen, war nicht in Erfüllung gegangen.
    Wie zufällig parkte er den dunkelblauen BMW vor dem Café, wo sie zu Mittag aß. Er glaubte, ihre Verblüffung spüren zu können, als er im Anzug und mit Handy am Ohr an einem Tisch nicht weit von ihr Platz nahm. Er machte auf wichtig und fütterte seinen PDA mit neuen Terminen.
    Als sie auf ihn zukam, spielte er den freudig Überraschten, Küsschen hier, Küsschen dort, und bat sie Platz zu nehmen. Eine Flasche Veuve Clicquot zum Wiedersehen durfte es schon sein. Mein Gott, man hatte sich ja so lange nicht mehr gesehen. Er musste nicht viel von sich erzählen, das Wesentliche war ihr ohnehin schon ins Auge gefallen.
    Den Nachmittag verbrachten sie in ihrer alten Zweizimmerwohnung. Zwei Wochen später mietete er 120 Quadratmeter Altbau und stellte es Tanja frei, arbeiten zu gehen. Sie entschied sich fürs Einrichten der großzügigen Wohnung. Dass er unter der Woche in Köln sein musste, tat seinem Glück keinen Abbruch, sie sahen sich häufig genug. Als die Wohnung fertig eingerichtet war, die Essen mit ihren früheren Kollegen seltener wurden und Tanja sich allein in der großen Wohnung nicht mehr wohl fühlte, begannen die ersten leisen Vorwürfe. Er sei viel zu oft unterwegs und schenke ihr zu wenig Aufmerksamkeit. Entweder zöge er nach Frankfurt oder sie nach Köln.
    Frankfurt scheide aus, antwortete er, da er in Köln an seiner Karriere arbeite und dort auch nicht mehr Zeit für sie haben würde. Sie solle sich gedulden. Wenn er die
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