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Weinland & Stahl

Weinland & Stahl

Titel: Weinland & Stahl
Autoren: Bad Blood 01 - Das Blut der Nacht
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zerrte, ließ die Glocken in wahnsinniger Disharmonie läuten.
    Heaven kauerte oben auf dem Sims.
    Zum einen entsetzt über den sinnlosen Tod der Nonne.
    Zum anderen erschrocken, weil sie ihre Ankunft nicht mit mehr Getöse hätte inszenieren können.
     
     
    Wie eine Welle lief das Zucken durch die Versammlung.
    Die Nonnen, die eben noch völlig verzückt auf das Kind und die Vampire gesehen hatten, wandten verwirrt die Blicke, als die Glocken zu dröhnen begannen, sahen einander an und schließlich in die Richtung des Glockenturms. Die Wand war dort in regelmäßigen Abständen durchbrochen, so dass man in den Glockenschacht hineinsehen konnte.
    Mariah war es, die es als erste ausrief:
    "Das ist Rebecca! Rebecca! Sie – sie wurde erhängt! Sie ist tot!"
    Dass keine Spur von Entsetzen oder Trauer in ihren Worten war, bemerkte niemand. Die anderen Schwestern fielen in die Rufe mit ein, doch auch ihr Schock hielt sich in Grenzen. Oder erstickte unter etwas, über das sie längst keine Kontrolle mehr hatten. Das in sie gefahren war und jede Regung, die nicht dem Kind galt, verhinderte.
    Langsam, und eher interessiert als von dem Wunsch getrieben,
helfen
zu wollen, wandten sich die Schwestern dem Glockenturm zu, während die Wände der Kapelle und der Boden zu ihren Füßen im Glockengeläut wie bei einem Erdbeben zitterte.
    Selbst die Vampire schienen, allen Schmerzen und den sie umhüllenden Kokons zum Trotz, zu spüren, dass etwas nicht stimmte.
    Nur eine Person in der Kapelle zeigte sich unbeeindruckt von den Geschehnissen.
    Das Kind.
    Es lag nach wie vor strahlend in seiner Wiege und blickte aus Augen, deren Ausdruck zunehmend
wissender
wurde, um sich.
    Doch was unsichtbar zwischen ihm und den Vampiren floss –
    – floss jetzt ein kleines bisschen schneller.
    Denn mittlerweile reifte in ihm die Erkenntnis, dass die Zeit drängte.
     
     
    Heaven war zu dem Loch im Dach zurückgekehrt und hatte sich am Rand niedergelassen.
    Sie sah hinab und verstand noch immer nicht, was hier wirklich vorging.
    Sie erkannte nur, dass sie mit ihrer Vermutung offenbar nicht völlig falsch gelegen hatte.
    Die Vampire vergriffen sich tatsächlich unübersehbar an einem unschuldigen Baby! Heaven sah, dass irgendeine Verbindung zwischen dem Kind und den Blutsaugern bestand. Etwas floss, Lebensenergie vielleicht, und Heaven nahm an, dass die Vampire sich mit der im wahrsten Sinne des Wortes reinen Kraft des Kindes stärken wollten, nachdem Blut sie nicht mehr nährte.
    Doch wie konnten sie glauben, dass die Kraft eines so winzigen Wesens für sie
alle
, für mehrere hundert Vampire, reichte?
    Vielleicht hatten sie einen magischen Weg gefunden, sie zu potenzieren.
    Aber das herauszufinden, dazu mochte später Zeit sein. Jetzt war es nur an der Zeit, zu handeln!
    Und Heaven handelte.
    Sie ließ sich einfach kopfüber durch das Loch fallen, verwandelte sich erst kurz vor dem Aufprall, nahm dem Sturz mit ihren Flügeln die ärgste Wucht und landete sicher dicht neben der Wiege.
    Bevor irgendjemand auch nur im Ansatz verstand, was geschah, griff Heaven auch schon nach dem Kind, nahm es aus der Krippe und drückte es an sich.
    Die flirrenden Stränge, die substanzlosen Verbindungen zwischen dem Kind und den Vampiren zerrissen. Erloschen.
    Heaven war darauf vorbereitet gefasst gewesen, dass die Blutsauger sich nun erheben würden, um sich, so gut es ihre ausgemergelten Körper noch zuließen, auf sie zu stürzen.
    Doch das taten sie nicht.
    Sie kamen ihr plötzlich vor wie Marionetten, die nur noch an einem einzelnen Faden gehangen hatten, den jetzt jemand gekappt hatte.
    In einer seltsam synchronen Bewegung sackten die Vampire zu Boden, und sie hatten ihn kaum berührt, als auch schon der Zerfall einsetzte.
    Der Gestank wurde, so das überhaupt möglich war, noch schlimmer, als ein paar hundert Vampire zugleich zu verwesen begannen, und was immer es war, das ihre zerbröckelnden Körper dabei verließ, es füllte die Kapelle fast sichtbar.
    Dann war es vorbei.
    Beinahe knöchelhoher Staub bedeckte den Boden. Ein letzter Glockenschlag sandte eine ersterbende Wellenbewegung durch das Aschemeer.
    Stille senkte sich über die Kapelle, während letzte Staubfahnen niedergingen.
    Doch die Ruhe währte nur Sekunden.
    Sekunden, in denen Heaven das Kind in ihrem Arm ansah – und sich des Eindrucks nicht erwehren konnte, dass es plötzlich anders aussah als noch vorhin, da sie es vom Dach aus betrachtet hatte.
    Der Kleine schien ihr mit einem Mal...
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