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Weihnachtsgeschichten am Kamin 04

Weihnachtsgeschichten am Kamin 04

Titel: Weihnachtsgeschichten am Kamin 04
Autoren: Uwe Friedrichsen , Ursula Richter
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war verstummt. Omi kam aus ihrem Sessel, in den sie sich geflüchtet hatte, neugierig in den Flur, konnte aber außer den beiden Männerrücken an der Kinderzimmertür nichts entdecken. Plötzlich war da ein lautes Schnappen zu hören — die Tür ging auf, eine völlig verheulte Tina wurde von Opas Arm runtergesetzt, lief auf ihren Papi zu und rief: «Papi, Papi, mach das nie wieder!» Anja und Ruth nahmen je eine Hand von Opa und konnten auch wieder — zwar etwas gequält — lächeln.
    Omi holte erneut die Fußbank und steckte mit Rena die Kerzen an. Nachdem Horst sich bei dem Nachbarn für die Hilfe bedankt hatte und ihn zur Tür begleitet hatte, ergriff er die Messingglocke und läutete zum zweitenmal zur Bescherung.
    Opa kam mit Anja und Ruth an der Hand rein. Tina hatte Horst nicht mehr losgelassen, und so hatte Horst in einer Hand die Glocke, an der anderen Hand seine Jüngste, die es nun doch geschafft hatte, diesmal zuerst unter dem Weihnachtsbaum zu sein.
    Alle stellten sich im Halbkreis um den Baum. Die Kinder stimmten mit Rena «O, du fröhliche, o, du selige...» an, in das Omi und die beiden Männerstimmen einfielen.
    Ohne Weihnachtslied war keine Bescherung denkbar — auch nicht nach diesen Hindernissen.

    Madeleine Du Mont

Etwas ganz Neues

    Wuzzel, die eigentlich Wally hieß, saß auf dem Fußboden und besah Weihnachtsmänner in einem Bilderbuch. Alle hatten einen langen weißen Bart und trugen rote Kapuzenmäntel. Einige fuhren auf großen Schlitten, die von Hirschen oder Rentieren gezogen wurden. Einer mit einem prunkvollen goldenen Schlitten fuhr sogar vierspännig, und dafür ging ein anderer zu Fuß durch eine Dorfstraße und trug einen kleinen Weihnachtsbaum über der Schulter.
    Nachdenklich steckte Wuzzel einen Finger in den Mund und schob das Buch beiseite. Dann sprang sie auf und rannte in das sogenannte Arbeitszimmer, wo ihre Mutter gerade für Puppe Berta ein hochmodernes Abendkleid aus allerhand Lümpchen nähte. Bei Wuzzels stürmischem Auftritt schob sie die Puppenrobe rasch unter eine andere Näharbeit.
    «Mutti!» rief Wuzzel aufgeregt. «Ja, Wuzzelchen, was ist denn los!» — «Mutti, bist du klug?» — «Na, sagen wir die Hälfte.» — «Aber bist du dann schlau?» — «O ja, wenn es darauf ankommt, dann kann ich schon ganz schön schlau sein.» — «So, dann sag mir doch mal, warum gibt es denn nur Weihnachtsmänner und keine Weihnachtsfrauen?» — «Hm, darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Vielleicht weil Frauen keinen Bart haben.» — «Als Weihnachtsfrauen brauchen sie doch auch keinen ollen weißen Bart zu haben.»
    «Frauen sind aber auch nicht stark genug, um Weihnachtsbäume zu schleppen und große wilde Hirsche zu lenken, die ihre Schlitten mit all den Paketen ziehen.» — «Die Weihnachtsfrauen könnten doch einen Esel nehmen, der alle Pakete trägt.» Lächelnd dachte die Mutter: Das geschieht oft genug, daß ein Esel die Pakete hinter einer Frau hertragen muß und den Inhalt dann auch noch bezahlen darf. — Laut aber sagte sie: «Im Zuge der Gleichberechtigung müßte man wirklich dafür sorgen, daß es nicht nur Weihnachtsmänner, sondern auch Weihnachtsfrauen gibt.» — «Mutti, dann kannst du doch die erste Weihnachtsfrau sein», rief Wuzzel begeistert. «Na ja, ich will es versuchen und mir ganz viel Mühe geben.»
    Auf der Treppe waren Schritte zu hören und Wuzzel wußte, der Vater kommt heim. Strahlend rannte sie ihm entgegen. «Papa, ich weiß was ganz Neues!» — «So, so, und was wäre das wieder mal?»
    «Wir haben eine Weihnachtsfrau! Die erste und die schönste Weihnachtsfrau auf der ganzen Welt!»
    «Das ist ja großartig — und wo kann man diese Weihnachtsfrau sehen?» — «Sie ist im Arbeitszimmer und näht einen Knopf an deine alte Hose. Und jetzt braucht sie nur noch einen Esel, der all ihre Geschenkpakete trägt!»

    Elisabeth Gerke

Weihnachten 1944

    Es war immer noch Krieg, und mit jedem Tag wurde unser Leben trauriger und trostloser. Um uns herum Hunger, Bomben und Tod. Viele Menschen hatten ihre Heimat und ihr Obdach verloren und wußten nicht wohin.
    Ich war neunzehn Jahre alt und wurde einberufen, um als umgeschulte Schlosserin bei einer Hamburger Schiffswerft zu arbeiten. Es war eine harte Zeit. Um sieben Uhr begann mein Arbeitstag am Schraubstock. Der Weg zur Arbeit war weit und der Winter, wie alle Kriegswinter, besonders kalt und lang.
    Nun nahte das Weihnachtsfest, und das bescherte uns einen freien Tag. Am 24.
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