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Weihnachtsgeschichten am Kamin 04

Weihnachtsgeschichten am Kamin 04

Titel: Weihnachtsgeschichten am Kamin 04
Autoren: Uwe Friedrichsen , Ursula Richter
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und ich höre Jens etwas offenbar Tröstliches flüstern; ein letzter Seufzer, und Caroline scheint beruhigt.
    Und gerade, als ich die Soße für den Kartoffelsalat fertig habe, kommt sie stolz herein, an der einen Hand ihren großen Bruder, in der anderen das vollendete Bild. Soll man es glauben? Der Engel trägt das Gesicht von Raffaels Madonna Colonna, die nun lächelnd auf die roten Tupfen schaut, dorthin, wo eben noch das Jesuskind gelegen haben muß. Auf den zweiten Blick erkennt man ihre Überraschung.
    Was war geschehen? Das Engelsgesicht war mit den kräftigen Filzstiften offenbar nicht zur Krönung aller vorangegangenen Mühen geraten; Jens meinte, es habe ausgesehen wie das von Herrn Schräder, der uns die Kohlen bringt. Und das von Maria habe gerade darüber gepaßt, es stammte von Omas Weihnachtskarte, die hätten wir doch schon gelesen.
    Jetzt wäre sie mit allen Vorbereitungen fertig, sagte Caroline glücklich, und wann sie ins Wohnzimmer könnten.
    Ach, es war erst elf Uhr vormittags, sieben Stunden noch bis zur Bescherung. Und ich mußte noch zum Kaufmann, zum Fischladen, ganz zu schweigen vom Weihnachtszimmer, das herzurichten war. Wo blieb nur Jan? Ob er seinen Kranken die Weihnachtsgeschichte vorlas? Waren dafür nicht die Schwestern da?
    Jens versprach, Line erst beim Anziehen zu helfen und ihr dann etwas vorzulesen, obgleich sie meinte, zum Vorlesen jetzt keine Zeit mehr zu haben.
    Inzwischen war auch Arne mit nassen Stiefeln und roten Händen wieder von der Straße hereingekommen, wo er mit ungewöhnlichem Eifer Schnee geschippt hatte. Sein Gewissen war vielleicht etwas belastet von dem Schulzeugnis, das er gestern heimgebracht hatte; er erbot sich, mir nun auch noch in der Küche zu helfen.
    Ach, all diese hilfreichen kleinen Geister — wo sind sie geblieben? Man wußte sie seinerzeit nicht genug zu schätzen.
    Jetzt jedenfalls starrte ich verzweifelt um mich in der Hoffnung, eine Aufgabe für Arnes Hilfsbereitschaft zu entdecken, während ich Gemüse schnippelte, eine Zitronencreme schlug und Silber putzte. Mein Blick fiel endlich auf die Krimskramsschublade im Küchenschrank. Sie könnten die beiden Buben aufräumen, garantiert würden sie unter Deckeln, Korken, Bändern, abgebrochenen Löffeln und ähnlichem etwas entdecken, das für sie noch von besonderem Nutzen wäre. Die Freigabe der Krimskramsschublade kam jedesmal fast einer Belohnung gleich, und im Kinderzimmer wurde es beinahe augenblicklich still, bis auf ein leises Flüstern über die verschiedenen Funde. Plötzlich, als ich gerade die Tür schließen wollte, hörte ich Jens in beiläufigem Ton fragen, ob Arne eigentlich wisse, daß Jesus ein Schaf gewesen sei. Erschrocken horchte ich auf. Eine Weile blieb der kleine Bruder die Antwort schuldig; er gab ungern zu, etwas nicht zu wissen. Dann meinte er schließlich, nein, und fügte nach einem Augenblick hinzu: «Aber sag das lieber nicht Mama.» Arne hatte einen untrüglichen Instinkt für alles, was zu Komplikationen fuhren konnte. «Stimmt aber doch», entgegnete Jens. «Der Pastor hat es im Kindergottesdienst gesagt. Lamm Gottes.» Ich nahm mir vor, ein ernstes Wort mit dem Pastor zu reden.
    Endlich kam Jan zurück, und ich konnte meine Einkäufe machen und dann schnell den Eintopf aufwärmen, Eintopf zum Mittagessen war am Vierundzwanzigsten Tradition. Und während Jan über die karge Mahlzeit klagte, auch das aus Tradition, und die Kinder fast keinen Bissen aßen, verging die Zeit, und bald würden sich alle anziehen und in den Weihnachtsgottesdienst gehen, und in dieser Stunde mußte dann das Weihnachtszimmer hergerichtet werden.
    Ich sputete mich. Der Baum stand wieder einmal schief. Ein paar Geschenke mußten noch eingewickelt werden, dann die Plätzchenteller gefüllt, die Nüsse verteilt und Großvaters Paket versteckt werden. Mein eigener größter Christkindwunsch war inzwischen, zehn Minuten Ruhe zu haben. Aber schon hörte ich draußen Trappeln und Reden, ein kurzes Gerangel an der Flurgarderobe — und dann auch die Glocken der Dorfkirche durchs Fenster — und da konnte unser eigenes Glöckchen oben am Tannenbaum auch nicht länger warten, und als es laut genug klingelte und endlich die Tür aufging, hatten die Kinder so rote Backen wie die Äpfel unter dem Baum, und angesichts von so viel Leuchten konnte von Erschöpfung gar nicht die Rede sein.
    Die Brüder stellten sich einer nach dem anderen vor den brennenden Lichtern auf und sagten ein Weihnachtsgedicht auf,
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