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Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition)

Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition)

Titel: Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition)
Autoren: Heinrich Heine
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hätte, aber kühler als sonst wäre er schon gegen sie gewesen. Sie hätte nicht erwartet, daß er ihr so untreu sein würde, und er werde es wohl später in anderen Dingen auch sein.
    Der Frühling näherte sich, und am letzten Winterabend kam die Jungfrau zu ihm und sagte, daß morgen der erste Sommertag wäre, und daß dann Leute vom Festland kämen, um ihn zu holen, weshalb er in der Frühe nach der Fischerhütte gehen sollte. Aber um eins wollte sie ihn bitten, wenn er Wert darauf lege, daß sie ihm das Leben während des Winters erhalten hätte: Er sollte das Kind anerkennen, das sie jetzt durch ihn erwarte; denn es gälte ihr Leben, und wenn sie den Vater nicht angeben könne, dann würde ihr Vater sie töten. Sie bitte ihn nun um weiter nichts, als daß er sich ihr gegenüber in dieser Angelegenheit treu erweisen solle. Das versprach er ihr und sagte, es werde nie geschehen, daß er leugne, der Vater des Kindes zu sein. Es koste ihn ja nichts, da er keine Ungelegenheit davon hätte.
    Er sagte ihr dann Lebewohl und dankte ihr für alle ihre Wohltaten während des Winters. Früh am nächsten Morgen machte er sich auf den Weg, und als er ein kleines Stück gegangen war, wollte er sich nach der Halle umsehen, aber er sah weiter nichts als steinige Hügel und Felsen am südlichen Teil der Insel. Dann ging er nach der Fischerhütte.
    An diesem Tage war mildes Wetter und die See ruhig, und als der Tag etwas verstrichen war, sah er ein Boot vom Lande herkommen; als die Bootsleute aber an die Insel gekommen waren, ging er ihnen entgegen. Als sie ihn erblickten, fürchteten sie sich, denn er war sehr dick und fett, und sie glaubten deshalb, daß es sein Geist sei. Sie vermuteten, daß er im Winter gestorben wäre. Niemand wagte, ihn anzusprechen, viel weniger, zu ihm ans Land zu kommen. Schließlich aber stieg der Bootsführer doch an Land und fragte ihn, ob er ein lebendiger Mensch sei oder ein Geist, oder ob er derselbe sei, der im Herbst auf der Insel zurückgeblieben wäre. Er sagte, daß er derselbe Mann wie im Herbst sei, als sie ihn dort zurückgelassen hätten. Der andere aber sagte, daß er nicht verstehen könne, wie er so lange ohne Nahrung hätte leben können. Der Inselmann sagte, daß der Seetang auf Selö keine schlechtere Nahrung sei als die Wassergrütze auf Holme. Mehr wollte er ihnen nicht erzählen. Er stieg dann zu ihnen ins Boot, und sie ruderten ihn zurück nach Holme. Die meisten wunderten sich, ihn lebendig zurückkommen zu sehen, und viele Fragen wurden ihm gestellt, wie er den Winter über hätte leben können, niemand aber bekam mehr von ihm zu wissen, als jene auf der Insel von ihm erfahren hatten.
    Spät im Sommer war es eines Sonntags schönes Wetter, und es kamen viele Leute zur Kirche, und an diesem Tage wollte auch der Knecht dorthin. Als aber der Pfarrer und die ganze Gemeinde in die Kirche gekommen waren, stand eine Kinderwiege neben dem Altar, ehe man es sich versah, und eine golddurchwirkte Decke war über das Kind gebreitet, aber kein Mensch war zu sehen, nur sah man, daß eine schöne Frauenhand auf dem Rande der Wiege ruhte. Alle wunderten sich hierüber und sahen sich an. Der Pfarrer nahm das Wort und sagte, daß dies Kind getauft werden wolle und daß es wohl nicht irrig wäre, daß irgend jemand in der Kirche in Beziehung zu ihm stehe, und am ehesten glaube er dies von seinem Knecht, daß er es im Frühjahr auf Selö zurückgelassen habe. Der Knecht aber bestritt, etwas davon zu wissen. Da sagte der Pfarrer, er wolle es mit dem Namen des Knechts taufen, der aber leugnete wieder und sagte, er habe nichts mit der Sache zu tun. Der Pfarrer erwiderte, daß er doch nicht ohne Menschenhilfe auf der Insel hätte leben können; der Knecht aber sagte, daß er das Kind nie anerkennen würde, und verbot dem Pfarrer, es mit seinem Namen zu taufen.
    Da wurde die Wiege fortgerissen und verschwand im selben Augenblick, und zugleich ertönte heftiges Weinen, das sich allmählich aus der Kirche verlor. Der Pfarrer und die anderen gingen ihm aus der Kirche nach. Da hörten sie das Weinen und das Schluchzen in der Richtung nach dem See verschwinden, die Decke aber lag auf dem Boden der Kirche und wurde auf Holme noch lange nach dieser Zeit benutzt.
    Alle wunderten sich über das Geschehene, am tiefsten jedoch war der Pfarrer davon ergriffen. Der Knecht aber verfiel später in Tiefsinn. Der Pfarrer fragte ihn, wie das denn käme, und dann erzählte er ihm alles, daß er den Winter über bei
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