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Weiberregiment

Weiberregiment

Titel: Weiberregiment
Autoren: Terry Pratchett
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schicke Empfangsdame besorgen und selbst die Aufgaben des Rausschmeißers und des Barmanns übernehmen. Hier ein guter Rat, Junge, für deine zukünftige Laufbahn, und er betrifft etwas, das einige der anderen kleinen Jungs von sich aus gelernt haben: Es ist manchmal hilfreich, einen dieser verruchten Orte zu besuchen, denn sonst machen sich die Männer Gedanken über dich. Ich habe immer ein gutes Buch zum Lesen mitgenommen und der jungen Frau geraten, ein wenig zu schlafen, um sich von der anstrengenden Arbeit zu erholen.«
    Polly nahm den Rat entgegen, ohne darauf einzugehen. »Möchtest du nicht deine Enkel besuchen?«
    »Ich will mich ihnen nicht aufdrängen, Junge«, sagte Jackrum mit fester Stimme. »Es wäre falsch. Mein Junge ist ein angesehener Mann in jenem Ort! Was habe ich zu bieten? Er wünscht sich bestimmt keine dicke alte Schachtel, die an seine Hintertür klopft, den Saft von Kautabak ausspuckt und behauptet, seine Mutter zu sein!«
    Polly sah kurz ins Feuer und fühlte, wie ihr eine Idee durch den Kopf kroch. »Und ein verdienstvoller Hauptfeldwebel mit glitzernden Tressen und glänzenden Medaillen, dessen prächtige Kutsche am Vordereingang hält und der sich dem Waffenschmied als sein Vater vorstellt?«, fragte sie.
    Jackrum starrte sie groß an.
    »Die Wirren des Krieges und so«, fuhr Polly fort, und ihre Gedanken rasten plötzlich. »Junge Liebe. Die Pflicht ruft. Auseinander gerissene Familien. Vergebliche Suche. Jahrzehnte vergehen. Liebevolle Erinnerungen. Und dann… ein mitgehörtes Gespräch in einem Gasthaus, ja, das klingt glaubhaft. Hoffnung erwacht. Eine neue Suche. Hier und dort einige Leute schmieren. Die Erinnerungen alter Frauen. Schließlich eine Adresse…«
    »Wovon
redest
du da, Perks?«
    »Du bist ein Lügner, Feldwebel«, sagte Polly. »Der beste, den ich kenne. Eine letzte große Lüge, die einen Schlussstrich zieht! Warum nicht? Du könntest ihm das Medaillon zeigen und von dem Mädchen erzählen, das du zurückgelassen hast…«
    Jackrum wandte den Blick ab, sagte aber: »Du bist ein verdammt fixer Denker, Perks. Und woher sollte ich die prächtige Kutsche nehmen?«
    »Ach,
Feldwebel
! Heute? Es gibt…
Männer
in hohen Positionen, die derzeit bereit wären, dir jeden Wunsch zu erfüllen. Das weißt du. Besonders dann, wenn es bedeutet, dass sie dich nie wiedersehen. Du hast sie nie um viel gebeten. An deiner Stelle würde ich den einen oder anderen Gefallen einfordern, solange du noch Gelegenheit dazu hast. So sind die Rein-und-Rausser, Herr. Nimm den Käse, solange er da ist, denn Küsse währen nicht lange.«
    Jackrum atmete tief durch. »Ich denke darüber nach, Perks. Verschwinde jetzt.«
    Polly stand auf. »Denk gut und gründlich darüber nach, Feldwebel. Wie du selbst gesagt hast: Jeder, der jetzt noch jemanden hat, ist im Vorteil. Vier Enkel? Ich wäre ein stolzes Kind, wenn ich einen Opa hätte, der Kautabaksaft so weit spuckt, dass er damit eine Fliege an der gegenüberliegenden Wand trifft.«
    »Ich warne dich, Perks.«
    »War nur so ein Gedanke, Feldwebel.«
    »Ja… gut«, brummte Jackrum.
    »Danke, dass du uns bis hierher gebracht hast, Feldwebel.«
    »Perks!«, sagte Jackrum, als Polly die Tür erreichte. Sie blieb stehen und drehte sich um.
    »Ja, Feldwebel?«
    »Ich… eigentlich habe ich mehr von ihnen erwartet. Ich dachte, sie würden es besser machen als Männer. Das Problem war: Sie verstanden es besser als Männer, Männer zu sein. Es heißt, das Militär kann einen Mann aus dir machen. Nun… was auch immer du als Nächstes tun wirst, tu es als du selbst. Ob gut oder schlecht, tu es als du. Zu viele Lügen, und es gibt keine Wahrheit mehr, zu der man zurückkehren kann.«
    »In Ordnung, Feldwebel.«
    »Das ist ein Befehl, Perks. Oh… und noch etwas, Perks.«
    »Ja, Feldwebel?«
    »Danke, Perks.«
    Polly öffnete die Tür, zögerte noch einmal und sah zurück. Jackrum hatte seinen Stuhl zum Feuer gedreht und sich umgedreht. Um ihn herum arbeitete die Küche.
     
    Sechs Monate vergingen. Die Welt war nicht perfekt, aber sie drehte sich weiter.
    Polly hatte die Zeitungsartikel behalten. Sie waren im Detail nicht präzise, denn ihr Autor erzählte… Geschichten und nicht das, was wirklich geschehen war. Sie ähnelten Gemälden, wenn man dabei gewesen war und das Geschehen beobachtet hatte. Aber der Marsch zur Festung stimmte, mit Reißer ganz vorn auf einem weißen Pferd und hoch erhobener weißer Fahne. Und es stimmte, dass Leute aus ihren Häusern
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