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Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin

Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin

Titel: Weg des Zorns 01 - Die Kriegerin
Autoren: David Weber
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jungen Frau war so kurz geschoren, dass es fast an Plüsch erinnerte; erst allmählich wuchs es nach. Immer noch gab es die alte Tradition, neuen Rekruten im Ausbildungslager den Schädel völlig kahl zu scheren. Obwohl der Teint dieser jungen Frau an sich unverkennbar hell war, hatte sie mittlerweile reichlich Farbe bekommen; jetzt schimmerte ihre Haut fast wie Bronze, und es entging dem erfahrenen Sergeant Major auch nicht, wie sehnig sich die Muskeln ihrer Unterarme unter den vorschriftsmäßig aufgerollten Ärmeln ihres Uniformhemdes abzeichneten. Ihre Stiefel waren so poliert, dass sie glänzten wie Spiegel, und sämtliche Falten ihrer Uniform fielen so präzise, dass man glauben könnte, es bestehe Gefahr, sich daran zu schneiden. Der alte Unteroffizier verkniff sich ein Grinsen, als ihm durch den Kopf ging, wie zufrieden sie gewesen sein musste, dass man ihr endlich Uniformen aus Aktivgewebe ausgehändigt hatte. Seine Zeit in Camp Mackenzie lag schon lange zurück, doch er erinnerte sich noch genau daran, wie sehr es ihn ... geärgert hatte, dass sämtliche Angehörigen des Corps darauf beharrten, Rekruten müssten unbedingt die traditionellen, altmodischen Uniformen kennenlernen, die allen Ernstes gebügelt - und gestärkt! - werden mussten, ehe sie korrekt saßen.
    So hochgewachsen die junge Frau vor seinem Schreibtisch auch sein mochte, war sie doch deutlich jünger als die meisten, die ihn hier aufsuchten. Der Command Sergeant Major zweifelte daran, dass man dieses Mädchen jemals wirklich als vollbusig würde bezeichnen können, aber derzeit herrschte in dieser Hinsicht noch ein regelrecht auffallender Mangel. So durchtrainiert sie angesichts ihrer Ausbildung sein mochte, sie hatte noch immer - und zwar in vielerlei Hinsicht - das unfertige Aussehen eines Teenagers. Dennoch prangte auf ihrem rechten Oberarm der schwarze Winkel eines Private First Class unmittelbar unterhalb des Schulterabzeichens des Imperial Marine Corps mit dem Abbild einer Wespe, die ihren Stachel gerade zum Stich bereitmachte.
    Gemächlich beendete er seine Musterung, während die junge Frau immer noch die Hand zum Salut erhoben hatte. Schließlich erwiderte er den Gruß, doch bei ihm wirkte die Bewegung weniger übertrieben, weniger pedantisch. Es war allerdings unverkennbar, dass auch dieser Bewegung jahrelange Übung zugrunde lag.
    »Stehen Sie bequem, Private«, sagte er.
    »Jawohl, Sergeant Major.«
    Doch sie wechselte nicht in das ›Rührt Euch‹, das er ihr gestattet hatte, sondern nahm stattdessen die Paradehaltung ein, und trotz seiner Jahrzehnte der Erfahrung konnte er sich ein Lächeln kaum verkneifen, als sie nun so vor ihm stand, den Blick ganz nach Vorschrift auf einen Punkt zehn Zentimeter oberhalb seines Kopfes gerichtet.
    Einige Sekunden lang ließ er die Frau so stehen, dann erhob er sich von seinem Stuhl und ging um seinen Schreibtisch herum. Unmittelbar vor der jungen Private First Class blieb er stehen - dabei fiel ihm wieder auf, dass er doch mehr als einen halben Kopf kleiner war als diese junge Absolventin des Ausbildungslagers - und begutachtete erneut ihre Uniform in allen Einzelheiten. Tatsächlich, alles war, das musste er gestehen, schlichtweg perfekt. Es gab nichts, was er an ihrem Erscheinungsbild hätte kritisieren können, und Gleiches galt auch für ihre vorschriftsmäßig-ausdruckslose Mimik, mit der sie, reglos wie eine Statue, seine Begutachtung über sich ergehen ließ.
    »Na gut«, sagte er schließlich, trat noch näher an sie heran und schloss sie fest in die Arme.
    »Hallo Grandpa«, antwortete die Private, und ihre Altstimme klang etwas rauer als sonst. Dann erwiderte sie die Umarmung.
    »Ich habe wirklich alles versucht, um zu deiner Abschlussfeier kommen zu können, Alley«, erklärte Sebastian O'Shaughnessy wenige Minuten später. Er hatte sich entspannt halb auf die Kante seines Schreibtischs gesetzt und die Arme vor der Brust verschränkt. »Aber es hat einfach nicht geklappt.«
    »Als ich gehört habe, dass man dich hierher abkommandiert hat, war mir schon klar, dass du nicht kommen könntest, Grandpa«, erwiderte sie lächelnd. »Ich freue mich einfach nur, dass mein Marschbefehl mir genügend Spielraum lässt, dich auf dem Transport wenigstens kurz zu besuchen.«
    »Das freut mich auch«, sagte er. »Andererseits haben mich meine Spione natürlich über deine Fortschritte stets auf dem Laufenden gehalten.« Unheilvoll legte er die Stirn in Falten. »Ich habe gehört, du hast dich
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