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Wechsel-Wind

Titel: Wechsel-Wind
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modernen Mischfamilie. Mom und Dad waren beide schon vorher einmal verheiratet gewesen, und das hatte nicht funktioniert. Karen wußte selbstverständlich, warum: Sie waren füreinander bestimmt, also mußten ihre ersten Ehen sich als Fehlschläge erweisen. Wie auch ihre ersten Kinder, auch wenn es nicht angebracht war, das zu erwähnen (es sei denn in der Hitze rechtschaffener Wut, wenn einer von den beiden sie zu sehr geärgert hatte). Sean war Dads und David Moms Sohn, was bei beiden zu gewissen hinterhältigen Konkurrenzverhaltensweisen führte. In dieser Hinsicht stand Karen über beiden, denn sie war das gemeinsame Kind der Eltern und außerdem auch noch eine Tochter. Sie alle waren Halbgeschwister, aber Karen war als einzige mit allen anderen blutsverwandt. Das gefiel ihr so ganz gut – sie wußte wirklich, wohin sie gehörte.
    Allzu spannend war es leider nicht, Wasser zu beobachten, auch wenn es heftig aufgewühlt wurde. Also ging Karen nach hinten, um nach den Tieren zu sehen. Sie waren in Kisten, damit ihnen nicht passierte, solange das Auto fuhr, und darüber alles andere als glücklich.
    »Hallo, Woofer«, sagte sie und griff in die Kiste, um die große Promenadenmischung zu tätscheln. Woofer gehörte eigentlich Sean, aber er vertrug sich mit allen Familienmitgliedern, ganz besonders jenen, die ihm etwas zu Fressen mitbrachten. Sein Fell war fast ganz schwarz und paßte daher zu Seans Haar, das nach Dads geriet.
    »Hallo, Midrange«, sagte sie und streichelte dem Kater über das Fell, dessen Farbe sich nicht recht definieren lassen wollte. Midrange gehörte David, war aber freundlich zu allen, die länger als einen Moment auf einem Fleck saßen. Sein Fell war hellräudig und paßte zu Davids schmutzigblondem Haar, das wiederum Moms goldblonde Strähnen nachahmte.
    »Hallo, Tweeter.« Der Sittich war Karens eigenes Haustier und nur zu ihr lieb, obwohl er die anderen tolerierte. Seine Federn wiesen einen Stich ins Bräunliche auf, und zwar deswegen, damit es zu ihren rötlichen Locken paßte. Das kam davon, wenn man versuchte, sowohl Mom als auch Dad nachzuahmen: Haar in einer Mischfarbe.
    Die Tiere freuten sich, Karen zu sehen, denn normalerweise schenkte von allen Familienmitgliedern sie ihnen die meiste Aufmerksamkeit. Das lag vielleicht daran, daß alle drei Wald-und-Wiesen-Geschöpfe waren, aus dem Tierheim oder vom Flohmarkt aus einer Laune des jeweiligen Familienmitglieds heraus errettet; niemand sonst hätte eines von ihnen gewollt. Doch Karen hielt alle drei für großartig, und darin stimmten sie mit ihr überein.
    Das Wohnmobil schüttelte sich. »Verdammt noch mal!« rief Dad auf dem Fahrersitz. »Der Motor setzt aus.«
    »Wir können hier aber nicht halten«, protestierte Mom. »Wir dürfen nicht stehenbleiben, oder der Sturm…« Sie verstummte, und das meiste von dem, was sie sagen wollte, verlor sich in der Ellipse, wie immer, wenn sie nicht wollte, daß die Kinder etwas mithörten.
    Das hatte selbstverständlich zur Folge, daß Karen es erst recht hören wollte. »Entschuldigung, ich muß jetzt gehen«, sagte sie zu den Tieren und hastete auf ihren Platz am Tisch zurück.
    Jetzt konnte sie mit eigenen Ohren das Stottern des Motors hören. Es hörte sich an, wie wenn eines von Davids Flugzeugmodellmotoren sich nicht mehr so gut fühlte. Das Wohnmobil wurde langsamer.
    »Wenn die Passagiere bitte die Sitzgurte anlegen würden«, sprach Sean mit seiner Flugkapitänsstimme. »Vor uns liegt eine Turbulenz. Es besteht kein Grund zur Besorgnis. Ich wiederhole: Es besteht kein Grund zur Besorgnis.« Den letzten Satz sprach er so betont aus, als würde der Kapitän versuchen, sich darin seine Anspannung nicht anmerken zu lassen.
    In diesem Augenblick prallte eine heftige Windböe gegen das Wohnmobil, versetzte ihm einen gewaltigen Stoß und schüttelte es heftig durch. David und Karen lachten über den Zufall – das war ja wirklich so, als säßen sie in einem Flugzeug, das bei Sturmwetter zu landen versuchte!
    »Wir müssen irgendwie von der Straße runter«, sagte Dad. »Ich will auf keinen Fall mitten auf einer Brücke stehenbleiben. Wo sind wir überhaupt?«
    Mom warf einen Blick auf die Karte. »Wir überqueren gerade Big Pine Key. Glaubst du nicht, wir können…«
    »Das ist das Risiko nicht wert«, antwortete Dad. »Wenn die Insel groß genug ist, dann sind wir hier besser dran. Vor allem, wenn ich mir den Motor ansehen kann.«
    »Bereithalten zur Notlandung«, verkündete Sean mit der
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