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Was Sie schon immer über 6 wissen wollten

Was Sie schon immer über 6 wissen wollten

Titel: Was Sie schon immer über 6 wissen wollten
Autoren: Holm Friebe
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zugibt: „Die Sieben überzeugt schon deshalb nicht als rational, weil z.B. die Aktiengesellschaft (als wirtschaftlicher Verein – vgl. § 22 BGB) von fünf Personen gegründet werden kann.“
    Da wir gerade von Aktiengesellschaften sprechen: Die DAX-Unternehmen haben im Durchschnitt 6,2 Vorstandsmitglieder, vermeldet der Spencer Stuart Board Index Deutschland 2010. Und die Schweiz wird von sieben Bundesräten regiert, die eine Art kollektives Staatsoberhaupt bilden. Generell scheint ungefähr sieben für Führungsgremien eine gute Größe zu sein. Historische Belege dafür liefert bereits Simmel, der berichtet, dass die mittelalterlichen Zünfte von Ausschüssen in dieser Größenordnung geleitet wurden, die zudem ihre Anzahl im Namen führten: „So benannte man vielfach die Zunftvorsteher nach ihrer Zahl: in Frankfurt hießen sie bei den Wollwebern die Sechse, bei den Bäckern die Achte.“
    Heute werden in typischen Darstellungen von Teams, etwa bei den auf Verdacht produzierten Stockfotos oder bei der Bewerbung von Gruppenarbeitsräumen auf den Websites von Tagungshotels, zumeist sieben Personen ins Bild gerückt. Damit ist der ideale Größenbereich des Teams aber nur ungefähr abgesteckt. So setzt der Bremer Organisationspsychologe Peter Kruse je nach zu bewältigender Aufgabe und Intensität der Zusammenarbeit die Obergrenze höher an. Aus seiner Erfahrung als Berater weiß er: „Wenn ich konkret mit Leuten arbeite, ist das bei mir im Kopf eine 10 geworden. Das ist eine Größe, die ich noch überblicke, bei der die Interaktionen mit und zwischen den Leuten für mich noch überschaubar sind und ich den Eindruck habe, die überschauen das auch. Wenn die Zahl der Beteiligten größer wird, hört die interne, gruppendynamische Vernetzung auf, sinnvoll zu sein, und es bilden sich Teilgruppen.“
    Der Organisationsökonom Mancur Olson hat bereits in den 1960er Jahren in seinem Klassiker Die Logik des kollektiven Handelns empirische Untersuchungen zu Gruppengrößen angeführt. Bei Gruppen, die Entscheidungen fällen sollen, also zum Beispiel Ausschüssen oder Auswahlkomitees, betrug die Durchschnittsgröße 6,5 Teilnehmer, während Gruppen, die nicht auf Entscheidungen ausgerichtet waren, aus durchschnittlich 14 Personen bestanden. Ein gutes Beispiel für Letztere sind Aufsichtsräte, die nicht operativ tätig sind, sondern strategische Leitlinien abnicken und den Vorstand beraten. Ihre durchschnittliche Größe schwankt laut Spencer Stuart Board Index im internationalen Vergleich zwischen 10 in Großbritannien und 15 in Deutschland.
    Damit sind wir bei der nächstgrößeren Einheit jenseits der Intimität der Clique angelangt. Anthropologen wie Robin Dunbar nennen sie „sympathy group“, sie umfasst etwa 12 bis 15 Personen. Aus derPerspektive des Einzelnen wird dieses Layer des persönlichen sozialen Netzes von den ebenso vielen engen Freunden und Bezugspersonen gebildet, mit denen man im regelmäßigen Austausch steht. Und auch diese Größe findet ihre Entsprechung in anderen sozialen Gruppierungen. Eine Gruppe dieser Größe kann sehr heterogen sein, ihre Mitglieder teilen aber in der Regel Grundüberzeugungen und müssen eine gewisse Fähigkeit zur Empathie für die anderen als Individuen aufbringen, um konstruktiv miteinander diskutieren und zusammenarbeiten zu können.
    Dieser Gruppentyp begegnet uns in religiösen Zirkeln, angefangen bei der Jüngerschar der zwölf Apostel um Jesus, in wissenschaftlichen Forschergruppen, in der Politik – Regierungskabinette bestehen häufig aus zwölf bis zwanzig Ministern – oder auch im Gerichtswesen mit seinen zwölf Geschworenen. Wie schwer es sein kann, sich in solchen „Abnickgremien“ gegen den Gruppenzwang zu stemmen, zeigt Sidney Lumets Film 12 Angry Men (Die 12 Geschworenen).
    Auch Mannschaftssportarten wie Fußball oder American Football mit ihren elf Spielern scheinen prototypisch für diese Gruppengröße. Allerdings sollte man hier zwischen der Mannschaft auf dem Feld und dem Kader unterscheiden. Die dominante soziale Formation ist der Kader, der bei einer Fußballmannschaft in der Regel aus 18 bis 25 Personen besteht und aus dem der Trainer ein funktionierendes Team von elf Stammspielern schmieden muss. Deshalb sind Kaderauch immer konfliktträchtig, die Sportteile sind voll von „Streit im Kader“, bei dem jeder – wie bei der Reise nach Jerusalem – versucht, einen Stammplatz zu ergattern.

    Laut Robin Dunbar folgen die Schwellenwerte der
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