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Was Die Liebe Naehrt

Was Die Liebe Naehrt

Titel: Was Die Liebe Naehrt
Autoren: Anselm Gruen
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Mitte.« Zentral für den Hinduismus ist zwar, dass der Mensch »seine Identität mit dem Brahman erkennt, … dass er
     selbst Brahman ist«. Doch auch der Hinduismus kennt die personale Beziehung zum personalen Ishvara, zu dem »als Person gefassten göttlichen Herrn«. Die
     Spannung zwischen diesen beiden religiösen Anschauungen ist allerdings nicht ganz klar. Die hinduistische Theologie versucht, so Klimkeit, »absolutes und
     personales Sein Gottes miteinander auszugleichen«.
    Eine ähnliche Spannung finden wir im Buddhismus. Was wir im Westen Person nennen, das sind für den Buddhismus nur die fünf Daseinsfaktoren:
     Körperlichkeit, Empfindungen, Vorstellungen, Willensakte und Bestätigungen und Bewusstsein. Einen personalen Wesenskern im Sinn einer personalen Seele
     gibt es nicht. Es ist daher eine illusionäre Sicht, am Personenkern festzuhalten. Allerdings gibt es auch im Buddhismus eine Auffassung, der es nicht nur
     um Leerwerden geht, sondern darum, den Buddha im eigenen Geist zu verwirklichen. Die Erweckung des Buddha im eigenen Geist führt zur Selbstfindung, zu
     einer »Heimkehr zu sich selbst«. Doch dieses Selbst wird nicht in der Begegnung gefunden, sondern nur, wenn der Mensch das wahre Leben in der Tiefe des
     eigenen Selbst entdeckt und das eigene Ich preisgegeben wird. Nur dann wird der Mensch fähig zum »Großen Mitleiden«, wie es Buddha Amida gelehrt hat.
Christliche Antworten
    Was ist nun die Antwort der Christen auf diese asiatischen Auffassungen? Wo können wir von ihnen lernen? Wo ist Abgrenzung nötig?
     Zunächst einmal: Es gibt durchaus Ähnlichkeiten. Aber auch klare Unterschiede, die man sich vergegenwärtigen muss. Wer nach Ähnlichkeiten sucht, kann etwa
     das Wort Jesu zitieren: »Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach« (Mk 8,34). Auch der Christ
     muss das Ichhafte loslassen, damit er zu seinem wahren Selbst findet. Die Tiefenpsychologie C. G. Jungs unterscheidet zwischen einem Ich und einem
     Selbst. Das Ich will imponieren und sich in den Mittelpunkt stellen. Das Selbst ist der innerste Personenkern. Er ist durchlässig für Gott – oder wie der
     Buddhismus sagen würde, »für den zeitlosen Grund aller Dinge«. Statt sich in den Mittelpunkt zu stellen, soll der Christ in seine Mitte kommen, dort, wo
     Gott in ihm wohnt. Auch von ihm ist gefordert, sich in der Tiefe seiner Seele für Gott zu öffnen und alles egozentrische Kreisen um sich selbst
     loszulassen.
    Aber bei aller Ähnlichkeit mancher Ideen halten wir Christen doch daran fest: Der einzelne Mensch ist von Gott angesprochen. Er soll nicht nur zum
     göttlichen Grund vorstoßen und sich in ihn hinein aufgeben. Er bleibt vielmehr als Person für immer von Gott angesprochen, auch über den Tod hinaus.
    Eines können wir aber sowohl vom Taoismus, als auch vom Hinduismus und Buddhismus lernen: Wir dürfen die menschliche Person nicht absolut setzen. Das
     Ziel derPerson ist, sich auf das Du Gottes und der Menschen hin zu öffnen und das Pochen auf das eigene Ego aufzugeben. Zwei Gedanken
     sind es, die uns helfen können, uns vor der Absolutsetzung der Person zu bewahren.
    Der eine Gedanke zielt auf die Beziehung zu anderen Menschen. Gerade Martin Buber hat die Bezogenheit zum anderen in seinem dialogischen
     Denken herausgestellt. Der Mensch wird er selbst am Du, in der Begegnung mit anderen Menschen. Wer nur um sich selbst kreist, der stärkt zwar sein Ego,
     aber er verfehlt sein Personsein, das gerade in der Offenheit für andere besteht.
    Der zweite Gedanke zielt auf die Beziehung zu Gott. Da ist einmal die personale Beziehung zu dem Gott, der mich als Person anruft und ins Leben
     ruft. Ich bin in meinem Personsein immer schon auf Gott bezogen. Aber – und da müssen wir auf den buddhistischen Einwand antworten – Gott ist nicht nur
     Du, sondern auch das Geheimnis, das alles durchwirkt, die Liebe, die in allem west. Die Beziehung zu Gott ist daher nicht rein personal. Sie vollzieht
     sich auch, indem wir uns in Gott hinein vergessen, indem wir das eigene Ego übersteigen, um so eins zu werden mit Gott, uns von Gott durchdringen zu
     lassen. Der christliche Gedanke des Heiligen Geistes hat eine Entsprechung in der buddhistischen Idee vom Einswerden mit dem Göttlichen. Der Heilige Geist
     durchdringt uns. Er ist für die christliche Theologie auch Person. Und doch ist in ihm etwas von dem göttlichen Geist verwirklicht, von dem andere
    
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