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Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?

Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?

Titel: Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?
Autoren: Richard David Precht
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der Sowjetunion aufgeteilt. Auf dem Gebiet, das die » Westmächte« besetzt hatten, entstand die Bundesrepublik Deutschland. Auf dem Gebiet, das die Sowjetunion besetzt hatte, entstand die Deutsche Demokratische Republik ( DDR ). Beide Staaten waren sehr verschieden.
    In der DDR war das System » sozialistisch«. Die Fabriken gehörten nicht den einzelnen Menschen, sondern dem Staat. Die Mieten für die Wohnungen waren billig. Und jede Arbeit sollte gleich viel wert sein, so dass auch jeder ungefähr gleich viel Geld verdiente. Als Idee klang das gut. Aber der Staat schaffte nicht die Ungerechtigkeit ab, sondern er schuf neue Ungerechtigkeiten. Wer in der sozialistischen Partei war, der konnte sich gegenüber anderen Menschen Vorteile verschaffen. Und da die Regierung ihrem Volk misstraute, baute sie einen gewaltigen Geheimdienstapparat auf. Die Menschen wurden beobachtet, abgehört und bespitzelt. Und wer den Staat kritisierte, musste mit harten und ungerechten Strafen rechnen. Die Ausreise aus der DDR war (fast) nicht möglich.
    In der Bundesrepublik galt der Grundsatz, dass jeder gleich viel verdienen sollte, nicht. Wer mehr leistete oder einfach mehr Glück und Erfolg (oder reichere Eltern) hatte, der durfte auch viel mehr Geld verdienen als andere Menschen. Und die Fabriken gehörten (bis auf wenige Ausnahmen) nicht dem Staat, sondern einzelnen Menschen. Die Gesellschaft der Bundesrepublik wurde insgesamt schnell reicher als die in der DDR . Dafür gab es zwei wichtige Gründe. Erstens spornt es viele Menschen an, wenn sie die Möglichkeiten haben, durch ihre eigene Leistung mehr zu erreichen als andere. Und zweitens gehörte die Bundesrepublik von Anfang an auf die reichere Seite der Welt. Ihr Aufbau wurde von den USA unterstützt. Sie handelte mit Amerika und den anderen Ländern Westeuropas, die zu den reichsten der Welt gehörten. Die DDR aber konnte ihre Waren fast nur mit der Sowjetunion und den anderen osteuropäischen Ländern tauschen, die viel ärmer waren. All dies machte das Leben in der Bundesrepublik für viele Menschen angenehmer als das Leben in der DDR . Und die Bundesrepublik ließ ihren Bürgern viel mehr Freiheiten zu tun und zu lassen, was sie wollten.
    Seit es die DDR gab, flüchteten viele Menschen in die Bundesrepublik. Die DDR errichtete daraufhin gewaltige Befestigungsanlagen und Sperrzäune. Aber immer wieder kam es zur Flucht. Dreieinhalb Millionen Menschen flüchteten bis 1961 aus der DDR in den Westen. Besonders leicht war dies in Berlin. Die Grenze in der Stadt war 45 Kilometer lang und verlief zum Teil durch enge Straßen. Sie ließ sich nur sehr schwer bewachen. Da beschloss die Regierung der DDR 1961 , mit Zustimmung der Sowjetunion eine Mauer zu bauen, um den Osten Berlins endgültig abzuriegeln. In der Nacht vom 12 . auf den 13 . August begannen die Bauarbeiten. Manche Flüchtlinge nutzten ihre letzte Chance und seilten sich mit Bettlaken aus den Fenstern ab, ließen sich in Sprungtücher der Feuerwehr fallen und übersprangen die noch unvollständigen Absperrungen.
    Die Bundesrepublik und die USA sahen dem Bau der Mauer hilflos zu. » Keine sehr schöne Lösung«, meinte der amerikanische Präsident John F. Kennedy, » aber tausendmal besser als Krieg.« In den nächsten 28 Jahren, in denen die Mauer stand, gab es aber weiterhin Fluchtversuche. Doch die Mauer war sehr streng bewacht. Die Grenzsoldaten der DDR hatten den Auftrag, auf alle Flüchtlinge zu schießen. Nach dem gegenwärtigen Stand des Wissens starben an der Mauer 136 Menschen, die meisten von ihnen junge Männer unter dreißig Jahren.
    Im Herbst 1989 kam es in der DDR zu heftigen Protesten gegen die Regierung. Am 9 . November verlas die Führung der DDR einen Beschluss, wonach in der DDR die Reisefreiheit eingeführt werden sollte. Viele Menschen in Ost-Berlin strömten daraufhin zur Mauer und verlangten, durchgelassen zu werden. Nach einigem Zögern und großer Verwirrung öffneten die Grenzsoldaten die Übergänge. Von nun an war die Mauer keine Bedrohung mehr. Wütende Bürger der DDR und Souvenirjäger zerhackten sie bis auf wenige Abschnitte. So wie die Mauer Stück für Stück zerbrach, so brach auch die DDR zusammen. Am 3 . Oktober 1990 trat die DDR der Bundesrepublik bei. Deutschland war wieder ein einziges Land.
Tja, lustig war das mit der Mauer nicht.
Gar nicht lustig, Papa. Da sind viele Menschen gestorben.
Ich habe dir ja gerade erzählt, was die wichtigsten Unterschiede waren zwischen der
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