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Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Titel: Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1
Autoren: Random House
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Altenpflegeeinrichtung. Sie hatte eine 60-Stunden-Woche, zwei halbwüchsige Kinder und tausend Sorgen. „In diesem Seminar will ich endlich wieder zu mir selbst finden“, wünschte sie sich und sprach von ihrer Zerrissenheit zwischen den Schauplätzen.
    Etwas unsicher stellte sich auch Inga vor: „Ich bin ... es ist vielleicht eine ungewöhnliche Berufsbezeichnung, aber ich bin Olympiasiegerin. Ich spiele Handball in der Bundesliga und will gleichzeitig die beste Mutter für meine Tochter sein. Und das ist hundertmal schwerer, als Tore zu werfen ...“
    So ging es etwa eine Stunde lang. Nach zehn spannenden Lebensläufen von leistungsorientierten Frauen war mir eines klar: Meine Vorannahmen über Menschen, die an Burnout erkrankt oder erschöpft sind, waren falsch. Ausnahmslos alle Teilnehmerinnen hatten es im Leben zu etwas gebracht. Promovierte Juristin oder Olympiasiegerin kann schließlich nicht werden, wer keinen Plan hat und nicht in der Lage ist, zielgerichtet zu arbeiten. Warum also diese große Erschöpfung? Warum diese Müdigkeit?
    In der Mittagspause unterhielt ich mich mit Jessica über klassische Musik und mit Inga über Handball und ich vergaß dabei fast den Zweck des Seminars: Burnout-gefährdete Frauen zu stärken und ihnen neue Lösungen aufzuzeigen. Zurück im Seminarraum erlebte ich die nächste Überraschung. Der Stuhlkreis war perfekter als am Morgen, die Stifte lagen nach Farben sortiert wieder am Flipchart, das mit dem Tagesprogramm beschriebene Blatt Papier war vergrößert ans Pinboard geheftet und der Raum gelüftet. Ohne dass ich irgendetwas gesagt hatte, hatten die Teilnehmerinnen nebenbei für Ordnung gesorgt. An Einsatzwillen fehlte es ihnen also genauso wenig wie an Organisationstalent.
    Diese Frauen waren organisiert. Sie waren geradezu unheimlich organisiert. Sie managten ihre Familien inklusive Mann, Kinder und Katzen, kümmerten sich oft zusätzlich um die eigene Mutter oder die Schwiegermutter, pflegten die Pflanzen oder gar einen Garten. Und sie waren berufstätig. Auch im Job versuchten sie Spitzenleistungen zu bringen, häufig sogar ohne sich anmerken zu lassen, dass sie Familie hatten. Sie organisierten ihren Alltag nahezu perfekt, waren aber dennoch unzufrieden mit ihrer Leistung. Warum? Ihre Ansprüche schätzten sie selbst als sehr hoch ein, sie litten darunter, aber kamen nicht dagegen an.
    Hohe Ansprüche, natürlich. So schrieb es auch das Lehrbuch. Aber die hohen Ansprüche waren nur ein Symptom. Was aber war dessen Ursache? Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr Fragezeichen tauchten auf: Warum lassen sich derart fähige Frauen so sehr stressen? Warum wollen sie immer allen Ansprüchen genügen? Und wie sind sie zu diesen hohen, offensichtlich zu hohen Erwartungen an sich selbst gekommen? Wieso quälen sie sich so damit? Immerhin folgte daraus eine erste Handlungsanleitung an mich: Wie können die Ansprüche berufstätiger Mütter wieder heruntergeschraubt werden?
    Diese Fährte wollte ich unbedingt weiterverfolgen. Ich brannte förmlich auf das nächste Seminar – und war so gespannt wie nie zuvor. Vorgenommen hatte ich mir nur, alle vorgefertigten Meinungen und Glaubenssätze auszublenden. Mein Handeln wollte ich nicht nach starrem Konzept strukturieren, sondern mich zunächst komplett auf die Bedürfnisse und Wünsche der Teilnehmer einlassen. Und ich wollte offen sein für unerwartete Wendungen.
    Heute bin ich froh über mein vorschnelles Ja damals am Telefon. Auf das Pilotprojekt folgten weitere Seminare mit Frauen, später auch mit Männern. Die Teilnehmer haben mir die Augen geöffnet. Es war gut, mein vermeintliches Wissen eine Zeit lang auszublenden. So wurde mir allmählich klar: Was die Fachwelt bislang über Burnout sagte, leuchtete nur einen Teil des Problems aus. Schon die Definition des Syndroms schien mir nun fragwürdig zu sein.
Vorurteil Nr. 2: Nur wer im Arbeitsleben steht, bekommt Burnout
    Wer hat schon von Hausfrauen, Studenten oder Rentnern mit Burnout gehört? Diese Berufsgruppen können höchstens depressiv werden. Wenn eine Hausfrau zum Arzt geht, weil sie nicht mehr weiterweiß, lautet die Diagnose „Depression“ oder „tiefe Erschöpfung“.
    Man weiß doch: Vom Burnout betroffen sind Berufstätige, meist in hohen Positionen, deren berufliche Belastung so groß ist, dass sie irgendwann dem Druck nicht mehr standhalten können. Zeitnot, große Arbeitsbelastung, wachsende Komplexität der Arbeitsabläufe und Verwaltungszwänge:
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