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War against people

War against people

Titel: War against people
Autoren: Noam Chomsky
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»härtesten Konsequenzen«, ohne indes deren Beschaffenheit näher zu spezifizieren.
    Im entscheidenden Schlußparagraphen »beschließt [der Sicherheitsrat], in Übereinstimmung
    mit seinen in der Charta festgelegten Pflichten, sich mit der Angelegenheit weiter aktiv zu
    befassen, um die Durchführung dieser Resolution sowie Frieden und Sicherheit in dem
    betreffenden Gebiet zu gewährleisten« - einzig und allein der Sicherheitsrat, in
    Übereinstimmung mit der Charta.
    Die Tatsachen waren klar und eindeutig. Schlagzeilen lauteten: »Keine Unterstützung für
    automatischen Angriff« (Wall Street Journal), »UN weisen USA zurecht: Keine Drohungen
    bei Vertragsbruch durch den Irak« (New York Times) usw. Großbritanniens UN-Botschafter
    »versicherte seinen Kollegen im Rat bei einem vertraulichen Gespräch, daß die Resolution
    den Vereinigten Staaten und Großbritannien nicht das Recht auf »automatische Angriffe«
    gegen den Irak zugestehe«, falls dieser UN-Delegationen bei der Suche nach chemischen
    Waffen behindere. Die Haltung des Sicherheitsrats verdeutlichte der Botschafter von Costa
    Rica mit folgenden Worten: »Über die Anwendung von Waffengewalt hat nur der Sicherheitsrat
    zu entscheiden.«
    Washington reagierte anders. Der US-amerikanische Botschafter Bill Richardson erklärte,
    daß das Abkommen »dem unilateralen Einsatz von Gewaltmaßnahmen nicht im Wege stehe«
    und daß die USA sich das Recht vorbehielten, Bagdad nach eigenem Ermessen anzugreifen.
    Der Sprecher des Außenministeriums, James Rubin, hielt den Wortlaut der Resolution für
    »weniger wichtig als die vertraulichen Diskussionen, die wir geführt haben«: »Ich behaupte
    nicht, daß wir uns über die Resolution keine Gedanken machen«, aber »wir haben verdeutlicht,
    daß wir im Falle einer Verletzung des Abkommens keine Notwendigkeit sehen, uns erneut
    an den Sicherheitsrat zu wenden.« Der Präsident ließ verlauten, daß die Resolution den
    Vereinigten Staaten »die Gewährleistung biete zu handeln«, falls man mit dem Verhalten des
    Irak nicht zufrieden sein sollte; sein Pressesprecher ließ keinen Zweifel daran, daß militärisches
    Handeln gemeint sei. Die Schlagzeile der New York Times formulierte in aller Deutlichkeit:
    »Die USA bestehen auf dem Recht, den Irak zu bestrafen«. Die Vereinigten Staaten haben das
    unilaterale Recht, Gewalt nach eigenem Ermessen anzuwenden. Punktum.
    Für einige stand selbst diese Haltung unseren formellen Verpflichtungen gegenüber der
    nationalen und internationalen Rechtsprechung noch zu nahe. Der Sprecher der
    Senatsmehrheit, Trent Lott, beschuldigte die Regierung, sie habe die Außenpolitik
    »Subunternehmern überlassen« — nämlich dem UN-Sicherheitsrat. Senator John McCain
    wies warnend darauf hin, daß »die Vereinigten Staaten dabei sind, ihre Macht den Vereinten
    Nationen unterzuordnen«, wozu nur gesetzestreue Staaten verpflichtet sind. Und Senator
    John Kerry fügte hinzu, daß es für die USA »legitim« wäre, in den Irak einzumarschieren, falls
    Saddam »halsstarrig bleibt, die UN-Resolutionen verletzt und weiterhin eine Bedrohung für
    die Weltgemeinschaft darstellt« ganz unabhängig davon, wie der Sicherheitsrat die Lage
    einschätzt. Ein derartiges unilaterales Vorgehen läge »durchaus im Rahmen des internationalen
    Rechts«, wie Kerry es begreift. Der Senator, der zur Fraktion der liberalen »Tauben« zählt und
    als Gegner des Vietnamkriegs zu nationaler Berühmtheit gelangte, sah keinen Widerspruch
    zwischen seiner jetzigen Haltung und seinen früheren Anschauungen. Vietnam habe ihn gelehrt,
    daß Gewalt nur eingesetzt werden solle, wenn das Ziel »erreichbar ist und den Bedürfnissen
    des Heimatlandes dient«. Insofern war Saddams Einmarsch in Kuwait nur aus einem einzigen
    Grund falsch: Er konnte, wie sich herausstellen sollte, sein Ziel nicht »erreichen«. 3
    Auf der liberalen Seite des politischen Spektrums wurde das von Annan erzielte Abkommen
    begrüßt, ohne daß dessen zentrale Gesichtspunkte überhaupt wahrgenommen wurden. Typisch
    für diese verengte Wahrnehmung ist die Reaktion des Boston Globe: Wäre, so meint die
    Zeitung, Saddam nicht zurückgewichen, »so hätten die Vereinigten Staaten nicht nur das Recht
    gehabt, den Irak anzugreifen, sondern es wäre unverantwortlich gewesen, dies zu unterlassen«.
    Keine weiteren Fragen. Die Herausgeber forderten auch einen »universellen Konsens über
    die Ächtung von Massenvernichtungswaffen«: »Die Welt besitzt keine
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