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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Autoren: Theodor Fontane
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Papyrusrolle fand sich an dem Leibe der heiligen Tempelmagd vor. Die Enttäuschung war eine allgemeine. Die Jungfrau hatte schließlich die weite Reise nach Dreilinden zurückgelegt, um, nach dem Befehl des Prinzen, ihre letzte Ruhestätte in der ägyptischen Abteilung der Königlichen Museen in Berlin zu finden.
    Wer sie dort sehen will, frage nach Nr. 8284.
     
9. Kapitel
     
Des Prinzen Friedrich Karl letzte Tage. Tod. Begräbnis. Charakter
    Als der Prinz von seiner Orientreise zurück war, trat er sein Erbe an. Dies bestand im wesentlichen aus: dem Palais am Wilhelmsplatz, einem bedeutenden Barvermögen und der in Westpreußen gelegenen Herrschaft Flatow und Krojanke, wodurch die bis dahin ziemlich bescheidene Geldlage des Prinzen in eine vergleichsweise glänzende verwandelt wurde. Trotzdem aber sollten die Verstimmungen, an denen sein Leben so reich gewesen war, nicht enden. Ja, man darf sagen, daß er sich von Stund an nur noch bedrückter fühlte. Zum Teil war es körperlich. Er litt – was ihm auch ein beinah ängstliches Maßhalten bei Tische vorschrieb – an Blutandrang nach dem Kopf, das aber, worunter er schwerer litt, war ein mehr und mehr zutage tretender Mangel an Freiheit auf Gebieten, auf denen auch der Schlichteste freie Bewegung zu haben pflegt, beispielsweise auf dem Gebiete der Erziehung und des Bestimmungentreffens innerhalb der Familie. So war es ihm ein Schmerz, seinem Sohne Friedrich Leopold die seemännische Karriere, von der er, der Vater, so hoch dachte, durch einen kaiserlichen Befehl verschlossen zu sehen. Dazu kamen direkte Zurücksetzungen: er hatte mit dem Palais des Johanniterordens auch zugleich die Herrenmeisterschaft zu erben gehofft und mußte, als sich Orden und Kaiser in dieser heiklen Frage schlüssig gemacht hatten, dies hohe und ehrenvolle Amt auf seinen Vetter Albrecht, den jetzigen Regenten von Braunschweig, übergehen sehen. Das alles empfand er als eine tiefe Kränkung, 56 und wenn diese Kränkung einerseits an seiner Seele zehrte, so steigerte sie zugleich auch sein körperliches Leiden und zog ihm in der Nacht vom 13. zum 14. Juni 1885 einen Schlaganfall zu, zu dem freilich ein hohes Maß von Unvorsichtigkeit die direkte Veranlassung gegeben hatte.
    Was darüber erzählt wird, ist das Folgende.
    Der Prinz war im Mai 1885 wie gewöhnlich nach Marienbad gegangen und befand sich noch in der Nachkur, als er am 13. Juni einige seiner besten Freunde zur Tafel nach Dreilinden lud. Bei Tische ließ er es an einer nötigen Abstinenz nicht fehlen und hütete sich vor jedem Verstoß. Als er aber, nach Aufhebung der Tafel, seine Gäste bis in die Vorhalle begleitet hatte, kam ihm, bei der herrschenden Schwüle, plötzlich die Lust, noch ein Schwimmbad zu nehmen. Er fuhr denn auch nach dem Wannsee hinaus und schwamm eine gute Weile. Jedenfalls zu lang. Als er aus dem Bade kam, empfand er sofort ein starkes Frösteln und eilte nach Dreilinden zurück, um sich hier niederzulegen und vor allem für Wiederherstellung einer normalen Temperatur Sorge zu tragen. Aber schon zwischen 2 und 3 Uhr rief er seinen im Nebenzimmer schlafenden Leibdiener: »Goerz, Goerz, nun ist es zu Ende; jetzt muß ich sterben.« Und es war so. Der Prinz überdauerte noch den nächsten Tag, starb aber am 15. Juni vormittags. »Gott sei mir gnädig«, waren seine letzten Worte. 57
     
    *
     
    Drei Tage später, am 18. Juni, hielt ihm Generalsuperintendent Kögel die Parentation in der Garnisonkirche zu Potsdam.
    »Trauer und Bestürzung«, so hieß es in der Kögelschen Rede, »hat uns ergriffen. Ein Schwert ist über Nacht zerbrochen, ein Schild von Erz jählings zersprungen, von uns geschieden ein ritterlicher Prinz, der dem Sinn seiner Ahnen verwandt war, jenen gewaltigen Soldatenkönigen, die hier in der Grabkammer unter der Kanzel ruhn. Ein Führer und Feldherr des preußischen, des deutschen Heeres ist heimgegangen, ein Held mit dem Lorbeer dreier Feldzüge. Die Fahnen senken sich umflort. Unser greiser Kaiser und König sieht in ihm den einzigen Sohn seines letztabberufenen Bruders in ein frühes Grab dahinsinken. Und mit dem Kaiser trauert das Heer, das er so oft und so glänzend zum Siege führte. Stand doch der Dahingeschiedene da, wie das Symbol unerschrockener Mannhaftigkeit, wagenden Reitermuts, unbeugsamer Beharrlichkeit, war er doch, um ein an ihn gerichtetes Dichterwort zu zitieren, ›Dem roten Aare gleich im Schilde von Brandenburg‹.« So Kögel. Nach dieser Feier in der Garnisonkirche zu
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