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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883
Autoren: Walloth
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Teppiche, das Gold und das Elfenbein, sie frug nach dem Wert der Stickereien und wußte die Stoffe mit Namen zu nennen.
    »Und in solchem Glanze lebst du Glücklicher?« rief sie, indem sie ihn küßte, aber mit einer Ehrerbietung, die ihm ein Lächeln abnötigte.
    »Gewiß,« sagte Menes gleichgültig. Er dachte nur an die Nachrichten über Myrrah; was galt ihm dieser hohle Prunk, gern hätte er ihn hingegeben für ein Wort von der Geliebten. Als sich Asso an die sie umglänzende Pracht gewöhnt, fühlte sie sich bald nach Weiberart so heimisch darin, als sei sie unter dem Thronhimmel geboren.
    »Nun aber sprich mir endlich von Myrrah,« sagte Menes, ungeduldig auf einer kostbaren Schale mit den Fingern trommelnd. Asso nahm ihm behutsam die Schale aus den Händen, sie außer Bereich seiner Finger stellend; denn es sei doch schade um die teure Masse, meinte sie, der König würde zürnen, wenn sie zerbräche.
    »Myrrah!« begann Asso, sich über das nun aufgetragene Mahl hermachend, »o mein lieber Sohn, was soll ich dir über sie sagen? Laß mich heute schweigen über diesen unerquicklichen Gegenstand. Du siehst, ich bin ermüdet von der Reise, morgen wollen wir weiter darüber sprechen.«
    »Du kannst dir denken, wie sehr ich danach verlange,« sagte Menes, »von ihr zu hören, denn meine Neugierde ward durch allerlei Gerüchte, die zu mir gedrungen, in hohem Grade erweckt.«
    »Der Drang, dir von ihr Kunde zu geben, hat mich hierher geführt,« erwiderte ihm Asso ernst, »erkenne daran meinen liebevollen Eifer; doch bin ich noch zu erregt, um mit Ruhe von ihr zu sprechen. Erlasse es mir heute, mein Sohn.«
    Menes vermochte trotz allen Bemühungen nichts mehr über das Mädchen zu erfahren. Es blieb ihm nichts anderes übrig als der Mutter ihre Zimmer anzuweisen, die sich in der Nähe der seinigen befanden, und die der König, sobald er die Nachricht von der Ankunft Assos erhalten, ihr bereitwillig zur Verfügung gestellt hatte. Asso gab dem ungestüm in sie Dringenden nur einige Andeutungen, die seine Neugierde aufs äußerste spannen mußte, ohne sie zu befriedigen. Als ihr Menes am folgenden Tag zu verstehen gab, er habe von der verstorbenen Rebekka einen Wink über Myrrahs Lebenslauf erhalten, nickte Asso traurig mit dem Haupt, fuhr ihm zärtlich über die Wangen und nannte ihn ihren lieben Sohn. Nach einigen Tagen ließ sie zuweilen dunkle Bemerkungen über die Treue im allgemeinen fallen, verbreitete sich weitschweifig über die Unbeständigkeit gewisser Weiber und säte so auf jegliche Weise Besorgnis in das Herz ihres Sohnes, indem sie sich stellte, als könne sie das, was er endlich doch einmal erfahren mußte, ihm nicht sagen, ohne grausam zu werden und sie wolle diesen Akt der Grausamkeit so weit hinaus schieben als nur möglich, da es für eine zärtliche Mutter doch gar zu hart sei, den eigenen Sohn zu verwunden. Es läßt sich denken, daß, als er dies beobachtete, Menes' Gemüt nur zu sehr ahnte, welche traurige Nachricht man ihm verheimlichen wollte, er ward still und finster, er verlor sein offenes, zutrauliches Wesen völlig, ja er veränderte sich so sehr, daß selbst der König ihn oft mit besorgten Blicken betrachtete. Endlich vermochte er sich nicht länger zu beherrschen. Als er einst müde von einem Spaziergang heimkehrte, der seinen Geist, statt ihn zu zerstreuen, noch mehr verfinsterte, trat er vor seine Mutter, ihr geradezu erklärend, wenn sie ihm nicht sofort genaue Auskunft erteile, was sich mit Myrrah seit seiner Abwesenheit zugetragen, würde er noch in dieser Stunde nach Memphis segeln. So in die Enge getrieben, rückte denn Asso mit der Sprache heraus, indem sie ihren Zügen einen mitleidigen Ausdruck zu geben sich bemühte. Sie begann zögernd damit, sie habe Myrrah, wie sie versprochen, gepflegt, aber das Mädchen habe nur noch kurze Zeit nach seiner Abreise um ihn getrauert. Bald habe sich der Eindruck verwischt, den er auf sie gemacht, fröhlich singend sei sie durchs Haus gewandelt, als ob Menes nie gelebt. Dann berichtete sie, wie Isaak sich um ihre Hand beworben, und wie die leichtfertige Jüdin nicht lange gezögert, diese ihm zu geben. Sie, Asso, habe gar manchmal Myrrah aufgefordert, ihm, Menes, zu schreiben, sie habe dies leider immer abgelehnt, ja, sie müsse gestehen, die Treulose habe sogar öfter über Menes' ehrlich gemeinte Briefe gelacht. »Es sei ein gar zu guter Junge,« habe sie einmal gesagt, »aber sie könne nun einmal nichts dazu, daß sie Isaak, ihren
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