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Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
Autoren: Henry David Thoreau
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Vögel ringsum sangen und geräuschlos durch das Haus flatterten. Erst wenn sich die Sonne in meinem Fenster gen Westen spiegelte, oder das Rollen eines Reisewagens auf der fernen Landstraße erklang, kam mir der Gedanke, wie schnell die Stunden verflogen. In solchen Stunden wuchs ich wie der Mais in der Nacht. Sie waren auch weitaus besser angewendet als irgend ein Werk meiner Hände hätte sein können. Sie wurden meinem Erdenwallen nicht abgezogen, sondern zugelegt." Die Stunden wurden ihm nicht durch das Schlagen einer Uhr zersetzt. In Mondnächten ließ er auf dem Teich im Boot sich treiben und weckte mit seiner Flöte Klang das Echo der schlummernden Wälder. ... In seiner Kleidung war er völlig anspruchslos. Er trennte sich ungern von alten Schuhen und Socken, sie waren ihm mit der Zeit vertraute Freunde geworden. Seine Nahrung bestand aus Reis, Maismehl, Kartoffeln und Bohnen. Nur selten fing er sich ein Gericht Fische im Waldenteich, noch seltener aß er gesalzenes Schweinefleisch. Wasser war sein einziges Getränk. Sein Brot buk er selbst.
     
    Im Spätherbst des Jahres 1845 versah er sein Häuschen mit Bewurf und baute einen Kamin. Jetzt erst wurde sein Haus sein Heim. Doch war er täglich stundenlang bei jedem Wind und Wetter im Freien, machte heute einer einsamen Edeltanne Besuch, dieeinige Meilen entfernt auf einem Hügel wuchs und ging morgen zu einem Murmeltier, mit dem er sich "verabredet hatte". Die langen Abendstunden benutzte er dazu, die Notizen, die er während seiner Wanderungen flüchtig niedergeschrieben hatte, in sein Tagebuch zu übertragen. Auf Emersons Rat hatte Thoreau kurz nach der Studentenzeit in Harvard begonnen, täglich seine Gedanken und Beobachtungen aufzuzeichnen – ein Tagebuch zu führen. Er setzte es – auch hierin eine Ausnahme unter Tausenden, wie Torrey sehr richtig bemerkt – getreulich bis zu seinem Tode fort. Diese Tagebücher sind erhalten: mehr als dreißig Bände, von denen manche mehr als hunderttausend Worte enthalten. Sie sind ein Denkmal des Sehnens und Strebens, des hohen Fluges dieses reinen Menschen, ein Schatz herrlicher Gedanken, haarscharfer Naturbeobachtungen und wunderbarer Landschaftsbilder. Unaufhörlich hat Thoreau an diesen Tagebüchern gearbeitet. Jeder Satz wurde auf das gewissenhafteste erwogen und gefeilt. Seine Absicht, aus diesen Tagebüchern "ein Buch der Jahreszeiten zu schaffen, in welchem jede Seite unter freiem Himmel in der jeweiligen Jahreszeit geschrieben sein sollte" wurde von Blake ausgeführt, der aus ihnen mit großer Sorgfalt und Liebe die drei Werke: Sommer, Winter und Herbst zusammenstellte. Eine stimmungsvolle deutsche Übersetzung des "Winter" ist bereits bei Karl Lucas, Paderborn erschienen. Und obwohl ferner viele Gedanken unmittelbar aus diesen Tagebüchern in seine Werke überflossen, bleibt doch eine solche Fülle kostbarer Früchte zurück, daß wir mit Freude die im Januar dieses Jahres begonnenen Publikationen aus diesen Tagebüchern in "The Atlantic Monthly" (Boston) begrüßen müssen.
     
    Es ist indessen falsch, anzunehmen, daß Thoreau während seines Aufenthaltes am Walden menschliche Gesellschaft mied. Das lag nie in seiner Absicht. Er ging in jeder Woche mehrfach zum Dorf, auch im tiefsten Winter, schlenderte die Dorfstraße entlang, sprach mit Freunden und Bekannten, blieb manchmal bis zum späten Abend bei ihnen und kehrte nachts durch die dunklen Wälder zu seiner Hütte zurück. Auch kamen viele – meistens neugierige – Besucherzu ihm. Seine Tür hatte kein Schloß und keinen Riegel, sie stand bei Tag und bei Nacht offen. Vögel kamen in's Haus geflattert, Bienen in großer Zahl fühlten sich darin wohl und schliefen bei ihm im Bette, ohne ihn je zu belästigen. Unter dem Fußboden hatte ein Hase Wohnung genommen und früh morgens weckte ihn ein Eichhörnchen, das an den Wänden und auf dem Dach des Hauses auf und ab lief. Am liebsten waren ihm Kinder oder die einfachsten Menschen – Holzfäller, Fischer, Jäger, kurz jene Leute, die viel mit den ewigen Dingen, fernab vom Menschengetümmel, verkehren. Sie waren einer freundlichen Aufnahme jederzeit sicher. Dilettierende Weltverbesserer dagegen, Schwätzer und heuchlerische Philanthropen, die nicht wußten, wann sie ihren Besuch zu beenden hatten, ließ er ohne weiteres allein und "antwortete ihnen aus immer größerer Entfernung." –
     
    Die auswärtige Politik der Vereinigten Staaten während des Krieges mit Mexiko hatte Thoreau tief verstimmt. Sie
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