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Wald der Masken

Wald der Masken

Titel: Wald der Masken
Autoren: Horst Hoffmann
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erinnerte sie sich nur noch dumpf. Die Nacht war schrecklich gewesen, und erst vor einer Stunde hatte sie Korlok und Spogar in einer Bodenmulde entdeckt, die sie sich selbst gegraben hatten.
    Die Baummenschen waren ihr jetzt keine Hilfe, im Gegenteil. Sie wußten, daß die Hälfte ihrer Gefährten schon umgekommen waren, und schienen vollkommen vergessen zu haben, warum Courmin sie ausgeschickt hatte. In ihren Augen standen die Angst und die Gier. Alles, was sie noch interessierte, waren die Schätze, die ihnen bisher verborgen geblieben waren. Sowohl Korlok als auch Spogar dachten allein noch daran, sich zu bereichern und dann so schnell wie möglich aus dem Wald zu fliehen.
    Dabei gerieten sie und Ilfa immer tiefer in ihn hinein. Er war viel riesiger, als das Mädchen es sich vorgestellt hatte. Und da sollte sie Mythor und die übrigen Versprengten wiederfinden?
    »Kommt endlich weiter!« fuhr sie ihre Begleiter an, als sie wieder Steine aus dem Boden hoben und darunter nachschauten, ob sie nicht von den Aegyr auf ihre Waffen, Edelsteine oder Totenmasken gewälzt worden waren. Auch vor den Masken, die bisher ein Tabu dargestellt hatten, wollten sie offenbar nicht mehr haltmachen. Natürlich stellten sie das Wertvollste dar, das sich hier finden ließ. Courmin aber hatte ausdrücklich verboten, sich an ihnen zu vergreifen, bevor Mythor nicht die Maske des Oggrym entdeckt hatte.
    Korlok ließ einen Fels zurückkippen, als Spogars Kopf noch unter ihm war. Spogar vermochte sich im letzten Augenblick in Sicherheit zu bringen.
    »Das hast du mit Absicht getan!« schrie er den anderen an.
    »Nein!« beteuerte Korlok. »Ich kann nicht mehr. Meine Beine tragen mich kaum noch, wie soll ich da den Stein halten!«
    »Bei allen Göttern, seid leiser!« ermahnte Ilfa sie. »Oder wollt ihr den Mangokriegern verraten, wo wir stecken?«
    In Korloks Augen leuchtete es auf.
    »Mangos«, flüsterte er. »Ja, die Reiter des Chaos ermüden nie…«
    Ilfa begriff noch nicht, was er damit meinte. Sie marschierten weiter, ziellos, immer dorthin, wo es die wenigsten Hindernisse zu überwinden gab. Einige Male fing Ilfa einen Blick von Korlok auf und erschrak. Der Wahnsinn griff mit glühenden Klauen nach seinem Geist.
    Als rechts des Weges ein Herzfrüchtebaum auftauchte, war es zu spät. Weder Ilfa noch Spogar konnten verhindern, daß Korlok sich eine der zuckenden Früchte abriß und zwischen die Zähne schob.
    »Rührt mich nicht an!« rief der Besessene. Er riß sein Schwert aus dem Gürtel. »Ich warne euch nur einmal! Die Herzfrucht wird mich so stark wie die zornigen Reiter machen!« Er kaute und schluckte die Stücke herunter. »Wenn ihr klug seid, eßt ihr sie auch, und…«
    Spogar hielt Ilfa zurück, als sie sich auf den Baummenschen stürzen wollte. Korloks Augen weiteten sich. Er stieß einen heiseren Schrei aus. Seine Hand ließ das Schwert fallen, und im nächsten Moment lag er zuckend am Boden.
    »Es… verbrennt mich!« krächzte er heiser.
    Noch einmal schrie er. Erschüttert, starr vor Entsetzen mußte Ilfa mit ansehen, wie ein letztes Beben durch den Körper ging. Dann lag Korlok still.
    »Er war ein Narr«, schimpfte Spogar. »Ein verdammter Narr, der es nicht besser verdient hat!«
    »Wie kannst du so etwas sagen?« fragte das Mädchen angewidert.
    Spogar winkte ab und ging weiter, ohne noch einen Blick an den Toten zu verschwenden.
    Ilfa nahm Korloks Schwert und steckte es in ihren Köcher, in dem nur noch wenige Pfeile waren. Sie hatte Spogar noch nicht wieder erreicht, als er wie angewurzelt stehenblieb.
    »Hörst du das?« fragte er leise.
    Es war eine klagende Stimme, die von überallher zu kommen schien.
    »Der Geist eines gefallenen Aegyr«, flüsterte Spogar. »Seine Maske muß in der Nähe sein!«
    Von da an war er nicht mehr zu halten. Er, der den Gefährten einen Narren gescholten hatte, hetzte von einer Richtung in die andere und zerteilte Dornengestrüppe mit seiner Klinge. Wieder kam Ilfa nicht dazu, das Verderben aufzuhalten, denn plötzlich hörte sie hinter sich ein Knurren und Schritte.
    Sie fuhr herum, einen Pfeil schon, an die Sehne des Bogens gelegt.
    Als sie Roar und Zomfar erblickte, atmete sie erleichtert auf.
    »Den Göttern sei Dank«, sagte sie. »Und ich dachte schon, daß die Mangokrieger uns gefunden hätten. Hast du Mythor gesehen, Roar?«
    Sofort hätte sie sich am liebsten die Zunge abgebissen, denn wenn Roar nun bejahte, konnte er Mythor nur als Toten gefunden haben – sonst wäre er
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