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Wahrheit (Krimipreis 2012)

Titel: Wahrheit (Krimipreis 2012)
Autoren: Peter Temple
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heißt sie?«, fragte Villani.
    »Sie wissen es nicht«, sagte Dove. »Die wissen nichts über sie. Es wurde kein Ausweis gefunden.«
    »Nachbarn?«
    »Gibt keine. Sechs Wohnungen auf dieser Etage, alle leer.«
    Der Aufzug kam, sie fielen dreißig Stockwerke tief. Im
sechsten warteten an einem Schreibtisch drei Anzugträger, zwei Männer und eine Frau. Der dickliche Mittfünfziger trat vor, strich welke Haare zurück.
    »Alex Manton, Gebäudemanager.«
    Dove sagte: »Das ist Inspector Villani, Leiter des Morddezernats. «
    Manton streckte die Hand aus. Sie fühlte sich trocken an, kreidig.
    »Wir sollten im Besprechungsraum reden, Inspector«, sagte Manton.
    In dem Raum hing ein diffus meermäßig anmutendes, mindestens fünf mal drei Meter großes Gemälde an der Wand, blaugraue, möglicherweise mit einem Mopp aufgetragene Schlieren. Sie nahmen an einem langen Tisch mit Beinen aus verchromtem Rohr Platz.
    »Wem gehört das Apartment?«, fragte Villani.
    »Einer Firma namens Shollonel Pty. Ltd., Firmensitz im Libanon«, sagte Menton. »Unseres Wissens ist es nicht bewohnt.«
    »Sie sind sich nicht sicher?«
    »Nun, so etwas zu wissen, ist keine Selbstverständlichkeit. Leute kaufen Wohnungen, um darin zu wohnen, als Geldanlage, für spätere Nutzung. Manche wohnen da überhaupt nicht, andere für kurze oder lange Zeiträume. Wir bitten die Leute, sich anzumelden, wenn sie hier wohnhaft sind. Aber man kann sie nicht zwingen.«
    »Wie wurde sie gefunden?«, fragte Villani.
    »Sylvia«, sagte Manton. »Unsere Chefconcierge, Sylvia Allegro.«
    Die Frau, ein Puppengesicht. »Die Wohnungstür war nicht ganz geschlossen«, sagte sie. »Das Schloss schnappte nicht ein. Dadurch wird in der Wohnung ein Alarmton ausgelöst. Wenn man die Tür nicht innerhalb von zwei Minuten schließt, wird die Security alarmiert, die in der Wohnung anruft. Falls das zu nichts führt, fahren Sicherheitsleute nach oben.«

    »Die binnen vier, fünf Minuten eintreffen?«, sagte Villani.
    Sylvia sah Manton an, der den anderen Mann ansah, Mittvierziger, ein Kopf wie die Eichel eines Penis.
    »Wohl nicht ganz«, sagte der Mann.
    »Und Sie sind?«, fragte Villani.
    »David Condy, Securitychef für Apartments und Hotel.« Er war Engländer.
    »Was heißt ›nicht ganz‹?«
    »Wie man mir sagte, hat die gesamte Elektronik gestern Abend bei ihrer ersten großen Generalprobe versagt. Bei der Eröffnung des Kasinos. Orion. Vierhundert Gäste.«
    »Zur offenen Tür. Gibt Ihnen das elektronische System den Zeitpunkt an?«
    »Im Prinzip ja. Aber da das …«
    »Also nein?«
    »Ja. Nein.«
    »Da oben gibt es Alarmknöpfe.«
    »In allen Wohnungen.«
    »Die nicht betätigt wurden?«
    Condy schob sich einen Finger unter den Hemdkragen. »Dafür gibt es kein Indiz.«
    »Sie wissen es nicht?«
    »Es ist schwer zu sagen. Wegen des Systemversagens haben wir keine Aufzeichnungen.«
    »Dann ist es nicht schwer«, sagte Villani, »sondern unmöglich. «
    Manton hob eine Patschehand. »Ein Wort zu den Gründen, Inspector, es war eine umfassende IT-Fehlfunktion. Da sie mit dieser Angelegenheit zeitlich zusammenfällt, stehen wir ein wenig blöd da.«
    Villani sah die Frau an. »Das Bett wurde abgezogen. Wie könnte man sich der Laken und so weiter entledigen?«
    »Entledigen?«
    »Sie loswerden.«

    Die Frau warf einen kurzen Blick auf Manton. »Nun, der Müllschlucker, nehme ich an«, sagte sie.
    »Lässt sich feststellen, woher der Müll gekommen ist?«
    »Nein.«
    »Erklären Sie mir dieses Gebäude, Mr. Manton. Ein Überblick genügt.«
    Mantons rechte Hand konsultierte seine Haare. »Wenn man oben beginnt, vier Etagen mit Penthouses. Dann kommen sechs Etagen mit vier Wohnungen pro Stockwerk. Darunter liegen vierzehn Etagen mit Apartments, sechs pro Stock. Es folgen die drei Freizeitetagen, Swimmingpools, Fitnessräume, Wellnesseinrichtungen und dergleichen. Anschließend noch zwölf Etagen mit Apartments, acht pro Stockwerk. Dann die vier Kasinoetagen, das zehnstöckige Hotel sowie zwei Stockwerke für Catering und Housekeeping. Und diese drei Etagen hier mit Empfangsbereichen, sprich Concierge, Verwaltung und Security. Das Kasino hat seine eigene Security, doch deren Systeme sind mit denen des Gebäudes verzahnt. «
    »Oder auch nicht.« Villani zeigte nach unten.
    »Unter uns liegen die Geschäftsetagen, Einzelhandel, Bewirtung, das Einkaufszentrum im Erdgeschoss. Fünf unterirdische Ebenen mit Parkmöglichkeiten und Haustechnik. «
    Die Tür, die in Villanis
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