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Wahrheit (Krimipreis 2012)

Titel: Wahrheit (Krimipreis 2012)
Autoren: Peter Temple
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tosende Wind ab, ein Augenblick der Windstille, als holte er Atem. Dann drehte er sich, als würde er zu einem anderen Ort hingezogen, er drehte sich, und sie spürten die Veränderung auf ihren Gesichtern. Das Feuer stand still, kam nicht weiter, nährte sich nur noch von sich selbst, hatte keine Nahrung, keinen Sauerstoff mehr, alles war verbrannt.
    Lange blieben sie stumm. Sie konnten nicht glauben, dass dieses schreckliche Monster weitergezogen war, dass sie am Leben bleiben würden. In der Stille hörten sie den Feuerwehrhubschrauber, er kam aus dem Nichts, hing mit dem Rumpf über ihnen und ließ einen kleinen Stausee Wasser auf das Haus fallen.
    »Nie kriegt man die Luftunterstützung, wenn man sie braucht«, sagte Bob.
    Sie zogen die Leiter in den Tank. Luke kletterte hoch, die anderen schoben die Leiter hinaus, und Luke rutschte darauf nach unten. Auf ihn folgte Mark, dann Gordie.
    Villani sagte zu Bob: »Du bist der Nächste.«
    Bob sah ihn kopfschüttelnd an. »Ja, Chef«, sagte er.
    Ohne ein weiteres Wort machte sich Villani auf den Weg. Der Hund zögerte, folgte, sah sich nach Bob um. Bob kam nach, sie gingen Seite an Seite, mit nassen Klamotten, das Wasser aus dem Tank dampfte.
    Sie gingen über die schwarzen, qualmenden Koppeln, hinunter zu dem untersten Tor, die Pfosten brannten noch, sie
überquerten die Straße, die nirgendwohin führte, gingen über die Anhöhe.
    Da stand der Wald.
    Versengt, die äußeren Bäume waren angekokelt. Sie würden ein paar verlieren. Doch überall, in ihren Grüppchen, Haufen und Reihen, standen die Eichen in ihrem vollen, herrlichen Sommergrün.
    Bob Villani legte seinem Sohn den rechten Arm um die Schultern, zog ihn linkisch an sich, küsste Villanis Schläfe, die aschebestreuten Haare.
    »Hast auch bei den Jungs keine ganz schlechte Arbeit geleistet«, sagte er. »Hast dich um sie gekümmert. Das hätte ich schon längst mal sagen sollen.«

D as Linoleum ließ sich leicht aufklappen. Er schob das Tafelmesser in die Lücke und hob die Falltür an, steckte zwei Finger in den Spalt, öffnete sie.
    Es war eine kleine Werkzeugkiste, wie sie vielleicht ein Elektriker mit sich trug, der Deckel wurde von einem Scharnierverschluss gehalten.
    Villani stellte die Kiste auf den Tisch, öffnete sie.
    Fünf oder sechs von Gummibändern zusammengehaltene Bündel Geldscheine. Hunderter, Fünfziger, Zwanziger, Zehner, Fünfer. Vielleicht zwanzigtausend Dollar.
    Unter dem Geld lag ein Stück Pappe, aus einem Hemdenkarton geschnitten.
    Er hob es mit dem Tafelmesser an.
    Ein Abhörgerät der altmodischen Sorte. Ein winziger Kassettenrekorder und ein Knopfsender.
    Villani legte das Geld in die Werkzeugkiste, verließ das Haus, stellte die Kiste in den Kofferraum, stieg in den Wagen. Er saß da und betrachtete den Rekorder. Einen Lautsprecher hatte er nicht, er musste in einen eingestöpselt werden.
    Greg Quirk hatte eine Wanze getragen? Wessen Wanze?
    Er fuhr in die St. Kilda Road, nahm den Aufzug in die Kriminaltechnik. Der kleine Mann, der in seiner Freizeit Spiele entwickelte, nahm das Gerät in Empfang. Sie gingen zu einer Werkbank. Er gab Villani Ohrhörer, drückte auf Tasten.
    Alter, ich bin nicht zufrieden. Überhaupt nicht zufrieden.

    Ich konnte doch nicht wissen, dass sie Scheiße bauen würden. Woher sollte ich das wissen?
    Das zu wissen, ist dein Scheißjob, Greg. Ich mach diesen Mist nicht für ein Taschengeld, Jungchen. Wenn man diese blöden Penner ausrauben will, ist das riskant, da muss es sich auch lohnen.
    Ja, klar, für mich ist der Mist auch riskant. Sie sind nicht der Einzige, der irgendwelche Scheißrisiken eingeht.
    Ich brauch dreißig Riesen, und zwar pronto. Muss ’nem Kumpel helfen.
    Scheiße, jetzt setzen Sie mich unter Druck, so geht man nicht mit mir um, Dancer, das gehört sich nicht…
    Villani nahm den Kopfhörer ab. Er nahm den Rekorder. Er ging quer durch den lauten Raum in sein Büro, trat ans Fenster und schaute auf die Stadt.

A n einem Tag im Spätherbst absolvierten sie ihren Auftritt vor den Fernsehkameras, alle drei in Uniform, ihre neuen Rangabzeichen hatten sie angelegt.
    Premierministerin Karen Mellish hielt eine kurze Rede. Sie sagte, es sei ihr eine große Freude, den neuen Polizeichef, den neuen stellvertretenden Polizeichef und den neuen Leiter der Kriminalpolizei vorzustellen. Für die Polizeikräfte sei damit eine Ära der Reform angebrochen, eine Ära der Erneuerung, eine Ära, in der die Bürger die öffentlichen Räume dieser
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