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Wahrheit (Krimipreis 2012)

Titel: Wahrheit (Krimipreis 2012)
Autoren: Peter Temple
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großen Baumbestände, flogen über braungelbes, leeres Weideland. Am gesamten Horizont sahen sie den Rauch, bis weit hinauf in einen Himmel, der darüber unglaublich sauber und blau war.
    Nach einer ganzen Weile und aus großer Entfernung sahen sie die roten Ränder des Feuers, wie Blut, das unter einem schmutzigen Verband hervorsickerte.
    Der Funkverkehr nahm kein Ende, ruhige Stimmen in dem elektronischen Störfeuer.
    »Ich muss mich von den Feuerwehrhelis fernhalten«, sagte der Pilot. »Wir nehmen den Weg außen herum.«
    »Hab deinen Patienten verhaftet«, sagte Villani zu Mark. »Kenny Hanlon.«
    »Ist nicht mein Patient«, sagte Mark. »Hab keine Patienten. Ich gehe nächste Woche nach Afrika. Darfur.«
    »Gibt es Biker in Darfur? Eine Ortsgruppe der Hellhounds? «
    »Du kannst mich mal«, sagte Mark.
    Irgendwann sahen sie in einiger Entfernung Selborne, dem sie sich aus südwestlicher Richtung näherten, und jenseits des Weilers, in Richtung Bobs Anwesen, stand die Welt in Flammen, die Straße war eine sich schlängelnde Allee, deren Bäume orangefarben brannten, die Luft war finster.
    »Vermutlich geh ich doch nicht in den Knast«, sagte der
Pilot mit normaler Stimme. »Vermutlich werd ich hier oben sterben.«
    »Ruhig Blut, mein Junge«, sagte Luke. »Einfach nur dem Straßenverlauf folgen. Sie haben den besten Cop, den besten Arzt, den besten Pferderennenansager des Landes an Bord. Bauen Sie keinen Mist.«
    »Ein Dreamteam«, sagte der Pilot. »Heiliger Christ, steh mir bei.«
    Sie folgten der lodernden Straße in die dunklen und bedrohlichen Hügel hinauf, der Hubschrauber ruckelte, wurde von den Luftströmungen nach oben, nach unten und zur Seite gestoßen, alles trieb hilflos in der Hitze.
    Plötzlich waren sie über der Farm, dem Haus, den Schuppen, dem Stall, den Pferdekoppeln.
    Der Wald. Unversehrt, wild bewegt.
    »Auf der Koppel, Black Hawk One«, sagte Luke.
    Und dann waren sie auf dem Boden, und Luke klopfte dem Piloten anerkennend auf die Schulter, sie drängten sich ins Freie, die Hitze war beängstigend, raubte ihnen den Atem, ein schrecklicher Lärm, der Pilot schrie: »Ihr dämlichen Vollidioten. «
    Sie liefen, und der Hubschrauber stieg auf, überschüttete sie mit Erde, Steinen und vertrockneter Vegetation.
    Inmitten dieses furchterregenden, glühend heißen Tages, während hinter ihnen in Feuer und Rauch und mit dem Lärm einer Million Kosakenreiter, die über eine knochentrockene, harte Ebene galoppierten, Armageddon dräute, standen Bob und Gordie am Zaun.
    Bob sprach. Sie hörten ihn kaum. »Alle drei auf einmal krieg ich hier nicht oft zu sehen«, sagte er. »Wem kommt ihr denn zu Hilfe?«

I n dem Hochofenwind, in dem sie manchmal weder atmen noch reden oder einander hören konnten, kämpften sie den dunklen Tag über und bis in den späten Nachmittag hinein, um das Farmhaus und die Nebengebäude zu retten.
    Als sie alle Schlachten verloren hatten, als die glühenden Holzstücke wie Salven von Leuchtspurgeschossen auf sie zuflogen, als die Feuerbälle in der Luft explodierten, nahm Bob die große Motorsäge und schnitt, unter dem ohrenbetäubenden Kreischen von Metall auf Metall, den oberen Teil des Regenwassertanks aus Wellblech ab.
    Gordie lehnte eine Leiter außen an die Tankwand, und sie stiegen hinauf, warfen sich in das warme Wasser, fühlten den schleimigen Boden unter den Füßen, schoben sich bis an die von den Flammen am weitesten entfernte Wand.
    Bob kam als Letzter. Zuerst reichte er Gordie den Hund, dann stieg er die Leiter hoch, wand sich zwischen zwei Sprossen hindurch, blieb eine Weile unter Wasser, tauchte wieder auf, die Haare an den Schädel geklatscht. Er sah wieder aus wie ein Junge.
    Sie standen in dem Tank, ihre Schultern berührten sich, Wasser bis ans Kinn, es gab nichts mehr zu sagen. Das war das Ende von Eitelkeit und Ehrgeiz. Darauf lief es hinaus, sie alle fünf, Bobs Jungs waren alle hier, um mit ihm gemeinsam zu sterben, irgendein Instinkt, irgendein surrender Draht hatte sie in diesen dröhnenden, tosenden Warteraum des Todes gezerrt, damit sie gemeinsam in einem rostenden, schartigen Fass starben.

    »Was war mit diesem Pferd, Stand of the Day?«, fragte Luke.
    »Einfach Spitze«, sagte Bob. »Ich brauch mehr Tipps wie den.«
    Sie sahen einander nicht an, Asche sank auf sie herab, klebte auf ihren Gesichtern, lag auf dem Wasser, bedeckte das Gesicht des alten gelben Hundes, den Bob an seinen Brustkorb drückte.
    Und dann, im letzten Moment, brach der
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