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Wahrheit (Krimipreis 2012)

Titel: Wahrheit (Krimipreis 2012)
Autoren: Peter Temple
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die Koordinierung der Nachbarschaftswache eingeteilt werden.«
    »Der eine oder andere hier kann sich durchaus vorstellen, vor dem richtigen Mann niederzuknien.«
    »Hab nichts gegen Katholiken«, sagte Villani.
    Im Büro hörte Villani seinen Anrufbeantworter ab, ließ Dove kommen.
    »Was macht die Gesundheit?«, fragte Villani. Eigentlich war es ihm egal, aber man musste zeigen, dass man sich kümmerte. Dove war der erste Aborigine-Polizeibeamte, der im Dienst angeschossen worden war.
    Dove drehte und reckte den rasierten Schädel, eine Hand am Hals. »Gut«, sagte er. »Chef.«
    »Kopfschmerzen?«
    »Kopfschmerzen?«

    »Haben Sie Kopfschmerzen?«
    »Manchmal. Ich hatte schon vorher Kopfschmerzen. Manchmal.«
    »Es heißt«, sagte Villani, »Kopfschmerzen seien ein häufiges Symptom für posttraumatischen Stress.«
    »Ich habe keinen posttraumatischen Stress, Chef.«
    »Flashbacks?«
    »Nein. Ich habe keine Flashbacks, ich erlebe nicht immer wieder, wie der Dreckskerl auf mich schießt. Ich erinnere mich, ich kann mich genau daran erinnern, wie ich angeschossen wurde, an alles, bis zu dem Augenblick, wo ich das Bewusstsein verlor.«
    »Gut. Und Stress? Fühlen Sie sich gestresst?«
    Dove sah kurz nach unten. »Darf ich Sie was fragen, Chef?«
    »Klar.«
    »Sind Sie schon mal angeschossen worden?«
    »Nein. Beschossen, ja. Mehrmals.«
    »Haben Sie Flashbacks?«
    »Nein. Träume. Ich hatte Träume.«
    Dove hielt Villanis Blick stand, er würde nicht wegsehen. »Darf ich Ihre Krankenakte sehen, Chef?«, sagte er. »Mit Ihnen darüber sprechen?«
    Villani dachte über Doves immer schon impertinente Art nach, die sich nicht zum Besseren gewandelt hatte, seit er angeschossen worden war. Der Mann war ein hoffnungsloser Fall. Am besten verpasste man ihm Abmahnungen, gleich heute die erste, wegen Insubordination. Dann könnte man ihn versetzen. Zu gegebener Zeit könnte ein anderer ihn entlassen.
    »Na schön«, sagte Villani. »Sie kommen mir normal vor. Wenn man die Messlatte niedrig ansetzt, aber was soll’s.«
    »Ist es wegen gestern, Chef? Weil ich Kiely gefragt habe? Einfache Fragen zum Vorgehen.«
    Villani sah eine Chance. »Für Sie immer noch Inspector
Kiely. Ich habe den Eindruck, dass Sie hier unzufrieden sind. Eine Versetzung ohne Angabe von Gründen könnte genau das Richtige sein.«
    Dove hielt seinem Blick stand. »Nein, Chef«, sagte er. »Ich bin zufrieden. Mache alles, was Sie mir auftragen.«
    »So funktioniert das normalerweise im Polizeidienst.«
    »Ja, Chef.«
    Tracy stand an der Tür. »Chef, ein Typ, will seinen Namen nicht nennen. Ein alter Kumpel, sagt er.«
    »Notieren Sie seine Nummer, ich rufe zurück.« Zu Dove sagte er: »Holen Sie Weber.«
    Sekunden später waren sie beide wieder da.
    »Schießen Sie los«, sagte Villani.
    »Nichts Gutes«, sagte Dove. »Die Videos aus Tiefgaragen und Aufzügen haben sie nicht rausgerückt. Als Begründung geben sie technische Schwierigkeiten an. Laut Werbung ist die Technik top, neuester Stand, aber nichts hat funktioniert. Könnte ein Hochhaus aus den fünfziger Jahren sein.«
    »Die neue Welt der totalen Sicherheit«, sagte Villani. »Die neue Welt des totalen Bockmists. Was ist mit den Chipkarten, den PINs?«
    »Im Grunde haben sie keine Ahnung, wer in das Apartment gelangt sein könnte. So ziemlich jeder von der Security kann eine Chipkarte machen, die PIN programmieren. Später könnte man sie wieder zurück auf die alten umstellen.«
    »Mist. Na schön, weiter im Text. Forensik.«
    Dove wies mit dem Kopf in Richtung Weber.
    »Keine Fingerabdrücke, DNA-Spuren eher unwahrscheinlich, sagen sie, das Apartment ist sauberer als ein Krankenhaus«, sagte Weber, guckte aufgeweckt.
    »Krankenhäuser sind kein Maßstab mehr«, sagte Villani. »Was sagt die Metzgerei?«
    Weber hatte einen Computerausdruck dabei. »Todeszeitpunkt am Donnerstag gegen Mitternacht. Fünfter Halswirbel
gebrochen, Kopf wurde sehr wahrscheinlich nach hinten gerissen, keine Prellungen oder Hautabschürfungen. Kurz zuvor Geschlechtsverkehr. Rissverletzungen im Vaginal- und Analtrakt. Keine Samen. Sie hat Kokain genommen. Ist zwischen sechzehn und zwanzig. Über ein Jahr alte Narbe am linken Trizeps. Frische Rippenprellungen auf der linken Seite, wahrscheinlich durch Schläge. Leicht verschobene Nasenscheidewand, wahrscheinlich innerhalb der letzten sechs Monate.«
    Stille.
    »Und, was haben Sie anzubieten?«, fragte Villani.
    Weber hüstelte, sah Dove an.
    Der sagte: »Wahrscheinlich
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