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Wände leben - Samhain - Ferner Donner

Wände leben - Samhain - Ferner Donner

Titel: Wände leben - Samhain - Ferner Donner
Autoren: Martin Clauß
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Wagen laufen zu lassen, auch wenn kurzzeitig mal 120 Stundenkilometer erlaubt waren. In seinem Kopf arbeitete es. Wenn er richtig auf die Tube drücken wollte, musste er auf die Autobahn, am besten auf die A 96. Aber bis zur österreichischen Grenze, wo die Straße begann, war es noch ein schönes Stück. Er musste seinen Zielort Friedrichshafen passieren und noch zwanzig Kilometer fahren. Durfte er sich das leisten?
    Andere Frage: Würde es überhaupt jemand herausfinden? Der Tank war voll bis zum Anschlag. Natürlich, die Kilometeranzeige! Die Jungs von der Spurensicherung hatten den Kilometerstand unter Garantie notiert. Die Enttäuschung ließ ihn vom Gas gehen, doch der Wagen schien das nicht zu mögen. Er erzitterte ein wenig. Dieses Auto wollte gefordert werden.
    Nur fünf Minuten mit 200 über die Autobahn, das würde ihm reichen. Es würde ihn schon nicht den Job kosten, wenn es aufflog. Einen kleinen Anschiss konnte er verkraften, zumal der Kommissar keiner von der strengen Sorte war.
    Es dauerte eine Ewigkeit, durch Friedrichshafen hindurchzukommen. Rick wurde immer unruhiger. Er sah ständig in den Rückspiegel, um festzustellen, ob ihn ein Polizeiwagen verfolgte. Die Sorge war unbegründet. In den Autos, die hinter ihm fuhren, saßen ausnahmslos riesige bewundernde Augen mit ein bisschen Mensch außen herum. So bestaunt zu werden, machte ihn glücklich und ärgerlich zugleich. Eine Menge Leute würden im Notfall bezeugen können, welche Route der silberne Ferrari gefahren war. Wenn er Pech hatte, würde die Sache sogar ihren Weg bis in die Regionalpresse nehmen und einen kleinen Skandal auslösen.
    Als die Ausfahrt hinter ihm lag, die er hätte nehmen sollen, um den Weg zur Polizeidirektion einzuschlagen, fühlte er sich wohler. Erleichtert, die Entscheidung gefällt zu haben. Der dichte Verkehr lockerte sich, und er konnte den Abstand zu dem hinter ihm fahrenden Wagen vergrößern. Zwanzig Kilometer waren keine Weltreise – spätestens in einer Viertelstunde würde er in Sigmarszell auf die Autobahn einscheren, ein Stück nach Nordosten brettern und wieder umkehren.
    Auf der Höhe von Eriskirch bekam er leichte Atembeschwerden und ließ die Seitenfenster herab. Es war, als atmeten noch eine ganze Menge Leute gleichzeitig mit ihm in dem engen Inneren. Ein unangenehmer, stickiger Geruch hatte sich im Wagen ausgebreitet. Kam er aus dem Kofferraum, oder stimmte etwas mit der Lüftung nicht? Rick dachte ans Umkehren. Falls irgendetwas kaputtging, sah er alt aus. Er biss die Zähne zusammen und fuhr weiter. Die Autobahn rief ihn geradezu.
    Die Armaturen kamen ihm irgendwie weich vor. Sie sahen aus, als würden sie pulsieren – sicher eine Sinnestäuschung, wechselndes Licht vielleicht. Doch weit und breit gab es keine Bäume oder Pfeiler, die den Lichteinfall unterbrechen und diese Illusion hervorrufen konnten.
    Fünf Kilometer später war er einer ganzen Menge von ungewöhnlichen Eindrücken gleichzeitig ausgesetzt. Das Gaspedal schien sich von selbst zu drücken, auch wenn er die Kraft aus dem Fuß nahm. Das Lenkrad ruckte, zog ganz leicht gegen seinen Griff an. Die Lüftung schien ihm warme, stinkende Luft entgegenzublasen, obwohl er den Regler auf Blau gestellt hatte. Und das Radio wurde immer leiser, wenngleich er die Lautstärke ständig nach oben regulierte.
    Lag der Grund für diese Eindrücke in seinem Kopf? In seiner Nervosität? Die Straße vor ihm war jetzt frei, Schilder, Brücken und Ausfahrten rasten an ihm vorbei. Der Tacho zeigte 135. Er biss sich auf die Unterlippe, nahm den Fuß vom Gas. Das Auto reagierte, aber mit großer Verzögerung, nicht mit der Präzision einer Maschine, eher launisch wie ein Tier. Scheinbar widerwillig nahm die Geschwindigkeit ab, und das Rucken im Lenkrad wurde dabei stärker, wie bei einem nicht ausreichend gezähmten Pferd, das gegen eine zu harte Zügelführung rebellierte.
    Hier stimmte irgendetwas überhaupt nicht. Rick brach der Schweiß aus, er dachte daran, die nächste Ausfahrt zu nehmen und den Wagen irgendwo abzustellen. Und dann? Die Konsequenzen machten ihm Angst. Vielleicht sollte er lieber umkehren.
    Während er darüber nachdachte, hatte er wieder eine Ausfahrt passiert. Er hatte die Geschwindigkeit bis auf 90 gedrosselt, doch der Wagen schien damit nicht zufrieden zu sein. Das Gaspedal löste sich von seinem Fuß, senkte sich immer weiter, und im Nu hatte die Tachometernadel die 120 wieder überschritten.
    In diesem Moment hörte Rick auf, sich
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