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Waechter des Labyrinths

Waechter des Labyrinths

Titel: Waechter des Labyrinths
Autoren: Will Adams
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aufwenden musste, um es anzuheben, aber es war nicht nur ein Kunstwerk von unbeschreiblicher Schönheit, sondern auch eine erstaunliche Errungenschaft des Weberhandwerks; es war kaum schwerer als der Rucksack mit Steinen, den er jedes Mal beim Laufen trug, wenn er um seine Fitness fürchtete. Schon als er es sich auf die Schulter legte, war er sich sicher, dass es ihm so gut passen würde, als wäre es für ihn maßgeschneidert. Und so war es auch. Als sich die Kette um den Hals perfekt in die Schnalle fügte, lachte er triumphierend. Dann stand er eine Weile mit stolzgeschwellter Brust da und stellte sich vor, wie er auf den Fernsehschirmen in aller Welt aussehen würde, wenn er es bei seiner Rückkehr nach Georgien trug.
    Also würde doch ein Nergadse der nächste Führer Georgiens sein. Jetzt, wo er das Vlies hatte, konnte ihn nichts mehr aufhalten. Scheiß auf die Wahlen, scheiß auf die Urnen. Sein Großvater hatte sich immer für volkstümlich und populär gehalten. Aber nun hatte der Präsident ihnen den Krieg erklärt, und Michail war derjenige, der ihm entgegentreten würde.
    Er schaute den Säulengang hinunter, durch den Knox und Gaille geflohen war. Sie durften auf keinen Fall entkommen, sonst würden sie alles verraten und seinen Triumph zunichtemachen. Als er das Vlies ablegen wollte, klemmte der Verschluss, und der Kragen war zu eng, um es über den Kopf zu ziehen. Er griff nach seinem Jagdmesser, um eines der Kettenglieder zu durchtrennen, hielt dann aber inne. Es wäre ein Sakrileg. Außerdem war er Michail Nergadse. Selbst mit tausend Vliesen auf den Schultern würde er mit Knox und der Frau fertigwerden.
    Er nahm den Vorschlaghammer und marschierte in den Säulengang.

II
    Knox war immer noch geschwächt von dem Schlag des Hammers. Außerdem fühlte er sich seltsam mutlos. Schon bei ihrem kurzen Kampf hatte sich gezeigt, dass Michail viel zu stark für ihn war, selbst wenn er im Vollbesitz seiner Kräfte wäre. Noch dazu war Michail mit einem Vorschlaghammer und einem Jagdmesser bewaffnet und hatte keinerlei Skrupel, ihnen Schmerzen zuzufügen. Gaille waren die Tränen gekommen, und sie zitterte unaufhörlich. Knox nahm sie in den Arm und drückte sie an sich. «Das war das letzte Mal, dass ich dich wegschicke, damit du in Sicherheit bist», flüsterte er ihr ins Ohr.
    Sie rang sich ein Lächeln ab. «Versprochen?»
    «Versprochen.»
    «Gott sei Dank. Aber was machen wir jetzt?»
    «Die Polizei ist unterwegs», versicherte er ihr. «Wir müssen hier nur irgendwie rauskommen.» Leichter gesagt als getan. Hinauf zum Spalt in der Decke zu klettern war unmöglich. Und die Plattform war von riesigen Felsen und scharfkantigen Steinen umgeben, die jeden Ausweg versperrten. Also blieb ihnen nur der Weg, den sie gekommen waren, zurück durch den Säulengang und die Höhle.
    Aber zuerst mussten sie Michail entkommen.
    Knox schaute an dem Stalagmiten vorbei. Als er verschwommen die Umrisse des Goldenes Vlieses auf Michails Schulter sah, der in ihre Richtung kam, zog sich sein Magen zusammen.

III
    Michail hatte den Stalagmiten erreicht und trat dann an den Rand der Schatzkammer. Die Wege dazwischen waren zu eng, um mit dem Hammer richtig ausholen zu können. Er überlegte, ob er ihn zurücklassen oder gar in die Steine werfen sollte, die die Plattform umgaben, aber da er Knox und Gaille nicht die geringste Möglichkeit geben wollte, sich zu bewaffnen, packte er ihn unterhalb des Hammerkopfes, um den Stiel zu verkürzen, und ging weiter.
    Es war dunkel, und er rechnete bei jedem Schritt mit einem Hinterhalt. Aber es passierte nichts. Er blieb stehen, um zu lauschen, hörte jedoch nur seinen eigenen Atem. Plötzlich musste er an den Moment im Gefängnis von Fort Lauderdale denken, als er diese Psychologin im Verhörraum an die Wand gedrängt, sich ihr Atem mit seinem verschmolzen und er ihr die Hand auf die Muschi gelegt hatte. Das war gerade mal drei Wochen her. Er konnte nicht sagen, wie er schließlich begriffen hatte, welches Spielchen sie mit ihm trieb, außer dass er schon immer einen sechsten Sinn für Falschheit gehabt hatte. Jedenfalls hatte sie ihn nur deshalb heißgemacht, damit sie behaupten konnte, er hätte sie vergewaltigen wollen. Er wäre für Jahre eingelocht worden. Vielleicht hatte sie sogar ein verstecktes Mikrophon getragen und gehofft, ihn zu einer Indiskretion zu verleiten. Aber die Einzelheiten waren unwichtig. Wichtig war nur, dass sie gedacht hatte, sie könnte ihn austricksen und
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