Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
VT05 - Tag der Vernichtung

VT05 - Tag der Vernichtung

Titel: VT05 - Tag der Vernichtung
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
»Unter was für Nervenbündel bin ich denn hier geraten?« Er bedauerte, am Morgen überhaupt aufgestanden zu sein, und tatsächlich würde er es bald bitter bereuen.
    »Sie hat Recht.« Lindson hatte sich über den Schädel des Toten gebeugt. »Die Augäpfel zucken.«
    Die eingeschaltete Knochenkreissäge in den Händen, beugte sich nun auch De Gruiter über den Leichnam. Tatsächlich bewegten sich unter den Lidern die Augäpfel.
    »Interessantes Phänomen«, murmelte er, und dann lauter an Ruuids Adresse: »Sorgen Sie mal für mehr Licht hier!«
    Der Pfleger richtete die Sektionslampe auf das Gesicht der Leiche. »Vielleicht scheintot.« Er grinste scheu. »Hatten wir hier noch nie, jedenfalls nicht auf dem Obduktionstisch.«
    »Scheintot?« Anne Wilkins erschrak und kramte ihr Stethoskop unter der Gummischürze hervor. »Ich höre ihn mal auf Herztöne ab.«
    »Blödsinn!«, schnaubte de Gruiter. »Da kriechen noch irgendwelche elektrischen Restimpulse durch die Neuronen.«
    Er legte die Knochenkreissäge weg und hob eines der Lider an.
    Das Weiße des feuchten Augapfels glotzte ihn an.
    »Vielleicht sollten wir einen Neurologen hinzuziehen«, schlug Lindson vor. Er wandte sich an den Pfleger. »Rufen Sie bitte auf der Neurologie an, Ruuid. Wir brauchen hier einen Spezialisten.«
    »Komisch…« Angewidert betrachtete de Gruiter den weißen Augapfel. Er wollte auch das andere Lid hochziehen, doch es öffnete sich von allein.
    Jetzt zuckte auch de Gruiter zurück. Lindson wich erschrocken zurück, und Anne Wilkins, die das Stethoskop schon neben das halb geöffnete Brustbein gesetzt hatte, erstarrte vor Entsetzen.
    Weiße Augäpfel drehten sich in toten Augenhöhlen.
    Blitzartig fuhr die nackte Leiche hoch, packte das Handgelenk der jungen Ärztin und griff de Gruiter ins Haar. Er riss den Kopf des Pathologen mit solcher Wucht nach unten, dass er gegen die Kante des Seziertisches schlug. Blutend sank de Gruiter auf die Fliesen. Der Tote aber riss die angehende Ärztin zu sich…
    ***
    Köln, 29. August 2011
    Sein Kopf stach, als er sich von der Matratze quälte. Zwei leere Flaschen stürzten um. An der Schlafzimmertür blickte er zurück – Eusebia lag nicht mehr auf der Matratze.
    Er schlurfte in die Küche und trank einen Bierkrug voller Wasser in fast einem Zug leer. In das zweite Glas warf er zwei Aspirin-Brausetabletten. Er starrte die sich sprudelnd auflösenden Tabletten im Wasser an und versuchte sich zu erinnern.
    Vergeblich. Etwa zwei Tage fehlten ihm.
    Er nahm den Glaskrug und ging ins Bad. Dort dampfte es aus der Wanne; Eusebia lag unter einer Schaumdecke im heißen Wasser. »Aspirin?« Sie schielte zu ihm hinauf. »Her damit!«
    Er reagierte nicht, sondern ging zum Spiegel und bückte sich ein wenig, um trotz seiner Größe sein Spiegelbild anstarren zu können. Sein breites Gesicht sah zerknittert aus, seine Augen waren rot, seine Haut bleich. Nach allen Seiten standen seine drahtigen Rastafarilocken ab.
    »Gib schon her, Knox!« Eusebia zog den Arm aus dem Schaum und streckte ihn nach ihm aus. »In meinem Schädel arbeitet ein Dampfhammer!« Knox leerte das Glas zur Hälfte und drückte es in ihre dampfende Hand.
    Dabei wandte er nicht eine Sekunde den Blick von seinem Spiegelbild.
    »Welchen Tag haben wir heute?«, krächzte er.
    »Neunundzwanzigster August.«
    »Welchen Wochentag, meine ich.«
    »Montag.«
    Am Freitagabend hatten sie in den Nachrichten gehört, dass man Lupo vom Beatmungsgerät abhängen wollte. Da fingen sie an zu trinken, beide.
    Als am Samstagabend die Vollzugsmeldung durch die Medien ging, saßen sie in einer Kneipe der Kölner Südstadt.
    Sekundenlang hatten sie auf den Fernsehschirm über der Theke gestarrt – bis Knox einen Tobsuchtsanfall bekam und anfing um sich zu schlagen.
    Der Wirt und ein paar Gäste setzten ihn und Eusebia vor die Tür. Dunkel erinnerte Knox sich, wie sie kurz darauf in die nächste Kneipe wankten und Schnaps und Kölsch bestellten.
    Danach musste der Film gerissen sein.
    »Wie sind wir nach Hause gekommen?«, krächzte er.
    »Mit einem Taxi.«
    »Hab ich gekotzt?«
    »Nein, aber der Taxifahrer musste mir helfen, dich ins Bett zu bringen.« Eusebia reichte ihm das fast leere Glas. »Hat mich eine Menge Trinkgeld gekostet.«
    Knox trank den Rest. Danach stieg er in die Dusche.
    Während das Wasser auf ihn nieder rauschte, weinte er. Er konnte sich lange nicht beruhigen, und entsprechend lange duschte er.
    Schon die monströse Veränderung Lupos vor
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher