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VT04 - Zwischen Leben und Sterben

VT04 - Zwischen Leben und Sterben

Titel: VT04 - Zwischen Leben und Sterben
Autoren: Jo Zybell
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Jahre wahrhaftig nicht an, fand Percival. »Ich wünsche dir einen angenehmen Tag, Thomas Frederic Percival«, sagte er zu seinem Spiegelbild, bevor er das Bad verließ.
    Vor dem Garderobenschrank entschied er sich für ein schwarzes T-Shirt und einen hellen Sommeranzug aus Leinen. Bei einer zweiten Tasse Kaffe und einer weiteren Zigarette füllte er die Taschen mit seiner Standardausrüstung: Zigaretten, Feuerzeug, Notizbuch, Stift, Diktiergerät, Handy, und das Kreuz. Das Telefon im Arbeitszimmer orgelte.
    Er schlurfte hinein, ließ sich in seinen alten Bürosessel fallen und nahm ab. »Percival?«
    »Steelwalker. Du musst mir einen Gefallen tun, Tom. Guten Morgen.«
    »Ich muss gar nichts, nur damit das klar ist. Morgen. Weil du aber nun mal mein bester Freund bist, höre ich mir halt in Gottes Namen an, was du schon wieder willst. Wie geht es dir?«
    »Gut. Wann hast du das letzte Mal jemanden bestattet?«
    »Schon ein Weilchen her, das weißt du doch.« Auf Percivals breiter Stirn türmten sich Falten des Misstrauens. »Was soll die Frage?«
    »Ich, ähm… da gibt es eine Lady, deren verstorbener Gatte war Atheist und wollte mit keiner Kirche zu tun haben. Seine Frau wünscht sich dennoch eine feierliche Bestattung seiner Urne. Sie hat mich gefragt, ob ich jemanden kenne, der so etwas macht. Nun, da dachte ich an dich.«
    Marc Steelwalker war schon Tom Percivals bester Freund gewesen, als der noch Priester war. Sogar Suzanne hatte Steelwalker noch gekannt. »Ich bin kein Mann für feierliche Stunden, das weißt du doch«, sagte Percival. »Es gibt genug Leute in London, die mit Grabreden ihr Geld verdienen.« Er fragte sich, warum die Frau ausgerechnet einen Polizisten nach einem Grabredner fragte. Hatte Steelwalker etwa eine Romanze mit ihr?
    »Dass die Lady gut bezahlen würde, ist eine Sache«, sagte Steelwalker. »Dass ich dir eine gute Story verschaffe, falls du zusagst, eine andere.«
    Die meiste Zeit seines Berufslebens hatte Steelwalker als Kommissar Mordfälle aufgeklärt. In den letzten sechs Jahren war er die Karriereleiter gleich dreimal hinaufgestolpert. Ende letzten Jahres hatte die Krone ihn zum Häuptling von Scotland Yard berufen. Ihrer Freundschaft hatte das keinen Abbruch getan. Steelwalkers Qualität als Informationsquelle auch nicht.
    »Ich hasse es, wenn man mich erpressen will.« Percival trommelte mit den Fingern auf der Armlehne seines Sessels herum.
    »Und du liebst es, wenn man dir Stoff für brandheiße Storys zuschanzt.«
    »Was ist das für ein Stoff?«
    »Du übernimmst die Bestattung?«
    »Erst wenn ich weiß, wie heiß die Story wirklich ist.«
    »Dann eben nicht.« Steelwalker gab sich gleichgültig. »Wir sehen uns am Samstag auf der Rennbahn. Mach’s gut, mein Freund.«
    »Moment noch, Marc!« Percival stand auf. »Gib mir wenigstens ein Stichwort.«
    »Es geht um einen Wirkstoff, mit dem Voodoopriester angeblich ›Zombies‹ erschaffen können, wie du das nennen würdest. Und im Zusammenhang mit dieser Droge geht es außerdem noch um zwei Tote.«
    »Tetrodotoxin? Percival war wie elektrisiert. »Das Gift des Kugelfisches?«
    »Das ist die Grundsubstanz, korrekt. Moment mal.« Percival hörte Papier rascheln. Er hatte längst angebissen. »Ichtylintrihydroäthylamid nennen sie das fertige Präparat, abgekürzt: ITH.«
    »Also gut, ich bestatte den Mann.« Percival fiel zurück in seinen Sessel. »Was ist passiert?«
    »In einem angeblichen Hospiz in Chelsea hat ein Amerikaner eine illegale Tiefschlafklinik betrieben. Mit dem gleichen Zeug, mit dem die NASA ihre Astronauten schlafen legt: ITH. Einer seiner Patienten, ein Querschnittsgelähmter, hat…« Steelwalker unterbrach und räusperte sich. »Nun ja – hat sich auf recht monströse Weise verändert. Er ist aufgewacht und hat den Mediziner getötet. Als er auch seine eigene Frau umbringen wollte, hat deren Hund ihm die Kehle durchgebissen.«
    »Herzlichen Glückwunsch.« Percival atmete tief durch. »Wann ist das passiert?« Die Kollegen vom STAR und dem MIRROR schienen zu schlafen. Kein Wort hatte er über den Fall gelesen.
    »Vor etwa zehn Wochen.«
    »Bitte?! Dann habt ihr aber verdammt gut dichtgehalten«, sagte Percival anerkennend. »Und jetzt lass mich raten – ich soll den Amerikaner bestatten.«
    »Fast richtig«, entgegnete Steelwalker trocken. »Die Asche des durchgedrehten Tiefschläfers sollst du unter die Erde bringen. Und zwar feierlich, wie gesagt. Die Staatsanwaltschaft hat die Leiche erst gestern
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