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VT04 - Zwischen Leben und Sterben

VT04 - Zwischen Leben und Sterben

Titel: VT04 - Zwischen Leben und Sterben
Autoren: Jo Zybell
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Rosch hing mit dem Kopf nach unten, wie ein Fausthieb traf sie sein Anblick. Sie hatten ihn an seinen Fußfesseln an einem Haken unter der Decke aufgehängt. Er war nackt und über und über von blutigen Striemen bedeckt. An seiner rechten Hand und beiden Füßen fehlten ein paar…
    Auf der Straße vor dem Fenster zum Vorgarten fuhr ein Lieferwagen vorbei. Er hielt vor dem Haus, eine Wagentür wurde aufgestoßen, Schritte näherten sich. Der Milchmann knallte die Milchflasche auf die Treppe, Schritte entfernten sich, eine Wagentür schlug zu, der Lieferwagen fuhr weiter. Percival merkte es nicht.
    … Finger- und Fußnägel. Vier Jäger standen um ihn herum, drei hielten Peitschen oder Ruten in den Händen, der vierte eine Zange. Der Tiefländer hörte auf zu schreien, als das Mädchen die Baracke betrat…
    Ein Radfahrer fuhr vorbei, hielt vor dem Haus, lief zur Treppe und war schon wieder unterwegs zu seinem Rad, als der Briefkastenschlitz knallte.
    Jetzt blickte Percival auf. Der Zeitungsjunge. War die Nacht also schon wieder um? Ein Blick zur Fußleiste des Monitors: 05:48 Uhr. Drei Stunden Arbeit, fünf Seiten – in manchen Nächten war die Schreiberei ein ziemlich zähes Geschäft.
    Er beendete den Satz, sicherte seine Datei und schaltete den Computer aus. Die Zigarette war herunter gebrannt. Er drückte sie aus, steckte sich eine neue an und streckte sich.
    Sein Blick ruhte ein paar Augenblicke auf dem dunkelrot gerahmten Foto neben dem Monitor. Das Portrait einer jungen Frau. In Love; Suzanne… lautete eine handschriftlich über die rechte Ecke gekritzelte Widmung. Seit einundzwanzig Jahren stand es nun schon dort. Vermutlich würde es dort stehen bleiben, bis er selbst einst den Weg allen Fleisches ging. Wenn er weiterhin so viel rauchte, würde das möglicherweise nicht mehr allzu lange dauern. Sein Arzt deutete da hin und wieder etwas an.
    Der übergewichtige Mann stieß sich ab. Sein Sessel rollte über das Parkett in die Zimmermitte. Er stand auf, schlurfte durch sein weitläufiges Arbeitszimmer und sein angrenzendes kleines Schlafzimmer und betrat die Küche. Schränke, Anrichte, Tisch und Stühle waren aus finnischer Esche, geweißt und mit Naturholzrahmen; hatte er sich von seinem ersten Buchhonorar geleistet.
    Unwillig seufzend versuchte er die Spüle zu ignorieren, auf der sich Geschirr von mindestens vier Tagen stapelte. Mit der Zigarette zwischen den Lippen füllte er Wasser aus einer Flasche in die Kaffeemaschine und löffelte Kaffeepulver in den Filter. Er war Brite, hundertprozentiger Brite, doch mit der Teetrinkerei hatte er sich nie richtig anfreunden können. Er schaltete die Maschine ein.
    Beim Hinausgehen blieb er vor dem Küchenbüffet stehen. Sehnsüchtig äugte er hinauf zu einer halbvollen Flasche schottischen Malt-Whiskys. Schließlich gab er sich einen Ruck und ging hinaus in den Flur. Sein Arzt hatte ihm dringend geraten, das Rauchen und das Trinken aufzugeben. Mit irgendetwas musste er anfangen, also hatte er seit zwei Tagen vor dem Abendessen auf Alkohol verzichtet. Darauf war er mächtig stolz.
    Durch den Flur ging er zur Haustür, holte die Milchflasche herein und zog die Zeitungen aus dem Briefkasten. Zurzeit waren es sieben Blätter, die Morgen für Morgen in seinem Briefkasten landeten. Man musste ja schließlich wissen, wie die Konkurrenz das Volk bei Laune hielt.
    Der DAILY STAR zum Beispiel, die Antizeitung schlechthin und hartnäckigster Konkurrent der SUN, für die Percival schrieb – auf dem Weg zurück in die Küche überflog er als erstes dessen Titelseite.
    Chelsea fahr zur Hölle!, lautete die Schlagzeile, und der Untertitel: Arsenal rammt die Blauen ungespitzt mit 4:0 in den Boden. Das Pin-up-Girl trug heute kein Höschen, hatte sich dafür aber einen Fußball zwischen die Schenkel geklemmt. Sie lutschte am Mittelfinger, und ihre Titten waren ungefähr so groß wie der Ball.
    Nacheinander warf er die Zeitungen auf den Küchentisch. Nur flüchtig überflog er die Schlagzeilen der anderen Blätter. DAILY MIRROR und GUARDIAN titelten noch hirnloser als der STAR, und mit ihren Mädchen hätte man ohne weiteres eine gesundheitsamtliche Warnung vor Silikonprothesen bebildern können. Sein eigenes Blatt, die SUN, nahm er mit zur Anrichte, wo die Kaffeemaschine brodelte.
    Dort goss er sich die dampfende braune Brühe in einen Becher aus schwarzem Porzellan und mit Goldrand, goss einen Schwall Milch dazu und häufte zwei Teelöffel Zucker in den Kaffee. Während er
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