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VT02 - Der gierige Schlund

VT02 - Der gierige Schlund

Titel: VT02 - Der gierige Schlund
Autoren: Michael M. Thurner
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aus ihren Ställen, trieb sie richtiggehend davon. Lediglich einen Teil von ihnen konnte mein damaliger Meister zurückholen. Aksama selbst wurde nie mehr wieder gesehen. Natürlich kochte die Gerüchteküche. Lange wurde gemutmaßt, dass er in eine andere Stadt oder gar in eine andere Provinz gezogen sei.« Zhulu räusperte sich. »Er hinterließ einen etwas wirren Brief, in dem er schrieb, sich auf die Suche nach dem Geheimnis der Maelwoorms zu machen. Und ich weiß, dass er in die Große Grube abgestiegen ist. Es mag also sein, dass er dort noch immer sein… Unwesen treibt.«
    »Warum bist du dir so sicher, dass er in die Große Grube geflohen ist? Hast du ihn etwa dabei beobachtet?«
    »Es war keine Flucht, Kinga!« Zhulu reagierte unerwartet heftig. »Er ging aus freiem Willen dorthin, weil er seine Erfüllung, seine Bestimmung suchte. Mag sein, dass er bei seinen ausgedehnten Ausflügen irgendetwas entdeckt hatte, das ihn dazu bewog, den Abstieg zu wagen…«
    »Und du glaubst, dass Aksama noch lebt?«
    Zhulu zögerte. »Es wäre vorstellbar. Immer wieder gab es seltsame Beobachtungen am Rand der Großen Grube. Immer wieder berichteten Kilmalier von einem buckligen, verwachsenen Alten, der auf allen Vieren von einem Felsen zum nächsten springt und dabei irre Drohungen ausstößt. Manche dieser Erzählungen mögen der Fantasie der Städter entsprungen sein, andere klingen durchaus glaubwürdig.« Zhulu rechnete an seinen Fingern nach. »Mehr als dreißig Jahre sind vergangen, seitdem Aksama verschwunden ist. Wenn irgendwer das Leben in diesem großen, unheimlichen Loch, das wir seit jeher meiden, über eine derart lange Zeitspanne aushalten mag, dann ist er es. Wann immer er ein bestimmtes Ziel verfolgte, tat er dies mit unglaublicher Hingabe.«
    »Kann ich mir Hilfe von ihm erwarten, wenn ich ihm tatsächlich begegne? Oder muss ich ihn als möglichen Gegner betrachten? Hat er vielleicht etwas mit den Gruh zu tun?«
    »Rede mit ihm, solltest du ihn sehen«, wich Zhulu einer direkten Antwort aus. »Bleib ruhig und vernünftig. Bedrohe ihn nicht. Sag ihm, dass du von oben kommst, und dass du mich kennst. Er wird sich an mich erinnern.«
    »Warum bist du dir so sicher?«
    »Ich weiß es einfach. Diese Antwort muss dir genügen.« Zhulu drehte ihm eine Seite zu, als Zeichen dafür, dass er die Unterhaltung als beendet betrachtete.
    Kinga erhob sich und marschierte grußlos davon. Er spürte Verwirrung – und gleichzeitig Ärger. Gerede und Verhalten des sonst so vernünftigen Quartings mahnten an das eines Verrückten.
    Wer konnte glauben, dass ein menschliches Wesen den Gutteil seines Lebens in einem schwarzen Loch verbracht hatte? Fernab von Licht und Sonne, ohne Kontakt zu Freunden und Verwandten? Bah!
    ***
    Körperform, Körperfülle und Töne, die das Geschöpf in ihrer Mitte von sich gab, weckten Erinnerungen in ihm.
    Dies war eine Frau. Eine dicke Frau.
    Und er war ein Mann.
    Manchmal mussten sie das Weib, das für ihren Herrn bestimmt war, mit sich zerren oder gar tragen. Dann gab es wiederum Momente, da redete es auf sie ein, wiederholte gewisse Tonfolgen in endloser Monotonie.
    Er konnte sich nicht daran erinnern, was die Worte bedeuten sollten. Irgendwann einmal hatte er es vielleicht gewusst; doch diese Erinnerung war, wie so Vieles, verloren gegangen.
    Und wenn sie die Frau aufbrachen! Das nahmen, was sich in ihrem Kopf befand?
    Nahrung, den Würmern im Aussehen ähnlich – aber viel, viel wohlschmeckender. Essen, das ihm helfen würde, die dumpfe Verwirrung zu vertreiben, die ihn seit langer Zeit im Griff hielt.
    »Gruh!«, sagte er. Kein anderer Laut drang über seine spröden, zerrissenen Lippen. So sehr er sich auch anstrengte – Zunge und Gaumen gehorchten seinen Befehlen nicht, formten lediglich dieses eine Wort. Immer wieder, immer wieder.
    Sie durften die Frau nicht anrühren. Die Anweisungen, die sie erhalten hatten, waren eindeutig gewesen. Derjenige, der über sie befahl, benötigte sie dringend. Als Opfer, als Versuchsperson. Als Etwas, anhand dessen er die Wesen der Oberfläche besser einzuschätzen vermochte.
    Der Rückweg. Er war lang, und er würde beschwerlich sein. Aber es bestand kein Zweifel daran, dass sie ihn bewältigen würden.
    ***
    Zehn Kilmalier warteten auf ihn. Einer blickte mürrischer drein als der andere.
    Vompa, der Sohn eines Grenzbauern. Pjoost, Sondroj und Omofuma, die drei halsstarrigen und im Geiste armen Brüder. Limpuna, das mürrische Mannsweib. Der einzige
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